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Schindlers Liste

Schindlers Liste

Titel: Schindlers Liste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Keneally
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Niepolomice.
    Bei den Partisanen wollte er Buße tun dafür, daß er sich im Sommer 19 38 für die Nationalsozialisten begeistert hatte. Er wurde in einem Dorf westlich von Krakau erkannt und als Hochverräter erschossen. So wurde er zum Märtyrer.
    Bosko ging in die Wälder, denn einen anderen Weg sah er nicht, Er verfügte nicht über die finanziellen Mittel, mit denen Schindler Funktionäre schmierte. Es paßte zum Charakter dieser beiden Männer, daß der eine nichts besaß, seinen Rang nicht mehr und auch nicht seine Uniform, während der andere stets dafür sorgte, daß er Bargeld und Tauschwaren zur Verfügung hatte. Es sagt nichts für Bosko und nichts gegen Schindler, wenn man behauptet, daß Schindler nur dann das Martyrium erlitten hätte, wäre er als Geschäftsmann gescheitert.
    Aber eben weil Schindler war, der er war, leben heute Menschen wie Wohlfeilers, die Brüder Danziger und Lamus. Weil Schindler war, der er war, gab es dieses aberwitzige Lager in der Lipowastraße, und dort waren, alles in allem, täglich tausend Menschen vor dem Zugriff der SS in Sicherheit. Hier wurde niemand geschlagen, und die Suppe war so dick, daß sie einen am Leben hielt. An dem jeweiligen Charakter dieser beiden Männer gemessen, war der Abscheu, den sie, beide Parteigenossen, gegen das System empfanden, gleich groß, auch wenn Bosko ihn zeigte, indem er seine Uniform in Podgorze ablegte und Schindler sein Parteiabzeichen ansteckte, um Hauptsturmführer Göth in Plaszow Cognac zu bringen.
    Es war später Nachmittag. Schindler und Göth saßen im Salon der Villa des Kommandanten.
    Dessen Freundin Majola, eine zartgliedrige junge Frau, Sekretärin in der Fabrik von Wagner in Krakau, schaute zu ihnen herein. Sie verbrachte ihre Tage nicht in Plaszow, diesem schändlichen Ort, dazu war sie zu empfindsam, und es ging das Gerücht, sie habe Göth gedroht, sich ihm zu verweigern, falls er nicht aufhörte, nach Lust und Laune Menschen zu erschießen. Das kann aber auch eine Ausgeburt der Phantasie von Häftlingen sein, die aus therapeutischen Gründen nach Strohhalmen griffen, die die Erde bewohnbar erscheinen ließen.
    Jedenfalls blieb sie nicht lange. Ihr war klar, daß es ein Gelage geben würde. Was man zu Cognac essen würde — Kuchen, belegte Brote, Wurst -, wurde von Helene Hirsch serviert.
    Die war sichtlich am Ende ihrer Kräfte. Am Abend zuvor hatte Göth sie geschlagen, weil sie, ohne ihn zu fragen, Majola eine Mahlzeit bereitet hatte, und heute hatte er sie fünfzigmal die Treppe hinauf-und hinuntergehetzt, weil er Fliegendreck auf einem Bild entdeckt hatte. Über Schindler hatte sie Gerüchte gehört, sah ihn aber jetzt zum ersten Mal. Der Anblick dieser beiden bulligen Männer, die da in offensichtlicher Eintracht an dem niedrigen Tisch saßen, bot ihr keinen Trost. Sie nahm an nichts besonderen Anteil, denn die Gewißheit ihres Todes stand ihr zu deutlich vor Augen. Ihr sehnlichster Wunsch war, ihre jüngere Schwester, die in der Lagerküche arbeitete, möge überleben. In der Hoffnung, damit das Leben ihrer Schwester zu retten, hielt sie eine Summe Geldes versteckt. Ihre eigenen Aussichten waren mit Geld nicht zu bessern, wie sie meinte.
    Sie tranken in der Dämmerung, tranken noch, als die Gefangene Tosia Liebermann die Frauen in ihrer Baracke wie allabendlich mit dem Wiegenlied von Brahms in den Schlaf gesungen hatte, und tranken weiter, bis Schindler die Zeit für gekommen hielt, Göth in Versuchung zu führen, ihm Mäßigung anzuraten.
    Göth nahm das gut auf. Schindler hatte den Eindruck, als gefalle ihm dieser Vorschlag. Es stand einem Herrscher wohl an, sich maßvoll zu gebärden. Er sah sich bereits einem saumseligen Häftling, der wie alle diese Kreaturen in gespielter Erschöpfung durchs Tor schlich, großmütig vergeben. So wie Caligula hätte versucht sein können, an sich als an Caligula den Guten zu denken, so reizte es den Kommandanten, eine Weile sich selber als Amon der Gute zu sehen. Ganz verließ ihn dieser Gedanke übrigens nie. An diesem Abend, als der goldene Cognac in seiner Blutbahn kreiste und das Lager ihm zu Füßen schlief, gab jedenfalls weniger die Furcht vor Vergeltung den Ausschlag als seine Neigung, Gnade walten zu lassen. Am folgenden Morgen fielen ihm Schindlers Warnungen wieder ein und zusammen mit den schlechten Nachrichten von der Front stimmten sie ihn nachdenklich. Bei Kiew stand es schlecht. Stalingrad war weit weg gewesen, aber Kiew…
    Aus Plaszow war während einiger

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