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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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vibrierte sichtbar.
    »Wenn die ersten Gäste auftauchen«, rief Nutbeem, »reißen wir das Plastik herunter.«
    In den Küchenschränken suchten sie vergebens nach einer Schüssel, die groß genug für dreißig Tüten Kartoffelchips war.
    »Was ist mit dem Faß in der Dusche?« schrie Quoyle. »Nur für heut abend. Groß genug ist es.«
    »Genau! Und nimm dir ein Bier! Nutbeems Abschiedsparty ist offiziell eröffnet!« Und während Quoyle Kartoffelchips in das von Seife verschmierte Faß schüttete, schickte Nutbeem ein langgezogenes Geheul in die Nacht.
    Durch das mit lachsrosa Vorhängen gerahmte Aussichtsfenster sahen sie über die schmale Brücke eine Reihe von Scheinwerfern näher kommen. Das Bier in Quoyles Flasche zitterte unter den Schlägen der Musik. Nutbeem sagte etwas, das unmöglich zu verstehen war.
    Tert Card kam als erster durch die Tür und torkelte gegen den Tisch mit den Partytellern. Er hielt eine Flasche Rum um-klammert, trug eine Bergsteigermütze aus Leinen, die seinen Kopf in den einer riesigen Albinoameise verwandelte. Er rupfte an der Plastikverpackung, schnappte sich eine Handvoll Schinken und schob sie sich in den Mund. Ein ganzer Schwung Männer kam hinter ihm herein, schreiend und schwankend, und als wären sie bei einem Schinken-und-Käse-Freßwettbewerb, schnappten sie sich Essen von den Partytellern. Schoben Kartoffelchips in sich hinein, als würden sie Bratgeflügel stopfen.
    Der Wohnwagen schaukelte auf seinen Fundamenten aus Schlackenstein. Mit einemmal war der Raum so voll, daß die Flaschen über die Köpfe von Hand zu Hand weitergereicht werden mußten.
    Tert Card war neben ihm. »Ich muß dir was erzählen«, schrie er und prostete Quoyle mit einem Becherglas mit gesplittertem Rand zu. Aber verschwand, bevor er weiterreden konnte.
    Quoyle fing an, sich auf wilde, lockere Art zu amüsieren, die Knoten der Vaterschaft für den Abend gelöst, die Gedanken an Petal und Wavey ruhiggestellt. Er war als Erwachsener erst auf zwei oder drei Partys gewesen und noch nie auf einer, wo sämtliche Gäste Männer waren. Gewöhnliche Partys, dachte er, waren subtile Spiele sexuellen und gesellschaftlichen Federballs; das hier war etwas ganz anderes. Es herrschte eine wüste Ausgelassenheit, die mehr mit einer Schlägerei auf einem Parkplatz hinter einer Hafenspelunke gemein hatte als mit einem fröhlichen Lebewohl für Nutbeem. Ein ranziger Geruch nach Tabak, Rum und ungewaschenen Haaren. Vor ihm hüpfte wieder Tert Cards Bergsteigermütze auf und ab, als würde dieser Kniebeugen machen. Er wischte sich mit dem Unterarm über die Augenbrauen.
    »Jeder fragt mich nach dem haarigen Teufel«, brüllte Tert Card, »aber dir will ich’s sagen.«
    Quoyle bekam die Worte des endlosen Monologs kaum mit. »Als mein Vater als junger Mann in Labrador war...Wurde immer Skit Card genannt, weil er Linkshänder war. Sagte, er hätte das Gefühl, als wär’ bei ihm in der Nähe ein Loch unterm Schnee. Vorsichtig gehen oder… reinfallen und nach unten wirbeln. Er ging vorsichtig...gespenstisch. Eines Tages holt er seinen Kumpel Alphonse ...Sie kommen ins Lager ... Alphonse sagt...› Hat keinen Zweck, ich geh’ zurück.‹ Vater überredet ihn… › Bleib bis Tagesanbruch‹ … legen sich hin. Am Morgen war Alphonse verschwunden. Seine Spuren… geradeaus. Dann nichts… die Spuren verschwunden, der Schnee unberührt.«
    Ein Mann mit einem fleischigen Gesicht von der Größe und Gestalt eines fünfzehn Pfund schweren Schinkens schob sich vor Quoyle. Obwohl er schrie, klang seine Stimme weit weg.
    »Hallo, Quoyle, Adonis Collard. Schreibe die Restaurantkolumne. Wollte bloß hallo sagen. Komm’ nicht oft nach Killick-Claw rauf. Bin unten in Misky Bay. Wegen der Restaurants. « Die Menge wogte, und Quoyle wurde in die Nähe der Bierwanne geschoben. Nutbeems Hifi-Anlage gab entsetzlich tiefe Schnarch- und Sägegeräusche von sich. Dann wieder Tert Card, dem ein Stück Schinken aus dem Mund hing.
    »Vater holte sich eine Stange. Stocherte rum, wo die Spuren aufhörten. Mit einemmal ein Geräusch, als würd’ ein Korken rausgezogen ...ein tiefer blauer Schacht in die Tiefe … polierter Stahlzylinder. Er wirft den Stecken rein. Pfiff wie ein Rennschlitten.«
    Jemand schob sich zwischen sie, und Quoyle versuchte, sich zum Eingang durchzuarbeiten, benutzte die Ellbogen wie Ruder. Aber wieder stand Card vor ihm.
    »Mit einemmal ist was hinter ihm. Wie ein Hockeypuck sprang ein haariger Teufel in das Loch

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