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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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überhaupt keine Rolle, ob er zufällig auf dem Markt gewesen war oder dort nach mir gesucht hatte. Wichtig war nur, dass er jetzt den Schlüssel hatte.
    Bleichling war noch durchtriebener, als ich bisher angenommen hatte. Er hatte die offene Auseinandersetzung gemieden und auf eine günstige Gelegenheit gewartet, um den Schlüssel für seinen Herrn zu besorgen. Und seine Rechnung war aufgegangen!
    Die Anhänger des Unaussprechlichen hatten die Drecksarbeit für Bleichling erledigt, die Diener des Herrn brauchten die Diebe nur noch in einer dunklen Gasse abzupassen, zu überwältigen und den Schlüssel an sich zu nehmen. Das, was den Adepten des Herrn vor eintausendfünfhundert Jahren im Zwergengebirge nicht geglückt war, hatte heute Nacht ein gedungener Mörder geschafft. Nun hielt der Herr endlich den heißbegehrten Schlüssel in seinen Klauen.
    »Fahr fort, Met«, bat Egrassa.
    »Was gibt’s noch groß zu erzählen?«, erwiderte Met. »Ich bin nicht Kater, möge seine Seele im Licht weilen! Als Fährtenleser tauge ich genauso viel wie Hallas als Goldschmied. Immerhin konnte ich diesen Kerl verfolgen. Er ist in einem Palast im südlichen Teil der Stadt verschwunden.«
    »Was ist das für ein Anwesen? Wo liegt es?«
    »Weiß das Dunkel! Ich bin zum ersten Mal in Ranneng und habe mit Müh und Not hierher zurückgefunden! Und da fragt ihr mich nach der Lage! Nie im Leben werde ich mir die Namen all dieser Gässchen merken!«
    »Aber den Palast würdest du wiedererkennen?«, fragte Mylord Alistan.
    »Ganz dumm bin ich nicht!«, grunzte Met. »Außerdem ist das Tor mit Vögeln verziert.«
    »Wunderbar! Dann wollen wir diesen Vögelchen mal die Flügel stutzen!« Hallas stopfte sich ein Stück Brot in den Mund, kaute genüsslich und griff nach seiner Streithacke.
    »Wohin so eilig?«, fragte Ohm.
    »Was wohin ?«, entgegnete Hallas erstaunt. »Wir müssen uns ja wohl den Schlüssel zurückholen.«
    »Mit noch nicht mal einem Dutzend Leuten? Ohne zu wissen, mit wem wir es zu tun haben?«, höhnte Deler. »Ohne die Zahl der Wachen zu kennen? Ohne zu wissen, wo im Haus sie den Schlüssel versteckt haben und ob er überhaupt noch dort ist? Ich bitte dich, Hallas! Die Zahnschmerzen müssen dir den Verstand getrübt haben!«
    »Setz dich, Hallas«, sagte Alistan leise, worauf sich der Gnom, der schon einen Streit mit Deler vom Zaun brechen wollte, wieder auf seinen Stuhl fallen ließ. »Erst müssen wir in Erfahrung bringen, wer unser Gegner ist, dann werden wir in die Schlacht ziehen.«
    »Wer unser Gegner ist? Darauf kann ich vermutlich antworten, Mylord Alistan«, sagte ich kurz entschlossen – und biss mir sofort auf die Zunge. Aber da war es schon zu spät.
    »Bist du jetzt unter die Propheten gegangen, Dieb?«, fragte mich Graf Markhouse.
    Mylord Ratte, Graf Alistan Markhouse, die Stütze des Throns und so weiter und so fort spricht mich, den gehorsamen Untertan, meist als Dieb an. Meinen Namen bringt er nur in seltenen Ausnahmen, gewissermaßen versehentlich, über die Lippen.
    Was sollte ich da tun? Mylord Alistan mochte solche wie mich nicht. Ganz und gar nicht. Hätte er freie Hand, würde er vermutlich alle Diebe Awendums an den Bäumen im königlichen Park aufhängen und dreimal täglich die Zahl der Gehängten überprüfen, damit ihm ja nicht einer abhandenkam. Wären der Graf und ich uns unter anderen Umständen begegnet, ich würde schon längst in den Grauen Steinen schmoren (sofern ich das Glück hätte, dass der Henker gerade alle Hände voll zu tun hatte).
    Dies dürfte wohl zur Genüge die Vorbehalte erklären, die der Hauptmann der Königsgarde gegen meine bescheidene Person hegte, aber auch seine Wut, als ihm der König befahl, Garrett den Schatten nicht ins Gefängnis zu werfen, sondern mich um jeden Preis zu beschützen, mir jedes Staubkorn von der Jacke zu blasen und jedes einzelne Härchen auf meinem Kopf zu hüten.
    Markhouse erfüllte den Befehl. Der König hätte ihm auch befehlen können, ein vergiftetes Stilett zu schlucken. Er hätte nicht widersprochen. Nachdem unser verehrter Graf beschlossen hatte, vorübergehend zu vergessen, dass ich ein Verbrecher war, ging er die Sache mit soldatischer Gründlichkeit an und unternahm alles, mich unversehrt und in einem Stück nach Hrad Spine zu bringen.
    Aber Befehl ist Befehl, und Vorbehalte sind Vorbehalte. Markhouse würde mich notfalls gegen einen feindlichen Pfeil abschirmen, aber einen freundlichen Umgang mit einem Dieb – das gehörte nicht zu

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