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Schattenstürmer

Schattenstürmer

Titel: Schattenstürmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexey Pehov
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die Matrosen aus dem Hafenviertel? Wir sind auf eine Sandbank aufgelaufen. Und zwar kräftig.
    Der Hahn krähte noch einmal. Und dann kamen sie irgendwann.
    Der Riegel an der Tür mit den Metallbeschlägen quietschte, und zwei Männer betraten die Zelle. Der erste war stämmig, breitschultrig und vielleicht fünfzig Jahre alt, hatte eine violette Nase, eisblaue Augen und eine Glatze. Er trug speckige Kleidung. Sein gemeines Grinsen reichte über beide Backen. Der zweite Besucher war … Schandmaul. Wie er leibte und lebte.
    In der ersten Sekunde wollte ich einfach nicht glauben, Schandmaul vor mir zu haben – und dass es nicht irgendein Gespenst oder Trugbild sein sollte, das aus dem Grab auferstanden war.
    In Aals Gesicht rührte sich kein Muskel, als er sah, wer uns da besuchte. Nur seine Augen funkelten gefährlich auf. »Ich reiß dir das Herz raus, Schandmaul.«
    »In dem Fall werde ich darauf achten, dir nicht in die Hände zu fallen«, antwortete dieser ernst. »Ich möchte mich für die Unannehmlichkeiten entschuldigen, die ihr hinnehmen musstet.«
    Daraufhin erwiderte Aal nur, Schandmaul möge sich diese Unannehmlichkeiten sonst wo hinstecken.
    »Was geschehen ist, tut mir leid«, sagte Schandmaul, »aber seinem Schicksal entkommt man nun einmal nicht. Ihr habt eure Seite gewählt, ich die meine.«
    »Und? Ist es lange her, dass du sie gewählt hast?«, fragte ich finster, nachdem mir endlich aufgefallen war, was Aal sofort bemerkt hatte: Schandmaul trug am kleinen Finger einen Ring in Gestalt eines Efeublattes.
    Das beantwortete etliche Fragen. Warum die Anhänger des Unaussprechlichen gewusst hatten, wo wir Quartier nahmen und wo sich der Schlüssel befand! Außerdem hätten sie uns ohne Schandmauls Hilfe nie und nimmer vor dem Anwesen der Nachtigallen aufgespürt.
    Wie uns diese Missgeburt hereingelegt hatte! Ohne dass irgendwer auch nur Verdacht geschöpft hatte! Doch wer beargwöhnt schon seinen Gefährten, mit dem er so viel durchgemacht hat? Wer verdächtigt ein Wildes Herz, dem Unaussprechlichen zu dienen? Das wäre doch, als behaupte man, die Sonne sei grün und ein Oger ein bezauberndes Geschöpf!
    Schandmaul hatte alles genauestens geplant. Uns hatte er gesagt, er besuche einen Verwandten, obwohl er zur gleichen Zeit seinen Spießgesellen alles hinterbracht hatte. Der Rest war dann ein Kinderspiel. Die Jungs des Unaussprechlichen stürmten die Schenke und erschossen Pito und seine Gehilfen. Als sich Markhouse und die Wilden Herzen in die Küche zurückzogen, täuschte Schandmaul seinen Tod vor und verschwand mit den Schuften und unserem Schlüssel. Wer? Wer hätte je ein Wildes Herz mit dem Unaussprechlichen in Verbindung gebracht? Und wenn die Diener des Herrn den Schakalen des Unaussprechlichen nicht den Schlüssel abgeluchst hätten, hätten wir nie wieder etwas von Schandmaul gehört.
    »Ja, Garrett, ich habe meine Seite schon vor sehr langer Zeit gewählt«, antwortete der Verräter grinsend. »Du ahnst ja nicht einmal, seit wie vielen Generationen meine Familie dem Unaussprechlichen bereits hilft, nach Vagliostrien zurückzukehren.«
    »Aber du bist ein Wildes Herz!«
    »Garrett, ich hab dich wirklich gern, aber komm mir nicht mit den Wilden Herzen! Ich habe ihnen vierzehn Jahre meines Lebens geopfert, aber nur weil der Unaussprechliche es mir befohlen hat.«
    »Gibt es viele wie dich unter uns?« In Aals Stimme war nichts als eine allumfassende Gelassenheit zu hören.
    »Gut, ich will dir antworten, mein Freund«, sagte der Verräter. »Du darfst es ruhig wissen. Und weißt du auch, warum?«
    »Weil ihr diese Zelle nie wieder verlassen werdet«, mischte sich nun der andere Kerl ein und stieß ein widerliches Lachen aus. Ich kannte diese Stimme doch! Dieser Verbrecher hatte mich abmurksen wollen, nachdem wir gegen die Hauswand gerast waren.
    »Schnauze!«, fuhr ihn Schandmaul an. »Wir waren sechs. Sechs Ohren und Augen des Unaussprechlichen in den Reihen der Wilden Herzen, Aal. Wundert dich das? Du würdest dich noch mehr wundern, wenn du ihre Namen erführest. Einen werde ich dir nennen. Aus alter Freundschaft. Erinnerst du dich noch an Stumpf, den Adjutanten von Hauptmann Kauz? Er war der Anführer unserer Gruppe. Ich bedaure sehr, dass dieser Getreue in den Öden Landen geblieben ist.«
    »Und ich bedaure, dass du ihm nicht Gesellschaft leistest«, erwiderte Aal tonlos.
    Diesmal konnte der Garraker seine Gefühle nicht verbergen. Mich wunderte das nicht – nachdem er von Verrätern in

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