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Schattentraeumer - Roman

Schattentraeumer - Roman

Titel: Schattentraeumer - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Busfield
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auf
     ihn zuzurasen, bis er nichts mehr um sich herum wahrnahm. Sein Körper wankte unter der Last der Worte, die seine Mutter soeben
     ausgesprochen hatte. Jeder einzelne Funken Hoffnung, den er je in sich getragen hatte, erlosch und wurde durch eine Leere
     ersetzt, die ihn wie ein Gewicht in die Tiefe riss und zu ertränken versuchte. Schließlich brach die Woge der Erkenntnisüber ihm zusammen. Mit einem verzweifelten Schrei trat er gegen ein Tischchen, dass es krachend umstürzte. Einmal entfesselt,
     schnappte er sich blindwütig den nächstbesten Stuhl, riss ihn über den Kopf und zerschmetterte ihn auf dem Boden. Seine Hände
     griffen nach allem, was sie finden konnten, schleuderten Teller und Gläser gegen die Wand, bis Christakis ihn von hinten packte
     und ihm die Arme an den Körper presste. In blinder Raserei trat Loukis um sich und schrie aus Leibeskräften, doch es war zwecklos.
     Christakis war zu stark und ließ ihn nicht frei. Sie rangen miteinander, rutschten auf dem Boden aus, der von all den heruntergeworfenen
     Speisen und Getränken ganz schmierig war. Je mehr Loukis sich wehrte, desto fester packte sein Bruder zu – bis seine Wut allmählich
     abzuklingen begann. Erschöpft und verschwommen nahm Loukis wieder den Raum wahr, in dem er sich befand, und blickte in das
     verängstigte Gesicht seiner Mutter. Sie lag auf dem Boden, aus einem Schnitt an ihrer linken Wange floss Blut.
    »O Gott, nein …«, stammelte er, als ihm klar wurde, was er getan hatte.
    Loukis versagten die Beine, er wollte sich nach seiner Mutter ausstrecken. Doch Christakis hielt seinen Bruder noch immer
     umklammert.
    »Lasst uns allein«, befahl Dhespina leise.
    Sie stand auf. Vorsichtig löste Christakis seinen Griff und ließ Loukis in ihre Arme sinken. In betretenem Schweigen verließen
     die Anwesenden einer nach dem anderen den Raum, und kaum hatte sich die Tür hinter dem Letzten geschlossen, brach Loukis zusammen.
     Und weinte.
    Sanft legte Dhespina den Kopf ihres Sohnes in ihren Schoß und fing jede einzelne seiner Tränen auf.

10
    Elena fürchtete, dass Praxi kurz davor stand, einen hysterischen Anfall zu erleiden. Ihre Tochter war von jeher überempfindlich
     gewesen und damit ohne jeden Zweifel das Kind ihres Vaters, Gott habe ihn selig. Auch er war nie zur Ruhe gekommen und, Hand
     aufs Herz, es hatte sie aufgerieben bis zum allerletzten Moment, als er in ihrem Ehebett einem Herzanfall erlegen war. Und,
     ganz der Vater, hatte sich auch Praxi zu einem Nervenbündel entwickelt, das manchmal kaum zu bändigen gewesen war. Inzwischen
     war sie selbst Mutter, und dennoch veranstaltete sie die gleichen Dramen wie damals in ihrer Kindheit. Elena reichte ihrer
     Tochter einen Brandy, den sie ihr zur Beruhigung eingeschenkt hatte. Das Mädchen zitterte so heftig, dass es Elena angst und
     bange wurde, aber irgendjemand musste ihr ja sagen, dass der Junge zurück war. Da war es am besten, sie erfuhr es von ihr.
    Praxi stürzte den Brandy so schnell hinunter, dass Elena ganz schwindelig wurde. »Ich muss ihn sehen«, flüsterte sie.
    »Das wirst du nicht tun.«
    »Aber ich muss.«
    »Und was willst du ihm sagen, wenn du ihn siehst?«, fragte Elena streng.
    »O Mamma!«, rief Praxi und warf sich aufs Bett.
    »Sei nicht so kindisch, Praxi. Steh auf.«
    »Wozu?«, schluchzte sie. »Ich bin neunzehn Jahre alt und dazu verdammt, eine Witwe zu sein. Es gibt nichts, wofür es sich
     zu leben lohnt.«
    »Du hast eine Tochter«, entrüstete sich Elena.
    »Ja,
unsere
Tochter!«
    »Schluss damit! Ich will nichts mehr davon hören, verstanden? Du warst alt genug, um dir die Suppe einzubrocken, und jetzt
     bist du alt genug, um sie auszulöffeln. Du hast ein schönes Zuhause und einen guten Mann, der dich respektiert und Elpida
     liebt. Und du wirst es ihm danken, indem du ihm eine ergebene Ehefrau bist.«
    »Eine ergebene Ehefrau.« Praxi lachte bitter auf. Sie konnte sich nicht erinnern, wann sie sich in ihrer Beziehung mit Yiannis
     das letzte Mal als Frau gefühlt hatte – außer, wenn sie ihm die Wäsche wusch. »Oh, keine Angst. Ich bin mir meiner Schuld
     vollauf bewusst. Du brauchst mich nicht daran zu erinnern.«
    Sie wandte sich ab, und Elena, die nicht bereit war, sich das Theater ihrer Tochter länger mitanzusehen, nahm ihre Enkelin
     und verließ das Zimmer.
    »Komm, Kind, wir besuchen jetzt deinen Vater.«
    Krachend fiel die Tür hinter ihnen ins Schloss. Erleichtert, endlich allein zu sein, rollte sich Praxi auf

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