Schlachthof 5
Frau und das Pony waren vor Samtdraperien postiert, die mit Wollbällchen eingesäumt waren. Sie waren von dorischen Säulen flankiert. Vor einer Säule stand eine Topfpalme. Das Bild, das Weary hatte, war ein Abzug der ersten obszönen Fotografie der Geschichte. Das Wort Fotografie wurde erstmals im Jahre 1839 gebraucht, und es war auch in diesem Jahr, daß Louis J. M. Daguerre vor der Französischen Akademie die Enthüllung machte, daß ein Bild auf einer Silberplatte, die mit einer dünnen Schicht Jodsilber überzogen war, mit Hilfe von Quecksilberdämpfen entwickelt werden konnte.
Nur zwei Jahre später, 1841, wurde ein Mitarbeiter Daguerres, Andre Le Fèvre, in den Tuileriengärten verhaftet, weil er versucht hatte, einem Herrn ein Bild von der Frau und dem Pony zu verkaufen. Dort, in den Tuilerien, war es, wo auch Weary sein Bild gekauft hatte. Le Fèvre machte den Einwand geltend, das Bild sei hohe Kunst und es sei seine Absicht, die griechische Mythologie zum Leben zu erwecken. Er sagte, die Säulen und die Topfpalme bewiesen das.
Als man ihn fragte, welchen Mythus er habe darstellen wollen, antwortete Le Fèvre, es gebe tausend solche Mythen, bei denen die Frau eine Sterbliche und das Pony ein Gott war.
Er wurde zu sechs Monaten Gefängnis verurteilt.
Er starb dort an Lungenentzündung. So geht das.
Billy und die Männer vom Spähtrupp waren hagere Gestalten. Roland Weary hatte Fett zu verbrennen.
Er war ein glühender Schmelzofen unter allen seinen Schichten von Wolle, Gurten und Segeltuch. Er hatte so viel Energie, daß er sich zwischen Billy und den Spähtruppmännern geschäftig hin und her bewegte und dämliche Botschaften überbrachte, die niemand geschickt und die zu empfangen niemand erfreut war. Auch fing er jetzt an zu glauben, er sei, weil er soviel emsiger war als jeder andere, der Truppführer.
Tatsächlich war ihm so heiß, und er war so fest eingepackt, daß er kein Gefühl für die Gefahr hatte. Seine Vorstellung von der Außenwelt war auf das beschränkt, was er durch einen schmalen Schlitz zwischen dem Rand seines Helms und seinem Schal von daheim, der sein Babygesicht von seinem Nasenrücken an abwärts verbarg, sehen konnte. Ihm war so behaglich dort drin zumute, daß er sich vormachen konnte, er sei zu Hause in Sicherheit, nachdem er den Krieg überlebt hatte, und erzähle seinen Eltern und seiner Schwester eine wahre Kriegsgeschichte — während die wahre Kriegsgeschichte noch in vollem Gang war.
Wearys Version von der wahren Kriegsgeschichte lautete folgendermaßen: Es kam ein großer deutscher Angriff, und Weary und seine Kameraden von der Panzerabwehr kämpften wie die Teufel, bis jedermann außer Weary getötet war. So geht das. Und dann tat Weary sich mit zwei Spähtruppmännern zusammen, und sie wurden sofort enge Freunde und beschlossen, sich zurück zu ihren eigenen Linien durchzuschlagen. Sie wollten schnell vorankommen. Verdammt wollten sie sein, wenn sie sich jemals ergaben. Sie schüttelten einander die Hände. Sie nannten sich »Die drei Musketiere « .
Aber dann fragte dieser verdammte Collegebengel, der so schwächlich war, daß er überhaupt nicht bei der Armee hätte sein sollen, ob er mitkommen könnte. Er hatte sogar nicht einmal ein Gewehr oder ein Messer. Ja, er hatte nicht einmal einen Helm oder eine Mütze. Er konnte nicht einmal richtig gehen — hüpfte auf und ab, auf und ab, machte jedermann verrückt, verriet ihre Stellung. Es war bedauernswert.
Die drei Musketiere schoben, trugen und schleppten den Collegebengel den ganzen Weg zu ihren Linien zurück, so lautete Wearys Geschichte. Sie retteten ihm seine gottverdammte Haut.
Im wirklichen Leben lenkte Weary seine Schritte zurück und versuchte herauszufinden, was mit Billy geschehen war. Er hatte den Spähtruppmännern gesagt, sie sollten warten, während er zurückging, um den Collegebastard zu suchen. Er ging jetzt unter einem niedrigen Ast durch. Dieser streifte die Spitze seines Helmes mit einem Kling. Weary hörte es nicht.
Irgendwo bellte ein großer Hund. Weary hörte auch das nicht. Seine Kriegsgeschichte war an einem sehr aufregenden Punkt angelangt. Ein Offizier beglückwünschte die drei Musketiere, sagte ihnen, er werde sie für den Bronzestern vorschlagen.
»Kann ich sonst noch etwas für euch Jungens tun? « fragte der Offizier.
»Ja, Sir « , sagte einer der Spähtruppmänner. »Wir würden gerne für den Rest des Krieges beisammenbleiben, Sir. Gibt es eine
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