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Scherbenherz - Roman

Scherbenherz - Roman

Titel: Scherbenherz - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilhelm-Goldmann-Verlag
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aus besteht keine Hoffnung, dass Mr. Redfern je wieder vollkommen genesen wird. Er wird den Rest seines Lebens im Wachkoma verbringen, es sei denn, ….«
    »Es sei denn, wir schalten die Geräte ab«, ergänzte Anne sachlich.
    Dr. Lewis wirkte leicht pikiert. »So drastisch würde ich es nicht ausdrücken«, sagte er. Allmählich kehrte sein Lächeln zurück. »Und natürlich wird er von uns bestens versorgt, solange Sie das für die optimale Lösung halten …«
    Oder solange die private Krankenversicherung zahlt, sagte sich Anne.
    »Möglicherweise ist es nötig, dass sie mit Ihrer Familie besprechen, was für ihn … und natürlich auch für Sie … das Beste ist.«
    Anne hatte gewusst, dass es dazu kommen würde. Schließlich sah sie nicht umsonst diese Krankenhausserien im Abendprogramm. Ihr war klar, was Charles’ anhaltende Bewusstlosigkeit bedeutete. Es laut und deutlich ausgesprochen zu hören war dennoch ein Schock. Anne stand plötzlich vor dem Problem, eine Wahl treffen zu müssen, nicht mehr, wie bisher, einfach weitermachen, alle Gedanken an die Zukunft durch die betäubende Monotonie der täglichen Routine verdrängen zu können. Sie musste also mit Charlotte reden. Allein der Gedanke daran machte ihr Angst.
    Das Gespräch mit Dr. Lewis hatte zur Folge, dass sie später nach Hause kam als sonst. Es war drei Uhr nachmittags, und ihr Magen knurrte bereits geräuschvoll. Eines der ärgerlichsten Symptome des Älterwerdens war, dass sie es kaum länger als zwei Stunden ohne eine Mahlzeit aushielt. Jemand hatte einmal behauptet, es habe etwas mit dem Blutzucker zu tun. Sie dagegen fürchtete, dass es einfach nur die reine Fresssucht war.
    Sie hatte gerade das Brot aus dem Kühlschrank geholt, um sich ein Schinkensandwich zu bereiten, als es an der Haustür klingelte.
    Es war Charlotte. Die Tatsache, dass ihre Tochter ohne Ankündigung mitten an einem Mittwochnachmittag plötzlich vor ihrer Tür stand, war für Anne so alarmierend, dass es ihr im ersten Moment die Sprache verschlug.
    »Hallo, Mum«, sagte Charlotte. Anne beobachtete, wie die Tochter ein Lächeln versuchte, um dem überraschenden Überfall den Anschein des Normalen, des Alltäglichen zu geben. Dabei wirkte sie gespannt, wie ein überdehntes Gummiband.
    »Was um Himmels willen machst du denn hier?« Annes Begrüßung hätte hart, aber herzlich ausfallen sollen, klang jedoch nur vorwurfsvoll.
    »Ich wollte dich überraschen.« Charlotte trat die Füße auf der Fußmatte ab und ging ins Haus. Sie schlenderte den Flur entlang. Die abgewetzte Ledertasche über ihrer Schulter sah aus, als könne sie etwas Lederpflege vertragen. Sie drehte sich nicht um, ließ Anne einfach stehen, die Hand noch immer an der Türklinke. Schließlich wurde es ihr zu dumm, und sie versuchte erst einmal, Ordnung in ihre Gedanken zu bringen. Sie schloss leise die Tür und ging auf Socken den Flur entlang in die Küche. Sie zog stets ihre Straßenschuhe aus, um keinen Schmutz ins Haus zu bringen
    »Ich wollte mir gerade ein Sandwich machen«, sagte sie und hoffte, entsprechend gelassen zu klingen. »Möchtest du auch eines?«
    »Nein, danke«, wehrte Charlotte ab. Sie lehnte mit dem Rücken gegen den Herd, die Arme vor der Brust verschränkt. »Ich habe schon gegessen.«
    »Leg deine Tasche ab …« Anne streckte die Hand aus. Charlotte zuckte unwillkürlich zurück, beherrschte sich sichtbar, korrigierte hastig ihr Verhalten und reichte Anne die Tasche. Anne nahm sie ihr ab, hielt sie fest und zwang sich, nichts zu Unüberlegtes zu sagen, das die Tochter ihr noch weiter entfremden könnte. Sie stellte die Tasche ordentlich auf die Anrichte. Es war selten, dass Charlotte hierherkam. Anne kam sie vor wie ein Fabelwesen, das ihr mitten in einem dichten Wald erschienen war und das sie durch das geringste Geräusch verscheuchen konnte.
    Charlotte stand nur schweigend da und starrte geistesabwesend durch das Küchenfenster in den Garten.
    »Ich bin gerade erst aus dem Krankenhaus gekommen«, versuchte Anne Konversation zu machen. »Ich habe mit diesem netten Arzt geredet. Du weißt schon, Dr. Lewis.«
    »Mhm.«
    Anne plapperte einfach weiter: »Ein ausgesprochen netter Mann. Und noch jung. Keine Ahnung, ob er verheiratet ist oder eine Freundin hat, aber …«
    »Mum, lass das!«
    »Was soll ich lassen?« Anne hielt mitten in der Bewegung inne, das Buttermesser in der Hand.
    »Ich weiß, worauf du hinauswillst.«
    »Worauf denn?«
    »Das Gerede über diesen … ach so

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