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Schicksal des Blutes

Schicksal des Blutes

Titel: Schicksal des Blutes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Madea
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SMS von Nyl. Amy + ich, Privatjet nach SF, Landung 7 Uhr, haben wichtige News bzgl. Engel. “
    „Wie geht’s Amy?“
    Jonas sah Cira an. „Steht da nicht.“
    „Ruf ihn an.“
    „Schon dreimal versucht. Es hebt keiner ab.“
    „Was ist?“, fragte Cira unvermittelt und sah ihn prüfend an. „Ist dir schlecht?“
    Jonas strich ihr mit dem Daumen über die Lippen. Er konnte eben nichts mehr vor ihr verbergen. „Ja, ich fühle mich unwohl, weil ich mich gerade entschieden habe, bei meinem besten Kumpel einzubrechen, solange er weg ist.“
    Cira nickte. „Du willst sicher allein …“
    „Ja.“
    „Gut. Ich hole die Jungs ab und gehe mit ihnen zu Greg, Elvis und Fire besuchen. Josephine und Alex sind auch im Schloss. Also, mach dir keine Sorgen.“ Sie küsste ihn und huschte aus der Schalterhalle hinaus in die Dunkelheit. Er atmete tief durch und lächelte. Wie sehr er seine Cira doch liebte.
     
    Keine halbe Stunde später sprang er an Deck der größten Luxusjacht im Hafen. Der weiße Rumpf der ‚Silver Angel‘ funkelte vom silbrigen Schimmer des Meerwassers. Jonas schaltete kein Licht ein, durchlief die langen Flure, bis er Ny’lanes Geschäft s zimmer betrat. Durch die getönten Fenster leuchtete der matte Schein des Mondes, beschien den modernen Schreibtisch, den Getränkewagen, die Sesselgruppe und den großen, bunten Seidenteppich auf dem Boden. Ein ungutes Gefühl beschlich ihn. Was tat er bloß? Er verdankte Ny’lane unendlich viel. Sein Freund hatte ihm ein ums andere Mal das Leben gerettet, und Cira ebenfalls.
    Er strich sich das Haar nach hinten. Hier hatte sich Nyl vor nicht allzu langer Zeit bei ihm entschuldigt und ihm offenbart, einst geliebt zu haben. Beides war unt y pisch für Nyl, der nie viel preisgab. Nun machte es ihn stutzig. Vielleicht steuerte sein Ku m pel wirklich auf den Abgrund zu und suchte nach einem Halt.
    Jonas tastete über die breite Narbe an seiner linken Seite, als er daran dachte, dass Ny’lane ihn in jener Nacht ebenso danach gefragt hatte. Sein Versuch, 1945 der erdr ü ckenden Einsamkeit eines trockenen Süchtigen durch Selbstmord zu entkommen. Nyl hatte seinen Tod verhindert, obwohl sie sich damals nicht gekannt hatten. Auch jetzt sah er sich nicht in der Lage, sich zu erinnern, was im Wald geschehen war. Ny’lane hatte ihm nie gesagt, warum er ihn gerettet hatte.
    Aber allein aus Neugierde wollte Jonas nicht nochmals über den magischen Geda n kenteppich reiben. Er mochte Nyl nicht hintergehen. Ihn interessierte zwar brennend, weshalb er etwas hatte erkennen können, aber das würden Ny’lanes Erinnerungen, die der Teppich bewahrte, ihm nicht verraten. Das konnte nur Nyl. Doch der verstockte Eigenbrötler bekam das Maul nicht auf, verkroch sich in seiner Hölle und dachte nicht im Traum daran, jemanden an sich heranzulassen. Nyl verhielt sich ebe n so, wie er sein Schicksal bis vor Kurzem gehandhabt hatte.
    Jonas kniete sich vor den Seidenteppich und erinnerte sich daran, wie Fay ihnen G e dankenteppiche erklärt hatte, die zu weben nur Gestaltwandler in der Lage waren. Unausgesprochene Vergangenheiten. Jahrhundertealte Geheimnisse. Persönliche Erlebnisse. Für immer für die Zukunft gebannt, gewebt, so fein wie die Reminiszenzen eines jeden Lebewesens auf Erden. Jonas legte sanft die Hände auf den weichen Stoff.
    „Ich will dir helfen“, murmelte er. Er wollte und würde alles für Ny’lane tun, so wie Nyl es stets für ihn getan hatte, seit sie sich 1945 zum ersten Mal begegnet waren. Er kämpfte mit seinem Gewissen, aber er musste Nyl hintergehen, um zu erfahren, wie er dem Tribor helfen konnte.
    Jonas rieb über den weichen Stoff, dessen Magie ihn zu umhüllen schien. Funken stoben wie Feenstaub umher, zeigten ihm einen Film, in den er von oben hineinblickte. Was er sah, ließ ihn vor Schreck erstarren.
    Jonas hatte alles erwartet, aber nicht, sich selbst zu sehen. Sein junges Ich lag in einer tiefen Mulde, zusammengekrümmt, die dunkle Muttererde um ihn herum getränkt von Blut. Er erinnerte sich, diesen Platz in den weiten Wäldern mit Bedacht gewählt zu haben, bevor er ihn ausgehungert aufsuchte und sich mit einem Messer tief unter der Achsel bis zur Hüfte schnitt. Links, nahe am Herzen. Es war ihm nicht möglich, dort die Wunde mit seinem Speichel zu versiegeln. Das Blut war aus der Achselarterie g e schossen und hatte seinen Arm sofort unbeweglich gemacht. Das hartnäckige Leben eines Reinblüters wich aus ihm, während sich das Tageslicht

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