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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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Wochen nicht gefüttert! Von euch wird kein noch so winziges Knöchelchen übrig bleiben! Ich lasse die Tür offen, damit ihr euch an ihrem Anblick erfreuen könnt. Nachdem Risus mit euch gesprochen hat, betätige ich einen Hebel im Gang, das Gitter wandert hoch, und dann wird sich jemand satt fressen. He, he!«
    Lilanase lachte noch einmal gemein und verließ die Zelle.
    »Was ist da, Aal?«, fragte ich nervös. »Kannst du was erkennen?«
    »Pst!«, zischte er mir zu, ohne den Blick von dem Gitter und dem Dunkel der Nachbarzelle zu wenden. »Das gefällt mir nicht.«
    »Wie auch, so wie es da stinkt!«, pflichtete ich ihm bei.
    Der Gestank hinter dem Gitter ließ mich in Panik geraten. Er schien zwar gar nicht allzu scharf, reichte jedoch aus, damit ich mich verkrampfte. So riecht faules Fleisch. So riecht Aas. So riechen Leichen.
    »Dieser Hundesohn hält da einen lebenden Leichnam!«, schrie ich.
    »Sieht ganz so aus.«
    Hinter dem Gitter war alles ruhig und dunkel. Da rührte sich nichts …
    Ich erschauderte. Von einem lebenden Leichnam gefressen zu werden, der mithilfe der chaotischen Magie der Oger wiedererweckt worden war – was für ein schrecklicher Tod!
    Aal fing an sich zu bewegen und kippte dabei seine Wasserschüssel um.
    »Was tust du da?«, fragte ich.
    »Ich habe versucht aufzustehen, was ich dir auch raten würde. Wir müssen hier raus.«
    Aufstehen – das war aber leichter gesagt als getan. Zum Glück hatten die uns nur die Hände gefesselt. Nach ein paar Minuten kamen Aal und ich tatsächlich hoch. Doch wie sollten wir unsere gefesselten Hände von hinten nach vorn bringen? Nachdem wir uns eine halbe Stunde abgemüht hatten (dabei behielten wir die ganze Zeit das Gitter im Auge), saßen wir wieder im Stroh, ohne etwas erreicht zu haben. Unsere Hände waren noch immer auf dem Rücken gefesselt – und das würden sie auch bleiben. Einmal mehr hatten die Schnüre aus Art ihre legendäre Festigkeit unter Beweis gestellt.
    »Wenn meine Verwandten wüssten, wie tief ich gefallen bin!«, lachte Aal plötzlich los. »Erst bin ich zu den Wilden Herzen gegangen, jetzt sitze ich hinter Gittern und soll das Frühstück für einen halb vergammelten Toten abgeben! Wenn mein Vater das erführe, würde ihn zum zweiten Mal der Schlag treffen!«
    »Das verstehe ich nicht ganz«, sagte ich.
    »Ich bin vor zehn Jahren ein Wildes Herz geworden, Garrett.« Aal sah mich an und lachte bitter. »Die Wilden Herzen sind meine neue Familie, der Einsame Riese ist mein neues Zuhause. Ich habe alle Bindungen zu meinem früheren Leben gekappt, ich bin zu jemandem geworden, den ich bis dahin aus tiefstem Herzen verachtet hatte. Bei uns in Garrak liebt man die Wilden Herzen nämlich nicht. Ich brauch dir ja kaum zu sagen, warum.«
    Das brauchte er wirklich nicht. In grauer Vorzeit hatten die Wilden Herzen den Garraker König Wastar vernichtend geschlagen, obwohl dieser ein Bündnis mit einem Drachen geschlossen hatte.
    »Siebenundzwanzig Jahre lang habe ich in meinem früheren Leben einen anderen Namen getragen. Da hat Schandmaul nicht gelogen. Alle Wilden Herzen hatten früher andere Namen. Doch ich habe meinen Familiennamen abgelegt, den meine Vorfahren mit Stolz trugen, und den Namen Aal angenommen. Was kann es für einen Adligen Schrecklicheres geben? Hörst du mir zu, Garrett?«
    »Ja.«
    Ich hörte ihm nicht nur zu – ich atmete nicht einmal, nur damit Aal weiterredete. Marmotte hatte mir erzählt, dass bis heute keines der Wilden Herzen wusste, wer Aal war und was er getan hatte, bevor er zum Einsamen Riesen kam, auch wenn alle spürten, dass der Garraker nicht von einfachem Stand war. Er hielt sich immer abseits von den anderen, war stets ruhig und kalt, redete nicht viel und wusste hervorragend mit dem »Bruder« und der »Schwester«, dem Klingenpaar des Garraker Adels, umzugehen. Aal stellte für viele ein Rätsel dar, auch für mich. Fels, Eis und Kälte, der Undurchdringliche oder Schweiger, das waren einige der Namen, die Kli-Kli bereits für ihn gefunden hatte.
    Dass mir Aal jetzt sein Herz ausschüttete, kam einigermaßen überraschend, denn er neigte nicht zu Vertraulichkeiten. Einige der Wilden Herzen glaubten sogar, Aal würde das Geheimnis seiner Herkunft mit ins Grab nehmen.
    »Mein Vater war der Zahn des Drachen, Garrett«, fuhr Aal fort. »Du weißt, was das heißt?«
    Ich vermochte lediglich benommen zu nicken. Der Zahn des Drachen – das ist der höchste Rang in der Armee Garraks! Seit Jahrhunderten

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