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Schismatrix

Schismatrix

Titel: Schismatrix Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bruce Sterling
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Das Vasopressin hatte die subkutanen Blutgefäße erweitert.
    Rep-1 verzog das Gesicht und lachte dreckig. »Unser Außenmini hat 'nen Furz im Hirn.«
    »Abtreten, ihr andren Bürger. Der Außenminister und ich haben was zu besprechen.«
    Man stieg durch eine lange hufeisenförmige Innennahtöffnung längs der Leiste und der Innenschenkel in die Raumanzüge. Sekundenschnell waren die anderen (mit einer Ausnahme: Rep-3) aus ihren Anzügen geklettert. Lindsay zog die Verschlüsse und schüttelte die schweren Magnetstiefel ab.
    Die anderen verzogen sich und ließen Lindsay und den Präsidenten allein. Lindsay wühlte sich den Anzug über den Kopf, und während er dies tat, preßte er die rechte Hand innerhalb des unhandlichen Ärmels fest zusammen und trieb sich so eine Injektionsnadel ganz tief in den Handballen. Dann zupfte er die Kanüle heraus und ließ sie in einen der Handschuhfinger treiben.
    Er ließ seinen Anzug zum Lüften offen und klemmte ihn sich unter den Arm. Keiner würde das Zeug anfassen: es war jetzt Lindsays Besitz, und es wies auf beiden Schultern das Diplomatenemblem der FMD auf. Er schwebte hinter dem Präsidenten ein Deck hinauf/hinab und verstaute dort den Anzug in der Wandhalterung.
    Und nun waren die beiden in der »Besenkammer« allein. Im Gesicht des Präsidenten zeichnete sich erregte Besorgnis ab. »Bist du bereit, Soldat? Fühlst du dich okay? Ich meine - ideologisch?«
    »Yessir«, sagte Lindsay. »Mein Entschluß steht fest, Sir.«
    »Dann komm mit!« Sie stiegen über zwei Decks zur Kommandozentrale hinauf. Der Präsident wuchtete sich durch die vollgestopfte Waffenkammer und in die Geschützabteilung.
    Lindsay folgte. Sein Schädel hämmerte, in den diktierten Gefäßen hämmerte rhythmisch das Blut. Er hatte ein Gefühl, als sei er schneidender scharf als zersplittertes Glas. Er holte tief Luft und hievte sich mit den Füßen voraus in die Geschützabteilung. Und damit war er unmittelbar in eine wahnsinnige, sinnwidrige höllische Unterwelt eingetreten.
    »Bist du bereit?«
    »Yessir«, sagte Lindsay. Er schnallte sich selbst langsam in den Skelettsitz fest. Das uralte Geschütz sah ekelhaft aus, war aber beeindruckend. Plötzlich spürte er eine blitzhafte Intuition, eine stählern-kalte Gewißheit daß die Mündung der Waffe auf seinen eigenen Bauch gerichtet sei. Wenn er den Abzug drückte, würde er sich selber in kleine Teilchen zerfetzen.
    Lindsay erinnerte sich an die Prozeduren. Er befand sich in einem Zustand, in dem sie genausogut auch als Mimeogramm in seinem Hirn hätten abgerufen werden können. Er fuhr mit der Hand über die mattschwarze Fläche des Kontrollpaneels und kickte mit einem Tippen auf den Rockerschalter Saft hinein. Der gedämpfte Geräuschpegel, die »Musik«, in der Kommandozentrale in seinem Rücken wurde um eine Oktave dunkler, sobald der Energiedrain einsetzte. Am unteren Rand des gespenstisch-blauen Zielschirms wurden gezahnte bösartige rote Zeilen von Zeichen und Readouts lebendig.
    Lindsays Augen schwammen, er blickte am Bildschirm vorbei. Auf den geriffelten Streben am Geschützlauf lag ein dünner Ölschimmer. Dicke, schwarze, scharfkantige Rippen: die superkonduktionsfähigen Magneten, aus denen eingeweidehafte folienverpackte Stromkabel quollen.
    Eine Porno-Darstellung des Todes. Die Erniedrigung menschlicher Genies, zur erbärmlichen Hure gemacht für den Selbstmord der Spezies.
    Lindsay legte einen Sicherungsschalter um und löste die erste Sicherungsverriegelung. Er steckte die rechte Hand in die Höhlung hinter der Sicherungsklappe. Die Finger umfaßten die Riffelung des Plastikgriffs. Mit dem Daumen kippte er eine weitere Sicherung beiseite. Das Gerät begann zu wimmern.
    »Das müssen wir alle machen«, sagte der Präsident. »Man kann die Verantwortung nicht nur einem überlassen.«
    »Verstehe, Sir«, sagte Lindsay. Er hatte die Wörter geübt. Die Kanone war auf kein Ziel gerichtet. Sie zielte aus der Ekliptik in den leeren galaktischen Raum hinaus. Niemand würde verletzt werden. Lindsay brauchte nichts weiter zu tun, als den Auslösehebel zu drücken. Aber er würde es nicht fertigbringen.
    »Wir verabscheuen das alle«, sagte der Präsident. »Das Geschütz ist sonst immer gesichert und versiegelt, das schwöre ich. Aber wir müssen es einfach haben. Weil man nie weiß, was man bei der nächsten Aktion vor sich hat. Vielleicht den großen Wurf. Die Chance, mit der wir uns in ein Kartell einkaufen können, die uns wieder zu einer

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