Schenk mir nur diese eine Nacht (German Edition)
versuchte zu lächeln. „Ja.“
Mehr war nicht nötig. Sie hatte sich geschworen, nicht die Fassung zu verlieren, und sie hoffte jetzt inständig, er würde gehen, bevor es geschah. Eine Nacht, das war alles.
Schließlich bin ich ja nicht in ihn verliebt, dachte Anny.
Das wird mir eine Lehre sein, dachte Demetrios, als er sich auf sein Hotelbett warf und die Decke anstarrte. Was er genau aus dieser Nacht gelernt hatte, war ihm nicht ganz klar.
Wahrscheinlich, dass Frauen die verwirrendsten und widersprüchlichsten Geschöpfe auf Erden waren.
Das hätte er bereits nach der Hochzeit mit Lissa wissen müssen. Aber Anny war anders. Sie hatte einen gesunden Menschenverstand.
Und dennoch hatte sie seinem logischen Denkvermögen einen Streich gespielt. Während er davon ausgegangen war, dass sie nur ein nettes Abendessen und ein bisschen Unterhaltung wollte, hatte sie daran gedacht, ihn in ihr Bett zu locken.
Das überstieg einfach seine Vorstellungskraft.
Aber er konnte ihre Beweggründe nachvollziehen. Auch er hatte sich in den vergangenen drei Jahren manchmal nach jugendlicher Unbeschwertheit gesehnt. Nach einer Zeit, als alles möglich erschien.
Diese Zeiten waren aber definitiv vorbei. Er wollte keine ernsthafte Beziehung mehr. Und schon gar nicht wollte er für irgendjemanden den Traummann spielen müssen.
Nein, nie mehr.
Von jetzt an würde er nur unkomplizierte Beziehungen suchen. Keine Hoffnungen. Keine Träume. Keine Versprechen. Kein Happy End.
Genauso wie es heute mit Anny gewesen war.
Aber es war zu verrückt, dass sie bald heiraten würde. Wahrscheinlich war sie diesbezüglich viel realistischer, als er es gewesen war. Aber warum – verdammt noch mal – heiratete eine schöne, intelligente junge Frau wie sie einen alten Witwer?
Eines wusste Demetrios nur zu gut. Wenn er Annys Verlobter wäre, würde er es bestimmt nicht so weit kommen lassen, dass sie aus Verzweiflung einen anderen Mann in ihr Bett einladen musste!
Als er in sie eingedrungen war, hatte er einen Moment lang geglaubt, sie sei Jungfrau. Aber das machte keinen Sinn.
Zu gerne hätte er gewusst, was hinter der ganzen Angelegenheit steckte.
Unruhig wälzte er sich im Bett hin und her. Dann sprang er auf und riss das Fenster auf. Vor ihm erstreckte sich La Croisette und das Meer.
Im Westen konnte er die Umrisse des Palais du Festival sehen. Dahinter befand sich der Hafen, wo Theo mit seinem Segelboot lag. Und nicht weit entfernt erhob sich in der Morgendämmerung die Altstadt Le Suquet.
Dort war Anny.
Und auch er hätte dort sein können. Sie hätte ihm bestimmt erlaubt, bei ihr zu schlafen.
Aber ich habe es nicht gewollt, dachte er.
Mittlerweile war es fast fünf Uhr morgens. Um acht hatte er ein Geschäftsfrühstück mit Rollo Mikkelsen, dem Verantwortlichen für den Vertrieb der Filme bei Starlight Studios. Für diesen Termin brauchte er einen wachen Kopf.
Jogging war dafür genau das Richtige. Er zog sich T-Shirt und Laufschuhe an.
Eine frische Morgenbrise schlug ihm entgegen, als er das Hotel verließ. Zu so früher Stunde war Cannes wie leergefegt.
Während er die Promenade entlang joggte, überdachte er noch mal seine Terminplanung. Erst das Frühstück mit Rollo. Dann ein Mittagessen mit einem Produzenten. Am Nachmittag eine Filmvorführung. Und danach würde er Franck in der Klinik besuchen.
Würde er Anny dort treffen?
Es spielte keine Rolle.
Demetrios versuchte, sich auf sein Tempo zu konzentrieren.
Die Geschichte mit Anny war Vergangenheit.
Und er musste nach vorne schauen.
4. KAPITEL
Anny sah Demetrios nicht wieder.
Es war auch nicht anders zu erwarten gewesen.
Und doch hatte sie die Tage nach ihrer Begegnung insgeheim gehofft, ihm zufällig über den Weg zu laufen. Auf dem Weg zur Klinik. Oder beim Einkaufen. Auch als sie sich im Palais du Festival zwei Filme angesehen hatte, konnte sie nicht anders, als nach dem großgewachsenen dunkelhaarigen Mann Ausschau zu halten, der so unverhofft in ihr Leben getreten war.
Er war in der Klinik gewesen. Nicht nur am Tag nach ihrem Kennenlernen, sondern mehrmals. Das wusste sie, weil Franck ihr alles lang und breit erzählte.
Gestern Nachmittag hatte Demetrios Franck sogar kurzerhand in den Rollstuhl gesetzt und zum Hafen gebracht.
„Im Rollstuhl? Du warst am Hafen?“ Anny, die Franck noch nicht einmal dazu überreden konnte, wenigstens ab und zu das Zimmer zu verlassen, traute ihren Ohren nicht. „Und was habt ihr gemacht?“
„Wir waren segeln.“
Anny
Weitere Kostenlose Bücher