Schattenstürmer
vereinbart, dass uns der Narr vorstellen sollte. Keine Ahnung, was sich Miralissa davon versprach, diese hochehrenvolle Aufgabe Kli-Kli zu überlassen, aber nun durfte ich mich davon überzeugen, dass der Kobold sein Handwerk verstand.
Miralissa und Egrassa hatten sich ebenfalls andere Namen zugelegt, was im Grunde ein unerhörtes Ereignis war. (Ihre stolzen Bräuche erlaubten es den Elfen nicht, sich unter irgendeinem Umstand mit einem anderen Namen vorzustellen, mochte sie die Nennung ihres wahren Namens auch geradewegs ins Dunkel befördern.) Doch Pargaide hätte, auch wenn er uns nie begegnet war, über seine Spitzel aus Awendum etwas von gewissen Elfen mit den Namen Egrassa und Miralissa gehört haben können. Größte Vorsicht dürfte also nichts schaden. Immerhin hatten die Elfen die Bezeichnung ihres Hauses nicht geändert, denn das Haus war ihnen sakrosankt.
»Dürfte ich die Einladungen sehen, Euer Gnaden?«
Der Narr hielt dem Mann einen Umschlag aus blauem Papier unter die Nase, auf dem eindeutig das Siegel der Nachtigallen zu erkennen war.
»Hast du das gesehen?«, blaffte Kli-Kli. »Noch Fragen? Oder möchtest du, dass sich Seine Durchlaucht erzürnt?«
»Ich bitte um Verzeihung«, murmelte der Mann erschrocken und zog sich zurück, wobei er sich mit der Scheide des eigenen Schwerts in die Quere kam. »Fahrt durch!«
Arnch schnalzte auf dem Kutschbock, die Kutsche zuckelte los, war jedoch noch kein Yard weit gefahren, als sie wieder hielt.
Noch ein Wachtposten näherte sich uns. Im Unterschied zum ersten trug er jedoch keine Uniform, sondern ein Seidenhemd und einen Pelz. Ein Wachtposten in Seide – das war mal was anderes. Um seinen kahlen Schädel konnten ihn sämtliche Grenzreicher beneiden, die Nase sah wie der Schnabel eines Bergadlers aus, die Brauen waren buschig, die Ohren standen ab. Man hätte über sein Äußeres lachen können, wären da nicht die Augen gewesen. Obwohl uns diese Augen – dieser feste blaue Stahl – nur eine Sekunde ansahen, zweifelte ich nicht im Geringsten daran, dass sich der Mann unsere Gesichter für den Rest seines Lebens eingeprägt hatte.
»Ich bitte um Verzeihung, Euer Gnaden, aber dürfte ich die Einladung sehen?«, fragte er höflich, nachdem er sich vor uns verbeugt hatte.
»Was unterstehst du dich, Wachmann?!«, fuhr ihn Aal mit kalter Stimme an. »Du hast einen Herzog vor dir!«
»Ich bitte noch einmal ergebenst um Nachsicht, Mylords, doch dies ist ein Befehl Balistan Pargaides. Eine solche Kontrolle dient einzig und allein der allgemeinen Sicherheit.«
»Gib ihm das Papier, Narr!«, befahl Aal. »Sei aber gewiss, Wachmann, dass ich dem Grafen von deinem Verhalten berichten und dich persönlich mit der Knute auspeitschen werde!«
»Wenn es Euer Durchlaucht beliebt.« Im Gesicht des Mannes zuckte nicht ein Muskel. Stattdessen machte er sich daran, das Schreiben zu studieren. »Das Siegel ist echt«, stellte er fest. »Ich bitte für die entstandenen Unannehmlichkeiten noch einmal untertänigst um Vergebung.«
»Das ist für dich! Für deine Mühe«, sagte Aal und schnippte dem Mann einen Kupferling zu. Der fing die Münze reflexhaft auf. In den Augen des Soldaten loderte Zorn hoch, der jedoch sofort wieder erlosch.
»Ich danke Euch, Euer Gnaden«, sagte er mit einer Verbeugung. »Ich werde diese Gabe nicht vergessen.«
Die Kutsche setzte sich abermals in Bewegung und ließ das Tor hinter sich. Durch einen kleinen Park fuhren wir auf das Haus des Grafen zu.
»Du hättest ihn nicht demütigen sollen, Aal«, sagte Miralissa.
»Der Adel in Garrak pflegt mit dem gemeinen Volk keinen höflichen Umgang«, erwiderte Aal unerschüttert. »Ich tue nur, was meine Rolle von mir verlangt.«
»Du bist hier aber nicht in Garrak, und dieser Mann ist gefährlich.«
»Ich weiß.«
»Dieser Mann heißt Maylow Trug«, sagte der Narr leise.
»Du kennst ihn?«
»Ja. Ich habe ihn vor fünf Jahren bei einem Turnier gesehen, das zu Ehren von Frühlingsjasmin veranstaltet wurde, dem jüngeren Sohn Stalkons. Aus dem Kampf der Fußsoldaten ist er als Sieger hervorgegangen. Er ist ein Meister des Langschwerts.«
»Er hätte dich erkennen können«, brummte ich.
»Das glaube ich nicht. Ich saß auf der Tribüne, da wird er mich kaum bemerkt haben.«
Als die Kutsche vor dem hell erleuchteten Haus hielt, öffneten Bedienstete mit dem goldenen Emblem der Nachtigallen den Schlag und machten eine tiefe, höfliche Verbeugung.
Als Erster sprang Kli-Kli heraus. Ohne Zeit
Weitere Kostenlose Bücher