Scheintot
es!
«
,
fährt er mich an.
»Ich muss bestraft werden.«
»Zieh dich aus.«
Zitternd, in panischer Angst vor weiteren Schlägen, gehorche ich. Ich öffne den Reißverschluss meines Kleides, ziehe Strumpfhose und Slip aus. Dabei halte ich den Blick gesenkt; ein braves Mädchen muss Respekt zeigen. Ich bleibe vollkommen stumm, als ich mich auf dem Bett ausstrecke, als ich mich ihm darbiete. Kein Widerstand, nur Unterwürfigkeit.
Während er sich auszieht, starrt er mich unentwegt an, genießt den Anblick des willigen Fleisches. Ich würge meinen Ekel hinunter, als er mich besteigt, als sein nach Whiskey stinkender Atem mir entgegenschlägt. Ich schließe die Augen und konzentriere mich auf das Brummen der Maschinen, auf das Geräusch der Wellen, die an den Rumpf der Yacht schlagen. Ich schwebe über meinem Körper, und ich spüre nichts, als er in mich hineinstößt. Und wenig später grunzend kommt.
Als er fertig ist, wartet er nicht einmal, bis ich mich angezogen habe. Er steht einfach auf, zieht sich an und verlässt die Kabine. Langsam setze ich mich auf. Das Motorengeräusch ist zu einem leisen Summen geworden. Als ich aus dem Fenster schaue, sehe ich, dass wir zum Festland zurückkehren. Die Party ist vorbei.
Und als ich schließlich aus der Kabine hervorkrieche, hat das Boot schon wieder festgemacht, und die Gäste sind von Bord gegangen. Mr. Desmond steht an der Bar und schlürft den übrig gebliebenen Champagner, während die Mutter ihre Mädchen einsammelt.
»Was hat er zu dir gesagt?«, fragt sie mich.
Ich zucke mit den Achseln. Ich spüre, wie Mr. Desmonds Augen mich mustern, und ich habe Angst, etwas Falsches zu sagen.
»Warum hat er dich genommen? Hat er das gesagt?«
»Er wollte nur wissen, wie alt ich bin.«
»Sonst nichts?«
»Das war alles, was ihn interessierte.«
Die Mutter wendet sich zu Mr. Desmond um, der uns interessiert beobachtet hat. »Sehen Sie? Ich hab’s Ihnen doch gesagt«, meint sie. »Er sucht sich immer die Jüngste im Raum aus. Wie sie aussehen, ist ihm egal. Nur jung müssen sie sein.«
Mr. Desmond denkt einen Moment lang darüber nach. Er nickt. »Dann müssen wir eben zusehen, wie wir ihn bei Laune halten.«
Olena wacht auf und sieht mich am Fenster stehen, wo ich durch die Gitterstäbe nach draußen starre. Ich habe den Rahmen hochgeschoben, und kalte Luft strömt ins Zimmer, aber das ist mir egal. Ich will nur frische Luft atmen. Ich will meine Lungen, meine Seele vom Gift dieses Abends reinigen.
»Es ist zu kalt«, sagt Olena. »Mach das Fenster zu!«
»Ich ersticke fast.«
»Aber es ist eiskalt hier drin.« Sie geht zum Fenster und zieht es zu. »Ich kann nicht schlafen.«
»Ich auch nicht«, flüstere ich.
Im Schein des Mondlichts, das durch die schmutzige Scheibe ins Zimmer fällt, mustert sie mich. Hinter unserem Rücken wimmert eins der Mädchen im Schlaf. Wir stehen da in der Dunkelheit und hören sie atmen, und plötzlich habe ich das Gefühl, dass in diesem Zimmer nicht genug Luft für mich übrig ist. Ich ringe nach Atem. Ich stemme mich gegen das Fenster, versuche, es wieder hochzuschieben, doch Olena hält es fest.
»Hör auf damit, Mila.«
»Ich sterbe!«
»Du bist hysterisch.«
»Bitte, mach es auf. Mach auf!« Ich schluchze jetzt, klammere mich verzweifelt an den Fensterrahmen.
»Willst du die Mutter aufwecken? Willst du uns unbedingt Ärger bescheren?«
Meine Hände haben sich zu schmerzenden Klauen verkrampft, und ich kann nicht einmal mehr den Rahmen festhalten. Olena packt meine Handgelenke.
»Hör zu«, sagt sie. »Du willst frische Luft? Ich verschaffe dir frische Luft. Aber du musst den Mund halten. Die anderen dürfen nichts davon wissen.« Ich bin so außer mir, dass ich gar nicht auf ihre Worte achte. Sie nimmt mein Gesicht in beide Hände, zwingt mich, sie anzusehen. »Das hier hast du nie gesehen«, flüstert sie. Dann zieht sie etwas aus der Tasche, einen kleinen Gegenstand, der in der Dunkelheit schwach schimmert.
Einen Schlüssel.
»Wie bist du …«
»Pssst.« Sie schnappt sich die Decke von ihrem Feldbett und zieht mich an den anderen Mädchen vorbei zur Tür. Dort bleibt sie kurz stehen und blickt sich um, vergewissert sich, dass sie alle schlafen, und steckt dann den Schlüssel ins Schloss. Die Tür springt auf, und sie zerrt mich hinaus auf den Flur.
Ich bin sprachlos. Mit einem Mal habe ich vollkommen vergessen, dass ich gerade eben noch zu ersticken glaubte, denn wir sind unserem Gefängnis entkommen,
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