Schattenwandler 05. Noah
Kindheit erlitten hatte, eine Empfängnis nicht zuließen. Sie fürchtete sich davor, unfruchtbar zu sein.
Damien steckte sein schweres Leinenhemd in den Hosenbund, während er seiner schlafenden Frau einen langen Blick zuwarf. Sie konnte sogar recht haben, dachte er, und er müsste sich damit abfinden, wenn es stimmte. Doch im Gegensatz zu ihr hatte er nicht das Bedürfnis, die Wahrheit in diesem Punkt herauszufinden. Er liebte sie. Er wollte Kinder; wenn es nach ihm ging, sofort, aber später wäre auch in Ordnung. Er machte sich keine Sorgen und verstand nicht, weshalb sie sich wegen eines einzigen fehlgeschlagenen Fruchtbarkeitszyklus selbst so unter Druck setzte. Es war ihm nicht entgangen, egal, was sie ihm vorspielte. Er war mit der Lykanthropenwelt vertraut genug, dass er zumindest so viel wusste.
Jetzt hatte er sie allerdings, wie er hoffte, für ein paar Stunden erschöpft. Es war mehr als genug Zeit, um einen Rundgang entlang der Grundstücksgrenzen zu machen und sich dann kurz auf dem Samhainfest unten blicken zu lassen, das, wie sein empfindliches Gehör ihm verriet, bereits in vollem Gange war. Sie wäre bestimmt ziemlich sauer auf ihn, wenn sie aufwachte und er nicht da war. Doch sobald sie nach ihm suchen würde, würde er sich um all ihre Bedürfnisse kümmern, mit so viel Liebe und Zuwendung, dass er ihr leicht erregbares Naturell besänftigte.
Und er musste jagen. Das bedeutete, das Vampirterritorium zu verlassen und die Umgebung von Menschen aufzusuchen. Damien versuchte die Uhrzeit abzuschätzen, als er in die Schuhe schlüpfte und seinen Gürtel schloss. Es war noch früh, und er würde problemlos Beute machen. Als er sich mit den Fingern durch das Haar strich, suchte er das Innere der Festung nach ungewöhnlichen Energiefeldern ab. Wie erwartet, gab es keine feindlichen Wesen. Er hätte sie augenblicklich wahrgenommen. Doch die Bedrohung, mit der man nicht rechnete, war immer am gefährlichsten. Dafür hatte er Stephan. Der Anführer der Vorhut bewegte sich mit gewohnter Aufmerksamkeit zwischen den Gästen. Obwohl Heimatverteidigung eigentlich zu Jasmines Aufgaben gehörte und sie viel eher gewillt war, einen Kampf auch mit einem der eigenen Leute auszufechten, war Stephan dazu in der Lage, es mit jeder Art von Bedrohung aufzunehmen. Damien schickte ihm eine kurze telepathische Nachricht, dass er das Anwesen verlassen würde und Syreena eine Wache an der Tür bräuchte, bis er wieder zurück wäre. Sobald er Stephans Bestätigung erhalten hatte, schlüpfte er in das Turmzimmer und flog durch das Fenster hinaus.
Für Stephan gab es in diesem Moment nichts Wichtigeres, als für den Schutz der Gemahlin des Prinzen zu sorgen. Er wusste genau, wie wichtig sie für dessen Wohlbefinden war, und das hatte, wie auch bei Jasmine, stets oberste Priorität für ihn. Der über einen Meter neunzig große Vampir bahnte sich langsam einen Weg durch die Menge, während er einem seiner getreuesten Leutnants der Vorhut einen telepathischen Befehl schickte.
Er zog wie immer die Aufmerksamkeit auf sich. Mit seiner Körpergröße und dem schimmernden blonden Haar war er eine Ausnahme in seiner Spezies. Aus unerfindlichen Gründen gab es unter ihnen kaum jemanden, der blond war, und während er für die einen ein Kuriosum darstellte, wirkte er auf andere durchaus anziehend. Doch am bemerkenswertesten war seine Größe. Er hatte nicht, wie Damien, diesen schlanken, beinahe hageren Körperbau, wie man ihn von seiner Spezies erwartete. Er hatte breite Schultern und einen breiten Brustkorb, seine muskulöse Taille war gerade, und seine Beine waren lang und kräftig wie Baumstämme. Seine beeindruckende Größe war manchmal alles, was er brauchte, wenn er mit jemandem verhandelte.
Also überraschte es ihn nicht, dass man ihm, egal, wohin er sich wandte und wie dicht die Menge war, den Weg freimachte. Er überlegte, ob er noch einen zweiten Wachmann zu Syreenas und Damiens Gemächern schicken sollte. Es waren eine Menge Vampire versammelt, ein repräsentativer Querschnitt eines mächtigen Volkes. Es überraschte nicht, dass auch Dämonen und Lykanthropen darunter waren. Nicht viele, doch mehr, als je zuvor eine fremde Samhainfeier besucht hatten. Er nahm an, dass dies mehrere Gründe hatte: die jüngsten Wechsel in den Botschaften, durch die sich die Kulturen einander geöffnet hatten, und die Aufhebung von Beschränkungen in der Dämonenkultur, weshalb sie jetzt Partner unter den höchst promiskuitiven Vampiren
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