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Schiffsmeldungen

Titel: Schiffsmeldungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Annie Proulx
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vergaß, daß es kaputt war.
    »Es geht nicht, Dad«, schluchzte Sunshine.
    »Ich find’s scheußlich hier.« Bunny, die mit ihren abgewetzten Schuhen gegen die Wand trat. »Ich will Boot fahren. Ich will das grüne Haus herrichten, wo die Tante geboren ist, und ein eigenes Zimmer haben. Ich feg’ auch den Boden, wenn wir gehen, Daddy. Ich mach’ alles.«
    »Gehen wir zum Abendessen«, murmelte Quoyle. »Ich pack’ das jetzt nicht.«
    »Der Speisesaal ist für das Publikum geschlossen. Heute ist das Essen von der Curlingmeisterschaft. Sie haben uns einen Fischeintopf gemacht, aber wir müssen ihn uns selber holen und ihn hier auf dem Zimmer essen.«
    »Ich will Fleisch«, sagte Bunny. »Ich will Fleischeintopf.«
    »So ein Pech«, sagte die Tante recht heftig, »steht nicht auf der Speisekarte.« Bei sich sagte sie: Friß Fisch oder stirb.
     
    Tert Card mit rotem Hemd und weißer Krawatte am Telefon. Billy Pretty am anderen Apparat. Billy lachte, würgte dunkle Sätze hervor, die Quoyle nicht verstand, fast eine andere Sprache. Trommelnder Regen, die Bucht getüpfelt. In der Ecke röhrte der Gasofen.
    Quoyle sah Nutbeem an. »Ist ein Kerl namens Dennis Buggit mit Jack verwandt? Ein Zimmermann? Die Tante redet mit ihm, daß er das alte Haus herrichtet. Wir müssen etwas unternehmen. In dem verfluchten Motel können wir nicht länger bleiben. Und die Straße hinaus zur Landspitze ist übel, aber in Killick-Claw gibt’s nichts zu mieten. Ich weiß nicht, was wir tun werden. Ich ziehe wieder in die Staaten, bevor ich ein Boot kaufe.«
    Nutbeem zog sein Kinn nach unten, hob mit gespieltem Schrecken beide Hände hoch. »Sie mögen keine Boote? Kann recht nett sein, wissen Sie. Ganz praktisch in einer Gegend, wo alles aus Küste und Buchten und wenig Straßen besteht. So bin ich hier gelandet, wissen Sie, wegen meinem Boot. Die Pluckerwank. Ich nenne sie so, weil sie elump ist.« Nutbeems beiläufiges Geschwätz. Theatralische Reden wie bei einem Wahlkampfauftritt, im Augenblick ganz dringlich, aber bis zum nächsten Morgen vergessen, der Redner unterwegs zu einem anderen Ort.
    Quoyles Notizblock an den Teebecher gelehnt, ein halb-fertiger Absatz über einen Lkw-Unfall in der mechanischen Schreibmaschine. Alle anderen hatten einen Computer.
    »Sie kriegen einen, wenn ich Ihnen einen gebe«, hatte Jack Buggit gesagt. Aber nicht auf die gemeine Art.
    »Dennis ist Jacks jüngster Sohn«, sagte Tert Card, der alles hörte, und beugte sich zu ihnen, daß sein Mundgeruch durchs Zimmer schwappte. »Er kommt mit dem Alten nicht gut aus. War früher der Augapfel von dem Alten, vor allem nachdem er den armen Jesson verloren hatte. Man kann nie wissen, Jack könnte es falsch auffassen, wenn Dennis für Sie arbeitet. Aber auf der anderen Seite auch wieder nicht.« Das Telefon trillerte wie eine Spielzeugpfeife.
    »Das ist er«, sagte Card, der das immer wußte, und nahm den Hörer ab.
    » Gammy Bird! Jo, okay. Verstanden, Käpt’n.« Legte auf, wirbelte auf seinem Stuhl herum, schaute auf das trübe Meer hinaus. Lachte. »Billy! Was meint ihr. Er ist oben im Haus mit Ohrenweh auf beiden Seiten. ›Mich bekommt ihr erst morgen oder übermorgen wieder zu Gesicht‹, sagt er.«
    »Ich hab’ gedacht, diesmal sind’s gebrochene Rippen«, sagte Nutbeem. »Ohrenweh ist gut. Das hatten wir noch nicht.« Das Telefon klingelte.
    »Gammy Bird! Jo, okay, okay. Ihre Telefonnummer? Moment mal. Nutbeem, die Tankstelle von Marcus unten in Four Hands Cove steht in Flammen. Übernimmst du das?«
    »Warum besorgen Sie sich kein Boot, Quoyle?« rief Billy Pretty aus seiner Ecke. Er hatte zwei Waschkörbe auf seinem Schreibtisch stehen, einen aus Plastik und einen aus handgeflochtenem Rohr.
    Quoyle tat so, als hätte er ihn nicht gehört. Doch Nutbeem am Schreibtisch nebenan konnte er nicht ausweichen. Der schob sein Radio beiseite und blickte Quoyle aufgeregt an. Sein Gesicht legte sich in Falten, seine Finger schlugen einen Takt, ein Überbleibsel seiner Zeit in Bahia, wo er von foxés und bloco afros magnetisiert war, Musik mit Trommeln und Metallzylindern, paillettenblitzenden Zimbeln, abgehacktem Kastagnettengeklapper. Nutbeem unter dem Einfluß des Mondzyklus. Hatte etwas von einem Werwolf. Bei Vollmond platzte er, redete sich leer, machte Fitneßübungen dergestalt, daß er in der Starlight Lounge tanzte und sich prügelte, und verfiel dann langsam wieder der Kontemplation.
    Vor Bahia, sagte Nutbeem, habe er in Recife herumgehangen, für

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