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Schicksalsfäden

Schicksalsfäden

Titel: Schicksalsfäden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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locken.«
    »Gut.«
    Zögernd mischte er sich mit ihr unter die anderen Tänzer, die zu einer Walzermelodie hin und her wogten. Trotz ihrer inneren Anspannung musste Vivien kichern. Grants Behauptung, kein besonders guter Tänzer zu sein, war keine falsche. Bescheidenheit gewesen. Eher eine Untertreibung. Er führte sie, wie ein Kind seine Lumpenpuppe führen würde.
    Trotzdem kamen sie auf diese Weise den Türen zum Garten immer näher. Dabei konnte Grant seinen Blick einfach nicht von Viviens feuerrotem Haar abwenden. Nein, beim Tanzen fühlte er sich nicht wohl. Er hatte Angst ihr auf die Füße zu treten, Angst sie durch seine Tollpatschigkeit für immer zu verkrüppeln. Auch Vivien hatte wohl ihre Befürchtungen, denn sie tanzte steif und wortlos – da meinte er plötzlich ein Schluchzen zu vernehmen.
    Erschrocken nahm er ihr Kinn in seine Hand und blickte ihr ins Gesicht. Ihre Lippen bebten, ihre Augen glänzten feucht. Aber sie weinte nicht sie versuchte ein Lachen zu unterdrücken.
    »Sie sind wirklich ein grauenhafter Tänzer«, gluckste sie und biss sich auf die Lippen, um nicht laut loszuprusten.
    Grant schien etwas beleidigt und grummelte nur: »Hab ich Ihnen ja gesagt.«
    »Es ist nicht nur Ihre Schuld. Sie brauchen einfach einen größeren Partner. Wir passen einfach nicht zusammen«, sagte sie mit einem sanften Kopfschütteln.
    »So wird es wohl sein.« Aber Grant war gar nicht ihrer Meinung. Oder anders ausgedrückt: Es war ihm egal, dass sie kleiner war als er. Er liebte ihre Beine, ihre Hüften und ihre zarten kleinen Hände … er liebte das Gefühl, sie in seinen Armen zu halten … liebte alles an ihr. Die Erkenntnis machte ihn himmelhoch jauchzend und gleichzeitig zu Tode betrübt. So vielen Frauen war er in seinem Leben begegnet … warum denn musste er ausgerechnet diese lieben?
    Die Musik schwoll an, ging ihrem Höhepunkt entgegen, die Tanzfläche füllte sich immer mehr. Grant drängte Vivien nun gezielt in Richtung Tür. »Gehen Sie jetzt«, raunte er. »Gerard wartet schon.« Sie lösten ihre Hände langsam voneinander, und Grant gab ihr Rückendeckung, während sie im Dunkel der Nacht verschwand, um ihren ehemaligen Geliebten zu treffen.

Kapitel 10
    Hinter dem Haus fiel das Gelände in drei Terrassen zum großen Garten ab. Diesen erreichte man über zwei weit geschwungene Freitreppen an den Flügeln der Terrassen, die auf ein schmiedeeisernes Tor zuliefen, den eigentlichen Eingang zum Garten. Es war ein altmodischer Garten mit Springbrunnen, Heckenskulpturen und stilisierten Bronzeurnen, der ein bisschen an die Gärten französischer Königsschlösser erinnern sollte.
    Auch nachdem sich Vivien an das Dunkel gewöhnt hatte, konnte sie zunächst keine Spur von Lord Gerard entdecken. Also ging sie vorsichtig die Stufen zum Garten hinab, obwohl Grant sie zuvor gewarnt hatte, die Terrasse zu verlassen. Sie hatte keine Wahl, dachte Vivien. Am Fuße der Treppe angekommen, atmete sie tief durch und lauschte den Geräuschen der Nacht. Laub raschelte. Ein Uhu schrie.
    »Vivien!«, flüsterte in diesem Moment jemand nahe bei ihr. »Hier entlang!« Eine Hand griff durch die eisernen Stäbe des Gartentors nach ihr. Es war Lord Gerard.
    Vivien würde sich also noch weiter in den Garten hineinwagen müssen. Würden Grant und seine Runner ihr folgen können, oder wäre sie Gerard hilflos ausgeliefert wenn es zum Schlimmsten kam? Vivien schlüpfte durch das Tor und stand vor ihm. Im fahlen Mondlicht hatte seine Erscheinung etwas geisterhaft formloses, sein Gesicht war leichenblass. Dennoch betrachtete Vivien den Mann vor sich genau, versuchte ihn einzuschätzen. Denn wenn sie mit Gerard im Bett gewesen war, oft im Bett gewesen war, müsste sie sich nicht an irgendetwas erinnern? Aber weder seine Erscheinung noch seine Stimme hatten in ihr irgendwelche Geister der Vergangenheit geweckt.
    Lord Gerard machte eine Bewegung, als wolle er Vivien umarmen, aber sogleich wich sie einen Schritt zurück.
    Darüber konnte Gerard nur lachen.
    »Ach, Vivien, du bist neckisch wie immer«, raunte er. »Mein Gott, wie ich dich vermisst habe.«
    »Ich habe nicht viel Zeit«, erwiderte Vivien und zog eine Schnute. »Nachdem ich so lange nicht in der Stadt gewesen bin, muss ich eine Menge Klatsch und Tratsch nachholen.«
    »Aber wo warst du denn nur die letzten Wochen? Komm schon«, tat er vertraulich, »einem alten Freund kannst du es doch sagen.«
    »Sie sind also mein Freund«, stellte Vivien die Gegenfrage.
    »Wenn

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