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Schatz, schmeckts dir nicht

Schatz, schmeckts dir nicht

Titel: Schatz, schmeckts dir nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ella Danz
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cremig, drehte sich die samtbraune Mischung um den Kochlöffel. Jetzt noch ein kleiner Schuss eines kräftigen Rhôneweines – Helene kostete und schmatzte prüfend mit der Zungenspitze – ein wenig nachsalzen, das war’s schon. Es hatte sich aufs Wunderbarste der kräftige Wildgeschmack mit Wacholder, Nelken und den anderen Gewürzen verbunden, die zarten Möhrchen hatten ihr Aroma dazugegeben, den Wein ahnte man gerade so und der Rahm schließlich gab dem Ganzen die krönende Sanftheit. Wer nur ein bisschen was davon verstand, würde vor seinem Teller knien! Im Geiste nahm sie schon die Ovationen entgegen.
    Der nächste Punkt war die Vorbereitung der Klöße. Kartoffeln schälen. Das zählte nicht gerade zu Helenes Lieblingsbeschäftigungen. Sie schaltete das Radio ein, damit es nicht ganz so langweilig war, und ließ es dann laufen. Nachrichten, Musik, Filmtipps, Nachrichten, Wetter, Sportsendung – die Zeit floss einfach so dahin. Die regelmäßigen Zeitansagen setzten sie nun doch ein wenig unter Druck und sie hoffte nur, dass nichts und niemand sie stören würde. Es war früher Nachmittag und sie hatte noch eine Menge zu tun. Vor allem hieß es jetzt abwägen, welcher Schritt vor welchem getan werden musste, da zum Beispiel der Salat oder die Klöße erst kurz vor dem Servieren fertig gestellt werden konnten. Manchmal verfluchte Helene dann ihren Ehrgeiz und wünschte, sie hätte sich für Bohnen – statt für Feldsalat – entschieden.
    Das Balsamico Dressing war bereitet, die Orangenfilets perfekt geschält und Helene war dabei den Feldsalat zu putzen – wunderbar große, gleichmäßige Blätter von einem satten Dunkelgrün –, als das ihr in diesem Moment verhasste Geräusch der Telefonklingel ans Ohr drang. Mutter, war ihr erster Gedanke, typisch, ihr zweiter, denn sie hatte ihrer Mutter eigentlich überdeutlich gesagt, dass sie an diesem Samstagnachmittag keinerlei Anrufe wünschte. So meldete sie sich nur unwirsch mit »Ja?«
    »Hallo, hier ist Ulli. Helene, bist du das?«
    »Ja.«
    Was folgte war eine lange Erklärung, dass Ulli für Helene die schönsten Blumen der Stadt hatte besorgen wollen, dies aber leider überhaupt nicht geschafft hatte, blablabla. Helene schaltete auf Durchzug und wartete das Ende ab.
    »So kriegst du heute Abend ein Glas selbst gemachtes Chutney als Trost und die Blumen nächste Woche, weil der tolle Laden von den beiden Schwulen, von denen ich dir erzählt habe, der hatte ausgerechnet an diesem Nachmittag nicht geöffnet.«
    »Wunderbar, Ulli. Ich hab noch zu tun, ja?«, würgte Helene schroff die Stimme am anderen Ende der Leitung ab.
    »Ach so. Na, dann bis nachher.«
    »Ja, bis später! Ich freu mich! Tschüss!« Und wie ich mich freue, dachte Helene. Was sollte dieser Anruf denn jetzt? Ein Strauß mehr oder weniger, darauf kam es Helene nun wirklich nicht an. Und Ullis selbst gemachte Geschenke, Rhabarber-Tomatenkonfitüre oder Ingwerzwiebeln nach tollen Rezeptideen aus den bekannten Frauenjournalen, konnten sie inzwischen auch nicht mehr schrecken: Nach einer Schamfrist von mehreren Wochen hatten sie ohnehin eine so unappetitliche Farbe angenommen, dass sie nur noch in die grüne Tonne wandern konnten. Fragen, ob’s denn geschmeckt hat, tat Ulli sowieso nicht mehr. Im Übrigen hasste Helene Anrufe von geladenen Gästen kurz vor dem Zusammentreffen – sie wusste nicht genau warum, vielleicht tat das ihrer Vorfreude Abbruch, vielleicht wurden Illusionen zerstört, sie mochte das einfach nicht. Dass ausgerechnet Ulli dieses Sakrileg beging, verwunderte sie überhaupt nicht.
     
    Weitere Störungen gab es nicht und so lief alles wie am Schnürchen. Draußen sank die Sonne, der kalte Wintertag ging zu Ende. Jetzt fand Helene den Zeitpunkt für gekommen, an dem sich das Küchenpersonal ein Gläschen verdient hätte. Sie goss ein einfaches Wasserglas voll Rotwein und nippte hin und wieder davon, während sie mit geröteten Wangen, wie ein Kollege von Zwerg Nase, dem größten Koch aller Zeiten, zwischen ihren Schüsseln und Töpfen hin und her wirbelte.
    Als Jan nach Hause kam, war es draußen schon vollends dunkel geworden. Er setzte sich noch kurz in die Küche an den Tisch, um ein paar Stichworte zu überlegen für eine kleine Rede, die in dieser Runde traditionell vom gastgebenden der drei Partner erwartet wurde. Helene diente ihm zwischen ihren Handgriffen als kritisches Publikum. Anschließend stellte er die diversen Getränke bereit, öffnete schon die

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