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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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voller Diamanten und Bestechungsgelder, die von verzweifelten Häftlingen stammten.
    Es sprach sich im Lager herum, daß Chilowicz am Tor gefaßt worden war, und man hörte das mit der gleichen Verblüffung, mit der man im Vorjahr von der Erschießung Spiras und der übrigen Leute vom Ordnungsdienst gehört hatte. Welche Auswirkungen das für die Häftlinge haben würde, konnte noch niemand ermessen.
    Chilowicz und seine Clique wurden einer um den anderen an Ort und Stelle erschossen. Göth selber, jetzt ungeheuer fett,, schnaufend und gelb verfärbt seiner kranken Leber wegen, setzte Chilowicz die Pistole ins Genick. Anschließend wurden die Leichen auf dem Appellplatz zur Schau gestellt, jede mit einem Plakat auf der Brust, auf dem zu lesen stand:
    WER DAS GESETZ BRICHT, HAT MIT EINER GERECHTEN STRAFE ZU RECHNEN!
    Daß die Häftlinge sich bei diesem Anblick ihre eigenen Gedanken machten, versteht sich von selber.
    Göth verbrachte den Nachmittag mit dem Diktat zweier Berichte, einen für Koppe, den anderen für die Amtsgruppe D von Obergruppenführer Glücks. Er schilderte darin, wie er einen Aufstandsversuch subversiver, noch dazu bewaffneter Elemente im Lager Plaszow im Keim erstickt habe, indem er die Anführer erschoß. Da seine deutsche Schreibkraft nicht verfügbar war, ließ er Pemper holen. Als dieser eintraf, beschuldigte Göth ihn rundheraus, an dem Ausbruchsversuch beteiligt gewesen zu sein. Pemper war verblüfft und wußte darauf nicht zu antworten. Er blickte an sich herunter, sah sein aufgeschlitztes Hosenbein und fragte bloß: »Wie hätte ich denn draußen in diesen Fetzen überleben sollen?«
    Göth war mit dieser arglosen Antwort zufrieden. Er gab Pemper genaue Anweisungen, wie er die Berichte geschrieben haben wollte. »Ich erwarte erstklassige Arbeit.« Pemper dachte nur: Entweder erschießt er mich wegen eines angeblichen Fluchtversuches, oder er wartet noch damit, bis ich mit diesem Bericht fertig bin. Als er mit den Entwürfen hinausging, rief Göth ihm nach: »Wenn du die Liste mit den Namen der Aufrührer tippst, laß noch Platz für einen weiteren Namen.«
    Pemper nickte nur. Es hatte ihm die Sprache verschlagen. Was sollte er auch sagen? Es war ihm zur Gewißheit geworden, daß in diese freibleibende Zeile nur ein einziger Name eingefügt werden würde: Mietek Pemper.
    Auf dem Weg zur Lagerverwaltung fiel Pemper ganz plötzlich ein Brief ein, den er vor Wochen an Göths Vater getippt hatte, den Verleger in Wien, worin Göth mit rührender Sohnesliebe beklagte, daß sein Vater schon seit dem Frühjahr von einer Allergie befallen war; er hoffe sehr, daß die mittlerweile überwunden sei. Pemper erinnerte sich deshalb an diesen Brief, weil der Kommandant, kurz bevor er ihn diktierte, eine Gefangene, die in der Ablage arbeitete, vors Haus gezerrt und erschossen hatte. Dieser plötzliche Wechsel vom brutalen Mörder zum besorgten Sohn schien Pemper bezeichnend für Göth; wenn er seinem brauchbaren Sekretär befahl, Raum für seinen Namen auf einer Liste von Hingerichteten zu lassen, erwartete er, daß dies auch geschah.
    Pemper ließ den Platz auf der Namensliste frei. Es nicht zu tun, hätte mit absoluter Sicherheit den Tod bedeutet. Im Freundeskreis von Stern war die Rede davon, daß Schindler eine Rettungsoperation größeren Ausmaßes im Sinne habe, aber davon würde er, Pemper, nun nicht mehr profitieren. Er tippte. Und in beiden Berichten ließ er den Platz für seinen Namen frei. Dieser freie Raum bedeutete, daß alles, was er sich nach der Lektüre der Kohlepapiere aus Göths Korrespondenz eingeprägt hatte, vergeblich war.
    Er ging mit den Berichten zu Göth, der beide sorgfältig in Pempers Anwesenheit durchlas.
    Pemper fragte sich, ob auf seiner Brust vielleicht ein Plakat mit der Aufschrift SO STERBEN ALLE JÜDISCHEN BOLSCHEWISTEN befestigt sein würde, wenn man seine Leiche auf dem Appellplatz auslegte, aber Göth sagte unerwartet: »Geh zu Bett.«
    »Herr Kommandant?« fragte Pemper verdutzt.
    »Ich sagte, geh schlafen!«
    Pemper ging. Nach allem, was er gesehen hatte, konnte Göth ihn nicht am Leben lassen. Aber vielleicht hatte er es nicht besonders eilig.
    Der auf der Liste freigelassene Platz war, wie sich dann herausstellte, dem Namen eines ältlichen Häftlings vorbehalten, der sich mit Hujer und John auf zweifelhafte Geschäfte eingelassen und angedeutet hatte, er besitze außerhalb des Lagers einen Vorrat an Diamanten.
    Göth ließ sich gegen das Versprechen, den Mann

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