Schicksalsbund
ihm vorüber.
»Wofür war das denn?«, fragte Mack.
»Wir müssen wirklich mal miteinander reden, Boss«, sagte Kane.
Die beiden Männer folgten Jaimie die Stufen hinauf. Am oberen Ende der Treppe zögerte Jaimie, und Mack legte lässig einen Arm um sie, zog sie eng an sich und führte sie zum Badezimmer. Er achtete darauf, dass sein Körper zwischen ihr und den anderen war, weil er dafür sorgen wollte, dass sie sich nicht unbehaglich fühlte. Diese Männer waren ihre Familie, und sie war mit ihnen aufgewachsen, aber sie war um einige Jahre jünger als sie und eindeutig im Nachteil, ganz im Gegensatz zu Rhianna, die ein burschikoser Wildfang war. Jaimie lebte in ihrem Gehirn und fühlte sich oft isoliert.
Mack wandte sich den anderen zu. Sie machten sich bereits über das Essen her, schubsten einander gut gelaunt und drängten sich um die Lasagne und den Salat. Javier stand etwas weiter abseits und schaute auf einen kleinen Laptop.
Bring ihn hoch, Brian, ordnete Mack an.
Es wurde still, als Paul die Etage betrat. Der Junge hätte Mack fast leidtun können – aber nur fast. Seine Haut
war so blass, dass sie beinah durchscheinend wirkte; nur seine Sommersprossen hoben sich von ihr ab. Er war vierundzwanzig, aber er sah aus wie fünfzehn. Wie Javier hatte auch er ein knabenhaftes Gesicht. Er war ein ausgezeichneter Schütze und nicht schlecht im Nahkampf. Er hatte das gesamte Training durchlaufen, das erforderlich war, um Schattengänger zu werden, was hieß, dass er sich seine Tätowierung verdient haben musste. Mack wusste, dass es ihm bestimmt niemand leichtgemacht hätte, nicht bei diesem Aussehen. Javier hatten sie ziemlich hart zugesetzt, bis seine Ausbilder begonnen hatten, vorsichtig zu werden.
Der Junge wirkte verängstigt, aber er machte nicht schlapp. Er schlug die Augen nicht nieder und wich auch Macks einschüchterndem Blick nicht aus. Mack deutete auf einen Punkt direkt vor sich. Paul ging widerstrebend zwischen den anderen hindurch und blieb vor Mack stehen.
»Ich werde dir eine Chance geben, mir zu sagen, was du vorhattest, Paul. Danach werden Javier und Jaimie deinen Laptop auseinandernehmen und zur Wahrheit vorstoßen.«
»Erbitte Redefreiheit, Sergeant«, sagte Paul.
»Selbstverständlich.«
»Wenn mein Laptop ohnehin auseinandergenommen wird, würde ich mir lieber ansehen, wie gut die beiden wirklich sind.«
Ein freudloses Lächeln machte sich auf Macks Gesicht breit und gab seinem Mund etwas Tückisches. »Ich glaube, er hat deine Fähigkeiten gerade in Zweifel gezogen, Javier.«
Der Junge zuckte nicht zusammen, noch nicht einmal,
als Javier mit glühenden Augen geradewegs auf ihn zukam und direkt vor ihm stehen blieb.
»Lass das, Javier«, befahl Mack. »Besorg mir einfach nur die Information, die ich brauche.«
Wonach suche ich, Boss?
Du wirst es wissen, wenn du es findest. Er hat wegen irgendetwas ein schlechtes Gewissen. Es könnte eine Lappalie sein, es könnte aber auch Verrat sein.
»Ich mach’ mich gleich dran, Boss«, sagte Javier. Er warf Paul noch einen durchdringenden Blick zu, bevor er sich abwandte und mit dem Laptop die Treppe zu Jaimies Arbeitsbereich hinunterstieg.
Jaimie sah frisch aus, als sie aus dem Badezimmer kam. Sie hatte sich umgezogen. Mack musterte sie sorgfältig. Er kannte jede ihrer Stimmungen, und im Moment war sie zaghaft. Er nahm ihr augenblicklich die Unsicherheit.
»Ich könnte deine Hilfe gebrauchen, Schätzchen«, sagte er. »Javier versucht einem Computer Informationen zu entlocken, die ich brauche. Würdest du ihm zur Hand gehen?« Es ist wichtig, sonst würde ich dich nicht darum bitten.
Sie hob den Blick zu seinem Gesicht und wandte sich dann Paul zu, der steif strammstand. »Selbstverständlich. Kein Problem.« Javier weiß, wonach wir suchen?
Er sandte ihr telepathisch ein verneinendes Kopfschütteln zu. »Paul scheint zu glauben, er hätte etwas auf seinem Computer, woran wir nicht vorbeikommen.«
Sie zog die Augenbrauen hoch. »Ach, wirklich?« Sie bedachte Paul mit einem raschen, beinah respektvollen Grinsen. »Bei dir steckt viel mehr dahinter, als man auf den ersten Blick sieht, stimmt’s?«
Der Junge lief knallrot an, und Mack blickte finster. Jaimie
hatte eine Art, einen Mann anzusehen, ohne jemals zu begreifen, welchen Eindruck sie mit ihrem wüsten Haar und ihrem sinnlichen Mund erweckte, mit dieser Verbindung aus natürlicher Unschuld und verführerischer Weiblichkeit. Sie hatte tatsächlich keine Ahnung, dass man
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