Schattenriss
aus dem Gerät drang. Doch die Fahrt ging zu Ende und die Schlange kam wieder zum Stehen, ohne dass etwas passiert wäre.
»Sind Sie noch da?«, rief Verhoeven, vollkommen unsicher darüber, was er jetzt tun sollte.
»Steigen Sie aus.«
»Okay.« Mit Vergnügen! »Und dann?«
»Versuchen Sie’s am Breakdance.«
Verhoeven reckte den Hals. »Wo ist das?«
»Halten Sie sich rechts.«
Er kämpfte sich durch die Massen, und er brauchte tatsächlich nicht weit zu gehen. Das Breakdance war eine raffiniertere Variante der Musikexpress-Schlange. Jeweils vier Gondeln waren sternförmig auf einem rotierenden Kreis montiert. Zudem drehte sich auch noch die Bodenplatte, auf dem die Kreise angeordnet waren. Das Ergebnis waren beängstigend schnelle Richtungswechsel und Gegenbewegungen, von denen einem bereits beim bloßen Zuschauen schwummrig wurde.
Ein rot gefärbter Bereich markierte die innere Zone um die Gondeln. Stop , stand dort in regelmäßigen Abständen geschrieben. Danger Zone .
»Kaufen Sie einen Fahrchip.«
Verhoeven tat, wie ihm geheißen. Wie lange spielt er mich jetzt schwindlig? Mich und die anderen, von denen ich nicht einmal weiß, ob sie noch da sind.
»Nehmen Sie den Chip und gehen Sie auf die Rückseite.« »Was?«
»Tun Sie’s!«
Die Bodenplatte bestand aus robusten Metallgittern, rutschfest und trittsicher. Doch die zuckenden Gondeln gaben einem das Gefühl, als ob man auf Treibsand liefe. Zudem wurde der Rand immer schmaler. Der Fahrtwind des rasenden Treibens umfing Verhoeven mit tausend Ohrfeigen. Er ging weiter, wobei er jede Sekunde damit rechnete, dass ihn jemand aufhielt. Ihm sagte, es sei nicht erlaubt, sich während der Fahrt in diesem Bereich zu bewegen. Doch er blieb unbehelligt und erreichte die Rückwand, die von vorne nur noch sehr unvollkommen eingesehen werden konnte.
»Warten Sie.«
Verhoeven stand ganz still. Dreißig, vielleicht vierzig Sekunden lang.
Ohren anlegen, wir geben noch ein letztes Mal Gas ...
Das Kreischen der Fahrgäste wurde lauter. Schreie wie Blitze trafen Verhoeven. Sehen konnte er kaum etwas.
»Stellen Sie die Tasche ab und gehen Sie.«
Verhoevens Augen ruckten nach rechts. Er ist nicht hinter mir, dachte er, er kann gar nicht hinter mir sein. Folglich muss er von der anderen Seite kommen, um sich das Geld zu holen.
»So haben wir nicht gewettet.«
»Ich kann mich nicht erinnern, dass wir überhaupt gewettet hätten«, konterte Voigt.
»Wo sind die Geiseln?«
»Hauen Sie ab, oder Ihre Kollegin stirbt.«
»Aber ich ...«
»Los!«
Die rotierende Bodenplatte wurde langsamer, und Verhoeven fing an zu gehen. Drei Schritte, vier, fünf. Er wusste, er vertat vielleicht gerade die letzte Chance, die sie hatten, aber er hatte auch keine Ahnung, was er sonst tun sollte.
Diese Sache hier geht schief, dachte er. Sie geht schief, und die Geiseln werden sterben ...
Während links von ihm bereits die ersten Sicherheitsbügel hochgeklappt wurden, überlegte er, ob er sich umdrehen sollte. Und mit einem Mal wusste er auch, dass er sich geirrt hatte. Voigt kommt nicht von der anderen Seite, dachte er. Er war unter den Fahrgästen!
Im selben Moment kam die Bodenplatte endgültig zum Stehen, und die Masse derer, die die Fahrt mehr oder weniger gut überstanden hatten, ergoss sich über die robusten Metallgitter. Verhoeven versuchte, über seine Schulter zu blicken, aber das Gewimmel um ihn herum war undurchdringlich. Wir haben verloren, schoss es ihm durch den Sinn, und mit Schrecken stellte er fest, dass er wie ein Spieler dachte.
Als eine Hand ihn von hinten an der Schulter packte, fuhr er erschrocken zusammen.
Hinnrichs!
»Es ist noch nicht vorbei«, raunte sein Vorgesetzter, als habe er die Gedanken seines Untergebenen gelesen. »Wir haben das Versteck gefunden.«
»Was?«
»Maik Voigt wird unbehelligt dorthin zurückgelangen«, flüsterte Hinnrichs, indem er Verhoeven sanft mit sich fortzog. »Aber sobald er dort ist, schlägt das SEK zu.«
»Sie wollen stürmen?«, rief Verhoeven entsetzt.
»Voigt hatte nie vor, sich an die Abmachung zu halten. Zumindest nicht, seit sein Freund tot ist.« Zwischen Hinnrichs’ Augen stand eine tiefe Falte. »Ich fürchte, eine gewaltsame Befreiung ist unter den gegebenen Umständen die einzige Option, die uns geblieben ist.«
11
»Ist sie da drin?«, fragte Lübke, indem er seine massige Statur durch eine Lücke zwischen zwei Polizeifahrzeugen quetschte.
Verhoeven blickte zu dem düsteren
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