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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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herunterlief: Sir Ross war Grants Vorgesetzter. Ihm berichtete er. Es gab keinen Zweifel, dass dieser Mann alles über sie wusste – einschließlich ihrer Aufzeichnungen in diesem furchtbaren Tagebuch. Instinktiv Schutz suchend drängte sie sich an Grant.
    Aber Sir Ross’ grauen Augen konnte sie nicht entkommen. »Miss Duvall«, sagte er dunkel, aber freundlich, »es ist mir eine große Freude, Sie hier zu sehen.«
    »Haben wir uns vielleicht vorher schon einmal …« Vivien biss sich auf die Zunge. Sie konnte doch unmöglich jeden männlichen Gast auf diesem Ball danach fragen, ob sie schon Sex mit ihm gehabt hatte.
    Sir Ross hatte die Frage schon richtig verstanden und antwortete: »Nein, Miss Duvall, und das bedauere ich sehr.«
    Hatte er das vielleicht sarkastisch gemeint fragte sich Vivien und suchte in seinen Augen nach einer Antwort. Aber es war wohl ehrlich gemeint.
    Cannon und Grant tauschten einen vielsagenden Blick. Sie schienen sich fast ohne Worte zu verständigen. Im nächsten Augenblick hatte sich Cannon mit ein paar höflichen Worten verabschiedet.
    Grant ergriff Viviens Ellbogen. »Kommen Sie, Miss Duvall«, sagte er munter, »es wird Zeit dass wir uns ein wenig unters neugierige Volk mischen.«
    »Wirklich? Muss das sein?«, wandte Vivien ein und ließ sich nur zögernd von ihm wegführen. Ihre Angst vor den unbekannten Menschen war nicht kleiner geworden. Im Gegenteil. Schließlich würde sie nie genau wissen, wer Freund und wer Feind war. »Ich glaube, ich brauche eher dringend etwas zu trinken. Ein großes Glas Wein wäre gut.«
    »Später können Sie so viel Wein trinken, wie Sie vertragen. Jetzt kommen Sie erst mal mit.« Grant zog sie weiter hinter sich her.
    Um ihre wirkliche Stimmung zu verbergen, machte Vivien ein möglichst unbeteiligtes Gesicht. So näherten sie sich einer Gruppe von Ladies und Gentlemen, die sich ebenfalls alle Mühe gaben gelangweilt auszusehen. Man stellte sich allgemein vor. Es handelte sich um Lord und Lady Wenman, Lord Fuller und Mrs. Marshall. In dem Moment da sie Vivien ansichtig wurden, war ihre Langeweile wie weggeblasen. Da sie sich gleichzeitig nicht nachsagen lassen wollten, dass sie sich mit jemandem wie Miss Duvall abgaben, unterhielten sie sich hauptsächlich mit Grant.
    Zum Glück, dachte Vivien, die auf diese Weise nicht viel sagen musste. Vivien beobachtete Grant. Sein Gesicht war offen und freundlich, aber er schien auf der Hut, als würde er seinen jeweiligen Gegenüber mit jedem Wort abschätzen wollen.
    Viviens Blick wanderte zu Lord Wenman, der trotz seiner offenkundigen Nervosität versuchte, Haltung zu bewahren. Das ständige Wippen auf den Fußballen verriet seine wahre Stimmung. Auch er drehte nun leicht den Kopf und sah sie mit einer Unverschämtheit an, die Vivien schockierte. Wenman, überlegte sie. Sie konnte sich nicht an das Gesicht erinnern, aber der Name sagte ihr etwas.
    Wo war er ihr bloß untergekommen?
    Im nächsten Augenblick führte Grant die dankbare Vivien von dieser Gruppe weg und stellte sie Vicomte Hatton vor. Er schien ein in Ehren ergrauter Herr zu sein und hatte ein Gesicht wie zerknittertes Papier. Obwohl er deutlich um Freundlichkeit bemüht war, konnte Vivien die Mischung aus Anklage und Peinlichkeit in seinen Gesichtszügen nicht übersehen. Und dann fiel es Vivien wieder ein. Sowohl Hatton als auch Wenman tauchten in dem ekelhaften Buch auf, das ihr Grant gezeigt hatte.
    Sie hatte also mit diesen Männern Affären gehabt. Mit dieser Erkenntnis kam Vivien auch das plötzliche Gefühl, von eiskaltem Hauch angeweht zu werden. Sie fröstelte. Es war schlimm genug, die eigenen Sünden in allen Details in einem Buch nachlesen zu müssen, aber den Männern, mit denen sie bezahlten Sex hatte, von Angesicht zu Angesicht zu begegnen, war noch viel schlimmer. Mit wie vielen Männern auf diesem Ball mochte sie noch, geschlafen haben? Sie zwang Grant unauffällig, sie anzusehen, und versuchte ihm zu signalisieren, dass sie nicht länger bleiben wollte.
    Doch bevor Grant hätte reagieren können, trat ein Mann mit kleinen pechschwarzen Augen und zerfurchtem Gesicht hinzu. Im Gegensatz zu den anderen männlichen Gästen versuchte dieser Mann nicht einmal so zu tun, als kenne er Vivien nicht. Er trat geradezu aufdringlich vor sie hin, nahm auf sehr unangenehm vertrauliche Art ihre Hände in die seinen und schien gar nicht zu bemerken, dass Grant neben ihm eine bedrohliche Haltung einnahm.
    »Vivien! Verdammt ich kann es gar

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