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Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt

Titel: Schlangenspuk - Dorothea K. - Schachmatt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Clauß
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einer fernen Sonne.
    Du hättest hier sein sollen, am ersten Tag , glaubte Salvatore noch einmal Stefanes Stimme zu hören. Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein …
    Noch ehe Salvatore ihn erreichen konnte, riss sich der Archäologe von dem Anblick los, der ihn sekundenlang gelähmt hatte, und stolperte den Hang hinab.
    Als der wissenschaftliche Assistent oben auf dem Hügel ankam, breitete sich die Szenerie des Unglücks vor ihm aus.
    Die Bauhütte hatte mindestens eine halbe Drehung um ihre Längsachse vollführt, denn sie lag da unten auf dem Dach, den schmutzigen hellen Rücken nach oben gestreckt wie ein toter Fisch. Von den geparkten Fahrzeugen war deutlich Salvatores silbermetallicfarbener Mietwagen zu sehen, außerdem eines der beiden anderen Autos, ein heller Fiat. Ein dunklerer Wagen, der noch dort gestanden hatte, als Salvatore und Giulia eingetroffen waren, war von hier aus nicht auszumachen. Vermutlich lag er hinter dem Container verborgen, der von dem Auto gebremst worden sein musste. Die meisten der Balken, die die Hütte gestützt hatten, waren lediglich ein Stück hinabgerutscht, doch eines der dicken Hölzer hatte sich schräg in die Rückwand des Containers gebohrt. Es musste durch die Luft gewirbelt worden sein, als die Hütte kippte.
    Er sah Stefane straucheln und wieder aufstehen. Sah, wie er sich etwas aus dem Gesicht wischte. Schmutz vielleicht. Schweiß. Oder Tränen.
    Der Container wandte ihnen seine Rückwand zu. Das winzige Fenster war durch den Aufprall zerschmettert worden, und dies so gründlich, dass nicht einmal mehr Glasscherben am Rahmen hingen.
    Stefane sah durchs Fenster hinein. Sehr lange Zeit. Salvatore konnte aus der Entfernung erkennen, wie der Hagere jede Ecke der auf dem Kopf stehenden Hütte absuchte.
    Das befremdete ihn. Falls Marcel tot im Inneren lag, die Wände voller Blut, würde er sich dann nicht voller Ekel abwenden? Falls Marcel am Leben geblieben war, würde Stefane es dann nicht eilig haben, ihm zu Hilfe zu eilen? Was in aller Welt veranlasste den jungen Archäologen dazu, das Innere der Hütte in dieser Gründlichkeit abzusuchen?
    Keuchend kam Salvatore unten an und legte seinem Freund vorsichtig die Hand auf die Schulter. Er rechnete mit einer extremen Reaktion.
    Doch Stefane drehte sich nur langsam zu ihm um und sah ihn mit großen, feuchten, staunenden Augen an. „Ein Wunder“, sagte er. „Es ist ein Wunder.“
    „Marcel ist unverletzt?“
    Stefane nickte, und sein Adamsapfel machte eine hüpfende Bewegung.
    Mit sanfter Gewalt schob Salvatore den Hageren zu Seite, um sich selbst einen Eindruck zu verschaffen, wie das Innere des Containers aussah, nachdem es einen oder mehrere Purzelbäume den Hang herab vollführt hatte.
    Wie erwartet, war das Mobiliar vollständig zerstört worden. Die Schreibtische hatten sich gegenseitig zerlegt und tiefe Dellen und Risse in die Wände geschlagen. Der Computer war aufgeplatzt, die Röhre des dazugehörigen Monitors ein scherbenumrahmtes schwarzes Loch. Vielleicht war ein Teil der Bücher und Aufzeichnungen noch zu gebrauchen, einiges davon jedoch war zerfetzt und auseinandergerissen worden. Da es jetzt stärker regnete, füllte sich der Raum rasch mit Wasser, und wenn man nicht schnell handeln würde, konnte man alles, was in diesem Container aus Papier gefertigt war, schon bald vergessen.
    Das alles war nicht verwunderlich.
    Dies alles war es nicht gewesen, was Stefane so lange in die Hütte hatte starren lassen.
    Marcel befand sich nicht im Inneren! Gleichzeitig war die Tür geschlossen, und die Löcher in der Wand nicht groß genug, dass ein Mensch hindurchgepasst hätte. Er konnte also nicht hinausgeschleudert worden sein.
    „Wo ist Marcel?“, presste Salvatore hervor.
    „Er muss … er muss …“
    „… den Container verlassen haben, ehe das Unglück geschah“, vollendete Salvatore den Satz. „Er hat rechtzeitig reagiert, als der Sturm immer stärker wurde. Aber wo ist er hin? Er kann noch nicht weit gekommen sein.“
    Stefane schüttelte den Kopf, und es sollte wohl eine Zustimmung sein.
    Salvatore drehte sich einmal langsam um sich selbst und suchte das gesamte Panorama ab. Von Marcel war nichts zu sehen. Nur von Giulia, die in ihrem schlammverschmierten weißen Jeansanzug angelaufen kam. Ein feiner, spinnwebartiger Blitz überzog den Himmel, und Salvatore hatte das irreale Gefühl, unter einem gewaltigen Netz gefangen zu sein.
    Als nächstes lief er um den Container herum, um nach dem dritten Auto zu

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