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Schattenriss

Schattenriss

Titel: Schattenriss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silvia Roth
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anderen auf seiner Wange fühlen.
    »Ich kann ein ziemliches Arschloch sein«, erklärte er, als sei ein solches Eingeständnis die selbstverständlichste Sache der Welt. »Genau genommen war ich schon während meiner Ausbildung ein verdammt arroganter Hund. Und wenn ich mir nicht ständig selbst in den Hintern treten würde, wäre ich das noch heute, darauf können Sie Ihre Pension verwetten. Andererseits ist Arroganz das Letzte, was Sie brauchen können, wenn Sie meinen Job machen. Und ich hänge an diesem Job.« Er hielt kurz inne und wandte den Blick ab. »Und weil ich an diesem Job hänge, trage ich die verdammte Mütze und hoffe, dass sie mich die nötige Demut lehrt, um das, was ich tun muss, so zu tun, dass es den größtmöglichen Erfolg verheißt.«
    Quoten, dachte Verhoeven befremdet. Alles, worum es diesem Mann geht, ist ein guter Schnitt. Siebzig Prozent der Geiseln haben überlebt. Drei von vier. Acht von zwölf. Was auch immer ...
    »Und was, denken Sie, wäre in unserem Fall der größtmögliche Erfolg?«, fragte er bewusst provokant.
    »Zeit«, antwortete Goldstein, ohne sich auch nur im Mindesten aus der Reserve locken zu lassen. »Der alles entscheidende Faktor in diesem Fall ist die Zeit.«
    »Die für oder gegen uns spielt?«, stichelte Verhoeven, als ihm ein eklatanter Widerspruch in den Aussagen des Unterhändlers bewusst wurde.
    »Beides«, entgegnete dieser nach kurzem Zögern.
    »Inwiefern?«
    »Wir brauchen Zeit, um herauszufinden, wo sich die Geiseln befinden. Andererseits verschärft jede Stunde, die vergeht, die Situation der Entführten. Und mit jeder Verschärfung der Lage steigt die Gefahr einer Eskalation.«
    »Sie denken an Jussuf Mousa?«
    »Ja«, entgegnete Goldstein gedankenverloren. Die Ehefrau des Marokkaners hatte angegeben, dass ihr Mann immer eine seiner Herztabletten bei sich trug, für den Fall, dass er später nach Hause kam oder sonstwie aufgehalten wurde. Was bedeutete, dass er zumindest für den heutigen Abend noch versorgt war. »Daran auch.«
    Und woran sonst?, war die Frage, die Verhoeven auf der Zunge lag, doch das Funkgerät knackte, bevor er dazu kam, sie zu stellen.
    »Luttmann hier«, plärrte die Stimme des jungen Kriminaltechnikers aus den Lautsprechern neben dem Gebläse. »Wir haben gerade Informationen über eine Serie von Banküberfällen im tschechischen Grenzgebiet reinbekommen, die – zumindest von der Vorgehensweise her – mit unserem Fall zusammenhängen könnte.«
    Verhoeven merkte, wie seine Hände feucht wurden. »Lass hören«, sagte Goldstein.
    »Genau wie in unserem Fall waren es immer zwei Täter, die den Job in der Bank erledigt haben, und dazu noch ein Dritter, der den Fluchtwagen steuert«, erklärte Luttmann. »Die erbeuteten Geldbeträge sind nie besonders hoch gewesen. Im Durchschnitt etwa zwanzigtausend Euro.«
    »In welchem Zeitraum fanden diese Überfälle statt?«, erkundigte sich Goldstein voller Interesse.
    »Angefangen hat es 1999«, antwortete Luttmann. »Die Abstände zwischen den einzelnen Delikten sind relativ groß, vor allem, wenn man bedenkt, wie wenig letztendlich dabei rumgekommen ist. Aber der letzte Fall liegt erst ein knappes Jahr zurück.«
    »Und sind dabei auch Personen zu Schaden gekommen?«
    »Ja, allerdings nur ein einziges Mal«, entgegnete Luttmann. »In Neudeck wurde eine Kassiererin erschossen.«
    »Warum?«, fragte Goldstein, und Verhoeven fand, dass die Frage irgendwie absurd klang. Als ob es tatsächlich so etwas wie einen plausiblen Grund dafür gäbe, erschossen zu werden.
    »Ich dachte mir schon, dass du das wissen willst«, schepperte Luttmanns Stimme aus den Lautsprechern. »Aber bislang kann ich dir leider noch nichts dazu sagen.«
    »Habt ihr die Akte angefordert?«
    »Was denkst du denn«, gab der junge Kriminaltechniker zurück.
    »Und macht gefälligst ein bisschen Druck«, sagte Goldstein. »Es ist wichtig, dass wir zumindest eine leise Vorstellung davon bekommen, mit was für Typen wir es hier eigentlich zu tun haben.«
    »In diesem Zusammenhang habe ich übrigens auch noch eine andere Information für euch«, knarrte Luttmann.
    »Nämlich?«
    »Dieser Name, den der Wortführer am Telefon verwendet hat ...« Er räusperte sich. »Der geht zurück auf den letzten König der Ostgoten.«
    Goldstein runzelte die Stirn.
    »Der historische Teja fiel im Jahr 552 nach Christus in der Schlacht am Milchberg, nachdem er sich mit seinen Leuten im Kampf gegen Narses in eine Felsenschlucht des Vesuvs

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