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Schatzfinder

Schatzfinder

Titel: Schatzfinder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hermann Scherer
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erstarrt und verpasst das Wesentliche.
    Ich kenne aber auch ein Beispiel, wo Erstarrung zum Wesentlichen geführt hat. Es hat einen klangvollen Namen: Stephen Hawking! Dieser geniale Mensch, dessen Muskulatur durch eine degenerative Erkrankung des motorischen Nervensystems erstarrte und seinen Körper damit komplett unbrauchbar machte, ist heute für seine Umstände dankbar: Seine unglaubliche Karriere als theoretischer Physiker, als berühmter Universitätsprofessor, als Bestsellerautor und als Popstar der Naturwissenschaften wäre nicht möglich gewesen ohne seine Erkrankung. Er sagt, dass sie ihn von vielen Ablenkungen im Leben bewahrt hat. Er ist sich sicher, dass er als Wissenschaftler so brillant und so genial geworden ist, weil er durch seine Krankheit dazu gezwungen war: Sein kompletter Geist konnte sich auf die Physik konzentrieren, weil ihm alles andere durch seine physischen Einschränkungen verschlossen war. Er hat das Unabweisbare angenommen und sich auf die Verschiebung der Grenzen und das Durchbrechen der Mauern konzentriert, die in der theoretischen Physik den Blick verengten.
    Wenn ich also die Kunst des Regelbrechens beschwöre, dann meine ich damit nicht, dass wir kindliche Trotzköpfe werden sollen, sondern erwachsene Frauen und Männer mit Prinzipien, die aufhören, gegen das Unabweisbare zu kämpfen – die aber anfangen, das Abweisbare niederzureißen.
    Menschen sind ihr Wort und nicht ihre Umstände!
    Und noch weiter: Wir müssen den Menschen unangenehme Umstände bescheren, wir müssen sie konfrontieren und ihnen Grenzen setzen, damit sie sie durchbrechen! So wie ein guter Vater seinen Kindern nicht alle Steine aus dem Lebensweg räumt, sondern ihnen Nüsse zum Knacken überlässt, so dürfen wir als Führungskräfte unseren Mitarbeitern nicht die angenehmen Umstände bereiten, damit sie glücklich und zufrieden sind. Indem wir als Führungskräfte unsere Daseinsberechtigung darin sehen, Mitarbeiter zufrieden zu machen, schaden wir dem Unternehmen – und den Mitarbeitern selbst.
    Ich war so ein Chef. Ich habe mich um meine Mitarbeiter gekümmert und ihnen die hinderlichen Umstände ausgeräumt. Sinnvoll war das nicht. Im Gegenteil. Mein Coach klärte mich dann irgendwann auf: Du darfst ihnen die Umstände nicht ausräumen! Lass es, wie es ist. Sie müssen es selbst schaffen. Sonst kommen sie nicht voran. Sonst können sie sich nicht weiterentwickeln. Und das ist für eine Führungskraft doch unter allen Umständen das Wesentliche. Menschen sind ihr Wort und nicht ihre Umstände!
    Die Umstände machen lediglich sichtbar, wer zu sein wir gewählt haben, sind das, wofür wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen oder eben auch nicht.
    Viel Energie wird investiert in Fantasien über die abgewählten Möglichkeiten, die wir nicht ausgeübt haben. So sind wir, anstatt darüber zu sprechen, was wir leben können. Es sind nicht die Umstände, die uns dazu machen, was wir sind. Die Umstände machen lediglich sichtbar, wer zu sein wir gewählt haben, sind das, wofür wir bereit sind, Verantwortung zu übernehmen oder eben auch nicht.

PAY THE BILL – ZAHLE DEN PREIS
    Sonntagnachmittag in Münster. Hermann Scherer ist da, und die Stimmung im Publikum ist nicht gut. – Ich spürte das sofort. Es war leicht zu erraten, was diesen Leuten, die von ihren Chefs auf diese Tagung in diesen Seminarraum geschickt worden waren, nicht passte: Die Sonne schien, die Familien waren zu Hause, eigentlich hatten sie frei – und doch mussten sie hier sitzen und zuhören.
    Ich nahm dieses Thema, das im Raume herumhing wie Spinnweben, und versuchte, für den Einstieg etwas daraus zu machen: »Schön, dass Sie alle hier sind. Dass Sie freiwillig hier sind! Dass Sie aus freien Stücken da sind, wo Sie sein wollen!«
    Der Zaunpfahl, mit dem ich winkte, traf die Leute am Kopf, und sie antworteten sofort mit Geraune und Entrüstung: »Freiwillig? Ha!«
    Ich wollte es genauer wissen: »Sind Sie etwa nicht freiwillig hier?«
    »Freiwillig, wir? Nein, wir mussten ja kommen. Es ist Sonntag! Freiwillig wären wir jetzt am Baggersee«, meckerte der selbsternannte Sprecher der Gruppe. Die anderen nickten und murmelten zustimmend.
    Es funktionierte. Ich nahm den Ball an und spielte den nächsten Pass: »Sie sind also nicht freiwillig hier. Das heißt, Sie sind gegen Ihren Willen hier, Sie wurden gezwungen, richtig?«
    Jetzt stutzten sie. Gezwungen? Na ja …
    Ich fuhr fort: »Wie sind Sie denn hierher gezwungen worden? Sie sind

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