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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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»Selbstverständlich schicke ich einen Lkw!«
    Schindler gab dem Ukrainer einen Zettel für Bankier und Garde mit. Während man auf die Schläuche wartete, war Göth von diesem neuen Spiel so hingerissen, daß er erlaubte, die Türen aufzuschieben und die Leichen aus den Waggons zu werfen. Auch ließ er mit Wasser gefüllte Eimer herumreichen. Die herzugetretenen SS-Offiziere und Unterführer waren gutmütig amüsiert: »Was meint er bloß, was er damit ausrichten kann?« Als die langen Schläuche kamen und alle Waggons besprengt worden waren, nahm diese lustige Begebenheit eine andere Qualität an. Schindler hatte von Bankier einen Korb mit Delikatessen und Schnaps herausschicken lassen, und den überreichte er nun ganz offen dem SS-Transportführer im letzten Waggon. Er machte keinen Versuch, das zu vertuschen, und der Mann war denn auch etwas betreten, verstaute den Korb aber rasch genug im letzten Wagen in der Hoffnung, von keinem der anwesenden Offiziere gemeldet zu werden. Es schien ja auch, als könne dieser Zivilist sich beim Kommandanten alles herausnehmen, und der Mann hörte ihm also aufmerksam zu, alsSchindler sagte: »Machen Sie bitte bei jedem längeren Halt die Waggontüren auf.«
    Zwei Überlebende dieses Transports, die Ärzte Rubinstein und Feldstein, haben Schindler Jahre später bestätigt, daß jener SS-Unterführer auf der Fahrt nach Mauthausen wiederholt die Türen öffnen und Wasser unter den Häftlingen verteilen ließ. Für die meisten war das selbstverständlich nur ein kurzer Trost vor dem baldigen Tod.
    Während Schindler, begleitet vom Gelächter der SS, am Zug entlanggeht und für Erleichterungen sorgt, die ja eigentlich sinnlos sind, ist nicht mehr zu übersehen, daß er nicht so sehr tollkühn als vielmehr besessen ist. Göth begreift, daß eine Veränderung in seinem Freund vorgeht. Erst die Schläuche, dann noch längere Schläuche, dann die Bestechung des Transportführers vor aller Augen - es hängt an einem Haar, daß die Stimmung umkippt und Schindler von einem der Anwesenden bei der Gestapo gemeldet wird, und das wäre dann eine Anschuldigung, die man nicht mehr unter den Teppich kehren kann. Schindler würde nach Montelupich gebracht werden und vermutlich in Auschwitz enden. Göth war auf einmal entsetzt darüber, daß Schindler diese lebenden Leichname behandelte, als wären es arme Verwandte, die zwar dritter Klasse reisen müssen, aber doch irgendwie da ankommen werden, wo sie hin wollen.
    Kurz nach 14 Uhr zog die Lokomotive die Waggons auf die Hauptstrecke, die Schläuche wurden eingerollt, Schindler fuhr Göth samt Sattel zu seiner Villa. Der Kommandant sah, daß Schindler noch immer vor sich hin brütete, und zum ersten Mal, seit er ihn kannte, gab er ihm einen Rat fürs Leben: »Nicht alles so ernst nehmen. Sie können sich nicht um jeden Transport kümmern, der hier abgeht.«
    Auch der Ingenieur Garde im Nebenlager Emalia bemerkte Anzeichen einer Veränderung an Schindler. Am Abend des 20. Juli wurde Garde von einem SS-Mann aus der Baracke geholt: Direktor Schindler wolle ihn sofort dienstlich in seinem Büro sehen.
    Schindler saß am Radio, vor sich auf dem Tisch eine Flasche und zwei Gläser. Hinter dem Schreibtisch hing seit kurzem eine Landkarte von Europa. Zu Zeiten der deutschen Offensiven hatte da nichts gehangen, Schindler schien sich erst für den Kriegsverlauf zu interessieren, seit die Front mehr und mehr nach Westen vorrückte.
    Er hatte den Deutschlandsender eingestellt, nicht wie üblich die BBC. Man hörte anfeuernde Musik, wie immer vor wichtigen Verlautbarungen. Schindler bedeutete Garde, sich hinzusetzen und schenkte ihm zu trinken ein. »Ein Attentat auf Hitler«, erklärte er dabei. Er hatte die Meldung schon vorher gehört und auch, daß Hitler das Attentat überlebt habe. Angeblich würde er selber zum deutschen Volk sprechen. Aber noch war nichts dergleichen geschehen, und die Ankündigung war vor Stunden durchgekommen. Außerdem wurde viel von Beethoven gespielt, ganz wie bei der Niederlage von Stalingrad.
    Die beiden Männer saßen stundenlang beieinander — das allein war schon Hochverrat: ein Deutscher und ein Jude gemeinsam vor dem Radio, um endlich zu hören, daß Hitler tot sei.
    Garde geriet ebenfalls in einen Rausch der Hoffnung. Ihm fiel auf, daß Schindlers Bewegungen matt waren, so als fühle er sich von der bloßen Möglichkeit, daß der Führer tot sei, bereits erschöpft. Er trank viel und forderte auch Garde immer wieder auf zu

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