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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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Bänder aus den Überwachungskameras haben eure Freunde vom BKA natürlich längst einkassiert, aber wenn ihr mich fragt, hat sie es weggeworfen, sobald ihr klar wurde, was abgeht.« Er fuhr sich flüchtig mit seinem behandschuhten Handrücken über die Nase, bevor er hinzufügte: »Wenn sie nicht so verdammt geistesgegenwärtig gewesen wäre, hätten wir unter Garantie noch später gecheckt, was hier läuft. Noch dazu vor dem Hintergrund dieser Sache am Kochbrunnenplatz.«
    »Ich habe kurz mit Oskar gesprochen«, bemerkte Hinnrichs, an Verhoeven gewandt, dessen Augen an einem kompakten roten Einkaufsroller klebten, der wie ein Fremdkörper auf dem blanken Marmor lag. »Leider hat er vor lauter Rauschen und Knacken fast nichts mitbekommen.«
    »Aber das Gespräch wurde aufgezeichnet?«, erkundigte sich Verhoeven hoffnungsvoll.
    »Der Schluss«, brummte Hinnrichs, indem er seine Brille abnahm und irgendetwas vom linken Glas kratzte. »Ist alles schon in der Technik, aber ich fürchte, allzu viel dürfen wir uns davon nicht versprechen.«
    »Oh, oh«, raunte Jensen. »Ich glaube, ihr bekommt Besuch.«
    Verhoeven brauchte sich gar nicht erst umzudrehen, um zu wissen, was die Bemerkung zu bedeuten hatte. »Wo steckt eigentlich Lübke?«, fragte er, während der Widerhall von Werner Brennickes Schritten in seinem Rücken unaufhaltsam näher kam.
    »Tja, das wüsste ich auch gern«, stöhnte Jensen. »Offiziell hat er seit heute Mittag um zwölf dienstfrei, aber natürlich haben wir alles getan, um ihn aufzutreiben, als die ersten Meldungen reinkamen.«
    »Und?«
    »Keine Ahnung«, entgegnete Lübkes Assistent mit einem resignierten Achselzucken. »Er geht nicht an sein Handy, und zu Hause ist er ganz offenbar auch nicht.«
    »Wer?«, fragte Werner Brennicke hinter ihnen.
    Doch keiner der drei dachte daran, die Frage des BKA-Beamten zu beantworten.
    Mit seiner eckigen Brille und dem schütteren, aschblonden Haar wirkte Werner Brennicke auf den ersten Blick wie ein typischer Bürohengst, unscheinbar und langweilig. Doch wer ihn besser kannte, wusste, dass er durchaus Wert auf seine körperliche Fitness legte. Und auch auf dem Schießplatz war er angeblich ein häufig gesehener Gast.
    »Nach allem, was wir bislang wissen, haben die Entführer das Gebäude durch den Vordereingang betreten«, sagte er, indem er zuerst Hinnrichs und dann Verhoeven die Hand entgegenstreckte. Offenbar war er finster entschlossen, sowohl den Alleingang der beiden Kriminalbeamten als auch deren abweisende Haltung zunächst unter den Tisch fallen zu lassen, wenngleich ein unterdrücktes Glimmen in seinen kühlen grünen Augen verriet, dass er beides vermutlich nicht so schnell vergessen würde. »Wie sie wieder rausgekommen sind, können wir leider noch nicht mit letzter Sicherheit sagen. Und auch was das Fluchtfahrzeug angeht, tappen wir noch weitgehend im Dunkeln. Aber natürlich muss es eine gewisse Größe gehabt haben.«
    Verhoevens Blick suchte wieder den Einkaufsroller, der soeben von einem Mitarbeiter der Spurensicherung für den Transport ins kriminaltechnische Labor verpackt wurde, und er überlegte, wie alt der Besitzer oder die Besitzerin sein mochte. Sechs Geiseln, dachte er. Vielleicht auch sieben. Und eine davon ist Winnie ...
    »Das Problem ist, dass diese Ereignisse drüben auf dem Kochbrunnenplatz erst einmal einen Großteil der öffentlichen Aufmerksamkeit absorbieren werden«, fuhr Brennicke fort, und Verhoeven fiel auf, dass seine Stimme keine Nuancen hatte. »Da wird es schwierig werden, etwaige Zeugen dazu zu bringen, sich an einen Van oder Transporter zu erinnern, der ein paar hundert Meter weiter vor einer Sparkassenfiliale gehalten oder geparkt hat, selbst wenn es uns gelingen sollte, laut genug danach zu fragen.« Wie um sich von den soeben umrissenen Schwierigkeiten zu distanzieren, reckte Brennicke den Hals und blickte zur gegenüberliegenden Wand. Dorthin, wo eine Reihe von Türen in die verschiedenen Büros der Filiale führte. »Haben Sie sich den Toten schon angesehen?«
    Hinnrichs verneinte, woraufhin sich der BKA-Mann auf dem Absatz umdrehte und voranmarschierte, geradewegs auf den ermordeten Kassierer zu, dessen Leichnam noch immer unbedeckt auf dem spiegelnden Marmor lag.
    Das Blut aus der Kopfwunde des Mannes war an den Rändern bereits geronnen und wirkte in dem künstlichen Licht wie flüssiger Teer.
    »Albert Schweh, siebenundfünfzig, einer von drei Hauptkassierern«, erklärte Brennicke, unter dessen

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