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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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dezenter Sonnenbankbräune eine unausrottbare nordische Blässe hindurchschimmerte. Dazu war der BKA-Beamte so korrekt gekleidet, dass man den Eindruck gewinnen konnte, er habe an einem gewöhnlichen Freitagabend nichts Besseres zu tun, als von Kopf bis Fuß durchgestylt in seinem Büro zu sitzen und auf einen spektakulären Fall wie diesen zu warten, bei dem sich vielleicht die Gelegenheit bot, in einem eilig anberaumten Fernsehinterview Telegenität zu beweisen. Die Bügelfalte in seiner Hose wirkte, als habe sie jemand mit dem Lineal gezogen. »Schweh war seit über sechsundzwanzig Jahren in dieser Filiale beschäftigt und galt allenthalben als beliebt und zuverlässig«, setzte Brennicke seinen Kurzbericht fort, und aus irgendeinem unerfindlichen Grund blieben seine Augen dabei kurz an Verhoeven hängen. »Verheiratet. Zwei erwachsene Söhne. Niemals negativ aufgefallen, keine Abmahnungen, keine Schulden. Stattdessen besitzt er ein Wohnmobil und ein komplett abgezahltes Einfamilienhaus in Erbenheim.«
    So weit also die Fakten, dachte Verhoeven. Aber spielten diese Fakten irgendeine Rolle? War Albert Schwehs Tod nichts als ein tragischer Zufall, das Ergebnis unglücklicher Umstände? Oder hatten die Männer, die sie suchten, an dem Kassierer ein Exempel statuiert? Immerhin war Schweh ganz ohne Zweifel erfahren genug gewesen, um zu wissen, wie er sich bei einem Überfall zu verhalten hatte. Oder doch nicht? Was musste passieren, um einen versierten Schalterbeamten mit mehr als einem Vierteljahrhundert Berufserfahrung dazu zu bringen, die Nerven zu verlieren? Oder einen schwer bewaffneten Bankräuber zu provozieren? Verhoeven blickte auf den spiegelnden Marmor hinunter, der so unberührt wirkte wie eine frisch aufbereitete Eisbahn, auch wenn er im Laufe des Tages unzähligen Füßen ausgesetzt gewesen sein musste. Was, um alles in der Welt, war in diesem hohen, befremdlich kahlen Raum vorgefallen?
    »Weiß man schon, wie es zu der Tötung des Kassierers gekommen ist?«, fragte Hinnrichs neben ihm, und Verhoeven registrierte mit Genugtuung, dass die Gedanken seines Vorgesetzten offenbar in eine ähnliche Richtung gegangen waren.
    »Irgendetwas scheint eskaliert zu sein«, entgegnete Brennicke achselzuckend. »Aber darüber wird uns die Auswertung der Überwachungsbänder hoffentlich bald Aufschluss geben.« Er hielt kurz inne, dann wandten sich seine kühlen grünen Augen abermals Verhoeven zu. »Und Sie sind der Partner der betreffenden Beamtin?«
    Der betreffenden Beamtin! Verhoeven fühlte, wie seine Kehle trocken wurde. »Ja«, sagte er, »Frau Heller und ich arbeiten seit rund anderthalb Jahren zusammen.«
    »Verhoeven, nicht wahr?«
    Er nickte. Der BKA-Mann ließ wirklich keine Gelegenheit aus, um unter Beweis zu stellen, dass er seine Hausaufgaben gemacht hatte.
    »Gut, gut«, Werner Brennicke blickte flüchtig an sich hinunter und pflückte mit spitzen Fingern einen Fussel von seinem Revers, »dann klären Sie uns mal auf.«
    »Aufklären?« Verwirrt sah Verhoeven seinen Vorgesetzten an. »Worüber?«
    »Wir haben eine Kriminalbeamtin unter den Geiseln eines Banküberfalls«, erwiderte Brennicke ungerührt. »So etwas kann einen unschätzbaren Vorteil bedeuten, wenn die Kollegin die entsprechenden Voraussetzungen mitbringt.«
    Ich habe mich verhört, dachte Verhoeven. Ich muss mich verhört haben. »Was genau meinen Sie mit Voraussetzungen?«, fragte er eine ganze Spur aggressiver, als er es von sich selbst gewohnt war.
    »Sie kennen Frau Heller«, antwortete Brennicke achselzuckend. »Wie verhält sie sich in Krisen? Neigt sie eher zur Vorsicht, oder haben wir von ihr irgendwelche Alleingänge zu erwarten?«
    Abermals suchte Verhoeven den Blick seines Vorgesetzten, der aussah, als würde er jeden Augenblick platzen.
    Sie oder ich?, fragten die stahlblauen Augen hinter der randlosen Brille.
    Und Verhoeven dachte: Ich. Das hier ist meine Aufgabe.
    »Frau Heller ist eine ausgezeichnete Polizistin, die ganz genau weiß, was sie in einer Situation wie dieser zu tun hat.«
    Werner Brennicke musterte ihn einige Augenblicke lang mit unbewegter Miene. Dann sagte er: »Na schön, wir werden ja sehen.«
    »Ich glaube kaum, dass ...«, setzte Verhoeven an, doch das aggressive Klappern von Jens Büttners Ledersohlen auf dem Marmor setzte seiner Gegenrede ein Ende, kaum dass er sie begonnen hatte.
    Mit einem beinahe amüsierten Ausdruck in den Augen ließ Brennicke von ihm ab und wandte sich Büttner zu, der einen Pager

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