Schattenspiel
Lust. Unten im Haus gab es einen Raum, in dem man fernsehen konnte, das hatte er gleich als erstes herausgefunden. Er hatte eigentlich sehen wollen, ob sie vielleicht das Rennen aus Ascot übertrugen...Aber Mary sah schon ganz niedlich aus mit ihren Strumpfhaltern...ein gutes Parfum hatte sie auch, wie er jetzt bemerkte.
»Soviel Geld für Wäsche auszugeben«, brummte er, aber er war nicht wirklich ärgerlich. Langsam bekam er Lust auf Mary. Bestimmt ein Jahr war es her, seit sie zuletzt zusammen im Bett gewesen waren. Seit er überhaupt eine Frau gehabt hatte. Er grinste wieder. »Wenn die Kleine jetzt ’rüberkommt...«
»Die hab ich ins Bett gebracht, sie war todmüde. Sie schläft mindestens eine Stunde.« Mary zog ihren Slip aus. Oh Gott, wie ich es hasse, mich auszuziehen! Wie ich es hasse, wenn er mich so anschaut. Aber ich kriege ihn heute. Er kann jetzt schon nicht mehr zurück.
Viel zu hastig, um auch nur den Anflug einer romantischen Stimmung aufkommen zu lassen, zog Peter seine Hose aus, streifte das Hemd ab. Er kam auf Mary zu mit Bewegungen wie... ja, so nähert sich ein Gorilla einer Banane, die er unbedingt verspeisen will. Er roch nach Schweiß und Bier, als er sich neben Mary legte, seine Haut fühlte sich feucht an, aber sein Körper hatte immer noch etwas Kraftvolles, und seine Muskeln waren hart und gespannt. Möglicherweise, dachte Mary, gab es Frauen, die ihn anziehend fanden. Wäre er nicht so phlegmatisch, hätte er sie wahrscheinlich ständig betrogen.
Wie immer behandelte er sie grob, weniger brutal als ungeschickt und gleichgültig, aber glücklicherweise war alles schnell vorbei. Während er aufstöhnte, schloß Mary ihre Beine um seine Hüften, zwang ihn tiefer in sich hinein und dachte, wild und wütend zugleich: Mach mir ein Baby! Oh Gott, bitte mach mir ein Baby!
Sie spürte ein gewisses Gefühl der Befriedigung. Keine Ahnung hatte er, was passieren konnte. Verließ sich felsenfest darauf, daß sie die Pille nahm. Seit zehn Wochen schon tat sie es nicht mehr. Oh, ja, ich habe alles gut vorbereitet, dachte sie.
Er glitt aus ihr heraus, rollte sich zur Seite und fing an zu schnarchen. Sie wußte, er schlief immer sofort danach ein, aber das dauerte nur fünf Minuten, dann wachte er auf und hatte Durst. »Kannst du mir ein Bier holen?« brummte er dann. Jedesmal war sie in die Küche gegangen, hatte ein Bier aus dem Kühlschrank genommen, ein sauberes Glas, hatte sich gedemütigt gefühlt. Manchmal überlegte sie, was geschehen wäre, wenn sie sich gegen ihren Vater aufgelehnt hätte. Ich hätte nach Kalifornien gehen sollen, barfuß, die Gitarre im Arm durch die Berge ziehen... Oft mußte sie lachen bei dieser Vorstellung. Es paßte so wenig zu ihr.
Peter schlug die Augen auf. »Himmel, hab’ ich einen Durst. Könntest du mir ein Bier holen?«
Mary stand auf und zog ihren Bademantel an. Vielleicht hatte es ja schon geklappt. Vielleicht bekam sie wirklich ein Baby...
Durch das weißgekalkte Treppenhaus tappte sie hinunter in die Küche. Die Wirtin stand am Tisch und rollte einen Kuchenteig aus. Sie war eine mütterliche Frau mit rosigen Wangen, freundlichen blauen Augen und einer großen, weißen Schürze, die um ihre runden Hüften spannte.
»Fühlen Sie sich wohl bei uns?« fragte sie lächelnd.
Mary errötete und erwiderte: »Ja, ich... ich habe gerade geduscht... « Sie hatte das Bedürfnis, der anderen zu erklären, warum sie im Bademantel herumlief; auf keinen Fall sollte sie die Wahrheit erraten.
»Ja, das ist etwas Wunderbares an einem so heißen Tag«, sagte
die Frau. Sie begann, den Teig mit Apfelscheiben zu belegen. Aus dem Garten erklang Kindergeschrei. Mary dachte: Was für ein schönes, ruhiges, heimeliges Leben sie hat. Kinder, ein gemütliches Haus, einen Garten. Wahrscheinlich pflanzt sie dort Schnittlauch und Bohnen, und sonntags gehen sie alle zusammen in die Kirche...
»Könnte ich eine Flasche Bier haben?« fragte sie. »Und ein Glas?«
»Natürlich. Steht im Kühlschrank. Schreiben Sie es auf, wir rechnen dann später ab.«
Mary zog mit dem Bier wieder davon. Peter war schon aufgestanden und schlüpfte in seine Kleider. »Gut«, sagte er und nahm Mary die Flasche aus der Hand, »das ist es genau, was ich jetzt brauche!« In großen Schlucken trank er die halbe Flasche leer, stellte sie dann auf den Tisch. »Ich geh ’runter, fernsehen. Vielleicht zeigen die was von dem Rennen in Ascot.«
Mary griff nach seiner Hand. »War es schön für dich?«
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