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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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ein bisschen nach.«
    Er hätte auch sagen können: Wann ich Sie anrufe und wann nicht, ist ganz allein meine Entscheidung, kapiert, Sie Arsch?, dachte Verhoeven. Und auch Werner Brennicke war vom Tonfall des Entführers sichtlich überrascht.
    »Na ja, Schwamm drüber.« Goldstein rückte sein Basecap zurecht. »Erzählen Sie mir lieber, wie es meinen Geiseln geht.« »Das kommt ganz auf Sie an, würde ich sagen.«
    Goldstein lachte. »Sie überschätzen mich.«
    Der Mann, der sich Teja nannte, lachte auch. Dennoch registrierte Verhoeven dieses Mal eine unterschwellige Gehetztheit in seiner Stimme. Etwas, das darauf hindeutete, dass sich die Schlinge enger zog und die Geiselnehmer allmählich den Druck zu spüren bekamen. Den Atem der Meute in ihrem Nacken.
    »Kommen wir zur Sache«, sagte der Entführer in diesem Augenblick folgerichtig. »Steht Lieson bereit?«
    »Selbstverständlich«, log Goldstein zur Überraschung aller Anwesenden. »Aber bevor ich den Mann mit dem Geld losschicke, geben Sie mir zwei Geiseln. Als Zeichen Ihres guten Willens.«
    »Ich habe einen besseren Vorschlag.«
    »Nämlich?«
    »Als Zeichen meines guten Willens werde ich die verbliebenen sechs Geiseln am Leben lassen.«
    Sechs, wiederholte Verhoeven im Stillen. Er hat sechs gesagt! Nicht sieben ...
    Der Kerl hat geblufft, sagte Goldsteins Miene . Und er ist intelligent genug, diesen Bluff auch konsequent durchzuziehen. Nichts weiter.
    »Nun, wie finden Sie das?«
    Richard Goldstein entfernte sich ein paar Schritte vom Tisch, und Verhoeven überlegte, ob der Unterhändler auf diese Weise versuchte, sich den Blicken seiner Profilerin zu entziehen. »Sie meinen, ich gebe Ihnen, was Sie haben wollen, und bekomme dafür nicht mal den Hauch einer Gegenleistung?«
    »Sie bekommen sechs lebende Geiseln, sobald unsere Forderungen erfüllt sind.«
    »Tjaaa, hinterher ...«
    »Ganz genau, hinterher.«
    Die Stimme des Entführers füllte Walther Liesons Wohnzimmer bis zum Anschlag, obwohl er jetzt allem Anschein nach ganz ruhig war. Aber das konnte auch eine Täuschung sein. Verhoevens Blick suchte den Glatzkopf, der tief gebeugt über seinem Laptop hing. Auf dem Monitor flimmerte eine stark gezackte Kurve. Wir haben die Bänder vom ersten Anruf analysiert. Tejas Stresspotenzial war erheblich ...
    Goldsteins Nacken versteifte sich. »Wer sagt mir, dass sie nicht alle längst tot sind?«
    »Na ja, wenn Sie noch ein bisschen länger warten, wird zumindest einer von ihnen unter Garantie das Zeitliche segnen«, versetzte der Mann, der sich Teja nannte. »Und zwar gänzlich ohne unser Zutun.«
    Goldsteins Kopf ruckte herum, und er starrte Monika Zierau an.
    Mousa! , bestätigten die pechschwarzen Augen der Profilerin die Schlussfolgerung des Unterhändlers. Er redet von Mousa! Er weiß, dass der Mann krank ist. Und das kann er eigentlich nur daher wissen, dass es Mousa schlecht geht.
    Der Unterhändler nickte. Und wenn es Mousa schlecht geht, bedeutet das, er ist noch am Leben! Er wandte sich wieder ab und holte tief Luft. »Es tut mir leid, aber darauf kann ich mich nicht einlassen.«
    Verhoeven sah, wie Monika Zieraus Augen sich in Goldsteins Rücken bohrten. Was, um Gottes willen, soll das denn jetzt? Hast du den Verstand verloren?!
    »Ganz wie Sie meinen«, sagte der Mann, der sich Teja nannte. »Dann lassen Sie’s bleiben.«
    Wenn der Kerl jetzt auflegt, ist alles aus, dachte Verhoeven. Verhandlungen gescheitert. Geiseln tot. Seine Augen saugten sich an Goldsteins Schultern fest. Sag was, flehte er im Stillen. Gib nach. Lass es nicht auf diese Weise enden ...
    »Na schön«, brummte Goldstein nach einer quälend langen Zeit der Stille. »Sie sitzen in diesem Fall am längeren Hebel, fürchte ich. Aber eins kann ich Ihnen verraten ...«
    Verhoeven konnte sehen, wie Monika Zierau den Atem anhielt.
    »... Sie sind hinter dem Falschen her, mein Freund.«
    »So?«, fragte der Mann, der sich Teja nannte, hörbar bemüht, amüsiert zu klingen. »Und hinter wem, glauben Sie, bin ich her?«
    Richard Goldstein straffte die Schultern. »Malina und Walther Lieson sind nicht ein und dieselbe Person«, sagte er anstelle einer Antwort.
    Und dieses Mal konnte der Geiselnehmer seine Überraschung beim besten Willen nicht verhehlen. Obwohl er keinen Laut von sich gab, war seine Verblüffung über diese unerwartete Wendung des Gesprächs für alle Anwesenden beinahe körperlich spürbar.
    Verhoeven merkte, wie sich eine Gänsehaut über seinen Körper breitete, und er

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