Schicksal in zarter Hand
Remo.
San Remo …
Franco drehte sich auf die Seite. Ihm war egal, dass es höllisch schmerzte. Er läutete nach der Schwester und wartete ungeduldig, bis sie an seinem Bett stand.
„Ich will, dass Sie das Gestell und die Schläuche entfernen, außerdem möchte ich mindesten zwei Kopfkissen – und mein Handy“, verlangte er herrisch.
„Aber, Signor Tolle, Sie …“
„Oder ich stehe auf und hole mir Kissen und Handy selbst“, drohte er.
Die ersten beiden Wünsche wurden ihm nicht erfüllt, aber die Schwester reichte ihm sein Handy und stopfte ihm die verlangten Kissen unter die Schultern.
„Danke!“ Dass er sich viel zu schwach fühlte, um es selber zu machen, wie er angedroht hatte, brauchte die Schwester nicht zu wissen.
Lexi schlief wie ein Stein, dabei hatte sie befürchtet, kein Auge schließen zu können. Am nächsten Morgen wachte sie munter und erfrischt auf. Sie war verwirrt, dass sie sich angesichts der Umstände so gut fühlen konnte.
Telefonisch bestellte sie Frühstück beim Zimmerservice und nutzte die Wartezeit, um zu duschen. Mit knurrendem Magen sah sie sich danach in dem höchst eleganten Wohnraum der Suite um. Sie warf einen prüfenden Blick aus dem Fenster, um festzustellen, wie das Wetter war und zu entscheiden, was sie anziehen sollte.
In ihrer Eile hatte sie sehr wenige Sachen eingepackt, und wie es schien, auch noch die falschen. Tatsächlich hatte sie nichts dabei, was sich für diesen herrlich sonnigen, heißen Septembertag hier in Livorno eignete.
Nachdem Lexi sich im Schlafzimmer eine gestreifte Tunika zu schwarzen Leggings und Boots angezogen hatte, ging sie in den Wohnraum zurück. Bevor sie sich setzen konnte, wurde an die Tür geklopft. Das musste das Frühstück sein! Gut so, denn sie hatte einen Bärenhunger.
Sie eilte zur Tür und öffnete. Dann trat sie so hastig zwei Schritte zurück, dass sie beinah hintenüber gefallen wäre. Denn im Flur stand kein Geringerer als Salvatore Tolle, Francos Vater – und noch immer ihr Schwiegervater.
Er war Mitte fünfzig und sah sehr gut aus. Silberne Fäden durchzogen die dunklen Haare, er war glatt rasiert und trug einen eleganten Anzug, der seinen immer noch straffen Körper betonte. Ja, Salvatore war attraktiv, aber ausgesprochen kaltherzig.
„Buongiorno, Alexia“, begrüßte er sie. „Darf ich reinkommen?“
Wortlos trat sie beiseite und ließ ihn eintreten. Nervös verharrte sie selbst an der Tür. Mitten im Raum blieb er stehen, und Lexi versuchte sich vorzustellen, was der Grund seines Besuchs sein könnte.
Er sah sich in der Suite um. „Gefällt es dir hier?“
„Ja, natürlich. Danke.“
„Ich habe mit Franco gesprochen“, sagte er unerwartet. „Er hat mich gestern Abend noch aus dem Krankenhaus angerufen.“
„Oh, wie schön.“ Sofort wurde ihr leichter ums Herz. „Es freut mich, dass er das getan hat. Ich war ziemlich aufgebracht, als ich hörte, dass er dich …“
„Dein Mitgefühl für mich ist rührend, aber ich würde es vorziehen, wenn du es nicht in Worte fasst“, unterbrach er sie kühl.
Lexi war es, als hätte man ihr eine Tür vor der Nase zugeschlagen. Daran müsste ich doch gewöhnt sein, sagte sie sich. Bei den wenigen Gesprächen mit ihrem Schwiegervater hatte sie sich immer so gefühlt.
„Natürlich bin ich dir sehr dankbar, Alexia, dass du meinen Sohn dazu gebracht hast, mir gegenüber nachsichtiger zu sein“, erklärte er überraschend.
„Oh, ja, also … gern geschehen“, brachte sie heraus.
Wieder klopfte es an der Tür. Diesmal war es tatsächlich der Kellner mit ihrem Frühstück. Erleichtert über die Unterbrechung ließ Lexi ihn eintreten. Er stellte das Tablett auf den Tisch am Fenster und zog sich sofort wieder diskret zurück.
„Wie wäre es mit einer Tasse Tee?“, erkundigte sie sich höflich.
„ Grazie, nein“, lehnte Salvatore ab. „Aber bitte setz dich doch und frühstücke in Ruhe.“
Sie nahm an dem schmalen Tisch Platz, aber beim Gedanken, unter den kritischen Blicken ihres Schwiegervaters zu essen, war ihre Kehle plötzlich wie zugeschnürt.
„Was führt dich her?“, fragte Lexi schließlich. „Es ist doch nichts mit Franco, oder? Es hat hoffentlich keine Komplikationen …“
„Nein, keine Sorge“, versicherte Salvatore schnell. „Ich komme gerade von ihm. Es geht ihm gut, soweit man es bei solchen Verletzungen so nennen kann.“
„Oh, das ist wundervoll.“
„Franco weiß nicht, dass ich hier bin. Er hat mir ausdrücklich
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