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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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nicht, ich werde mir schon etwas einfallen lassen.
    Jetzt hatte sie für den Frühsommer Spanien ins Auge gefasst und gedachte, Jan mit der Gelegenheit zu locken, dass er Antoni Gaudis Architektur in natura studieren könne. Barcelona! Endlich einmal wieder die wunderschöne Sprache erleben und sprechen, und die vielschichtige Kultur dieser aufregenden Stadt schmecken, und natürlich die katalanische Küche! Ein bisschen südliche Sonne am Strand wäre zum Entspannen dann auch nicht schlecht und natürlich Hin- und Rückreise schön gemütlich durch Frankreich und die Schweiz mit einigen netten Zwischenstopps. Drei Wochen sollten sie sich mindestens dafür gönnen. Sie würde einen günstigen Moment für diese Mitteilung abpassen müssen, aber legte ihm jetzt schon einmal als Appetizer einen Bildband über Gaudi vor die Nase und ganz nebenbei einige äußerst attraktive Hotelbeschreibungen, die sie im Internet gefunden hatte. Mit einem nicht uninteressierten »Aha« vertiefte sich Jan sogleich in das Papier. Helene nahm sich ihr Buch und so verbrachten sie lesenderweise noch den Rest des Abends.
     
    Am Samstagmorgen war Helene die Erste auf den Beinen. Ihr prüfender Blick durch die Terrassentür fiel in einen blassblauen Himmel, an dem niedrig eine sanfte Wintersonne stand. Das kalte Frostwetter dauerte jetzt schon fast die ganze Woche. Die von den Wetterfröschen immer wieder angekündigten Schneefälle waren bisher aber ausgeblieben. Voller Tatendrang, verspürte Helene keinen Appetit auf Frühstück und kochte nur eine große Kanne Tee. Sie goss sich eine Tasse ein, etwas Milch dazu, und trank unkonzentriert, in Gedanken schon bei der Rehkeule, die sie jetzt präparieren würde. Warum noch länger warten? Sie holte die Schüssel mit dem eingelegten guten Stück aus der Speisekammer, nahm es aus der Beize und trocknete es mit einem Leintuch gründlich ab. Es fühlte sich kalt, glatt, fest und muskulös an, irgendwie angenehm, und verströmte einen herben, leicht säuerlichen Duft. Ganz nah hielt Helene ihre Nase daran, um eine richtige Prise zu erschnuppern.
    Am Wetzstahl schärfte sie ihr kleines Lieblingsmesser und machte sich dann daran, das Fleisch zu enthäuten. Jan kam in die Küche.
    »Morgen! Schon fleißig, Lenchen? Brr!« Er schüttelte sich, als er sah, womit sie beschäftigt war.
    »Dass du das kannst, auf nüchternen Magen an diesem rohen Fleisch rumzuschnippeln! Hua. Kannibalisch.«
    »Erstens schnipple ich nicht daran herum, sondern enthäute es professionell, und zweitens muss, wer A sagt, auch B sagen. Essen willst du es ja auch«, erwiderte Helene ganz sachlich.
    »Stimmt«, gab er kleinlaut zu. »Aber wenn der Rohstoff so offensichtlich ist, können einen schon Zweifel befallen. Na ja, ich geh ne Runde joggen und frühstücke, wenn ich wiederkomme. Bis dann!«
    »Ja, wunderbar. Viel Spaß!« Im Moment war Helene froh, wenn sie allein und ungestört ihren Aufgaben nachgehen konnte, und eine Diskussion über kannibalischen Fleischgenuss wollte sie jetzt ganz bestimmt nicht führen. Sie holte den Speck aus dem Kühlschrank. Ein großes Stück mit kräftiger Schwarte, leicht rosig schimmernd und einen Duft von Holzrauch verströmend. Helene konnte dem kräftigen Geruch auch auf nüchternen Magen Positives abgewinnen, im Gegenteil – ihre Sinne waren dann noch empfänglicher für diese Reize. Fein säuberlich schnitt sie ein Häufchen dünne Speckstreifen. Mit dem kleinen spitzen Messer machte sie kreuzförmige, zentimeterlange Einschnitte in die Keule. Frisch und knackig klang es jedes Mal, wenn das kleine Messerchen ins Fleisch drang.
    In ihrem schweren, gusseisernen Bratentopf ließ sie auf dem Herd ein Stück Butter heiß werden, um sodann die fertig gespickte, nur mit Salz und Pfeffer gewürzte Rehkeule darin anzubraten. Bald zischte und rauchte es, und als der erste Bratensaft austrat, war bereits zu erahnen, welch köstliches Wildaroma sich da entfalten würde. Als das Fleisch eine gleichmäßige Bräunung angenommen hatte, gab Helene einen Teil der Beize dazu, ließ auch diese, samt Einlagen, kurz anbrutzeln und goss dann mit etwas Wasser auf. Deckel darüber und nun brauchte das Ganze nur noch leise vor sich hinzuköcheln, bis das Fleisch gar war. Dann erst kam der spannende Teil: Die Vollendung des köstlichen Sößchens!
    Von ihrer Tätigkeit gefesselt, bemerkte Helene ihren Sohn, der noch im Schlafanzug in die Küche getrottet kam, erst, als er die völlig unangebrachte Frage

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