Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
garnicht
ihr
Geld. Egal, ob hart verdient oder nicht, es war hinausgeschmissenes Geld.
Falls Lizzy jemals vorhatte, weiterhin Sport zu treiben, nachdem der Melbourne-Job erledigt war, würde sie bestimmt keinen Trainer brauchen, um sich zu quälen. Das Laufband genügte dafür völlig.
Melbourne kam auf die Gruppe zu. Er trug ein eng anliegendes T-Shirt, aus dessen Ärmeln pralle Bizepse hervorquollen, dazu eine schwarze Turnhose und nagelneue Sportschuhe mit dicken Sohlen, deren Zweck wohl darin lag, beim Laufen den Aufprall zu dämpfen. Er war etwa 1,95 m groß und hatte ein schönes, ebenmäßiges Gesicht, bei dem sämtliche Proportionen passten: das Kinn eher kantig als rund, der Mund nicht zu breit, eine kräftige Nase, blaue Augen. Der Schädel war kahl, weil er ihn rasiert hatte, nicht weil er unter genetisch bedingtem Haarausfall litt.
»Du solltest ihn nicht so anstarren«, sagte Cathy. »Das ist viel zu auffällig.«
»Was ist zu auffällig?«
»Die Tatsache, dass dich der Melbourne-Virus befallen hat.«
Der Melbourne-Virus? »Ich will doch bloß herausfinden, was Tausende Frauen an ihm finden. Er hat ja nicht mal Haare auf dem Kopf.«
»Er sieht scharf aus. Dieser Look steht nicht jedem Mann, aber er hat einen schön geformten Kopf. Und die Bartstoppeln runden seine Erscheinung nur noch ab.«
Lizzy versuchte, sich Jared ohne Haare vorzustellen. Obwohl ihr das schwerfiel, zweifelte sie nicht im Geringsten daran, dass Jared mit oder ohne Haare gleichermaßen sexy aussah.
»Meine Damen, wenn Sie miteinander reden können, dann trainieren Sie nicht hart genug.«
Lizzy musste sich zusammenreißen, nicht die Augen zu verdrehen.
»Okay, die Damen«, sagte Melbourne und klatschte dabei in die Hände, um ihre volle Aufmerksamkeit zu erlangen. »Heute werden Sie mit dem Crosstrainer Bekanntschaft machen. Mit diesemGerät können Sie Ihre Arme und Beine trainieren, ohne Knie, Hüften und Rücken allzu sehr zu belasten. Ich möchte, dass Sie alle mit Level acht oder höher beginnen, und erwarte von Ihnen, dass Sie Ihr Bestes geben.«
Die anderen Frauen erhoben sich von ihren Matten und gingen zu den Crosstrainern. Eine von ihnen, ein Jane-Fonda-Verschnitt mit eng anliegendem Trikot und Strumpfhose, rannte bis zum anderen Ende des Raums und sprang auf das erste verfügbare Gerät.
Lizzy fragte sich, ob die Frau womöglich eine heimliche Testkundin war, deren Aufgabe darin bestand, das Personal zu bewerten oder andere Kunden zu inspirieren. Doch dann verwarf sie diesen Gedanken als lächerlich. Testkunden wurden dafür bezahlt, dass sie möglichst diskret in Erscheinung traten. Dieser Jane-Fonda-Klon tat das genaue Gegenteil.
Lizzys Schwester stand dieser Frau in nichts nach. Über Cathy schwebte heute eine energiegeladene Aura. Während Lizzy alle fünf Minuten einen Schluck aus ihrer Wasserflasche nehmen wollte, legte Cathy keine Pause ein, obwohl ihr der Schweiß vom Kinn tropfte. Lizzy konnte sich nicht erinnern, wann sie bei ihrer Schwester zuletzt so viel Begeisterung gesehen hatte.
Bevor Lizzy einen der Crosstrainer besteigen konnte, legte Melbourne ihr eine Hand auf die Schulter und drückte sie.
Am liebsten hätte sie seine Hand weggedrückt, besann sich aber eines Besseren. Schließlich wollte sie sich mit dem Mann zum Schein anfreunden, nicht auf Distanz gehen. »Hallo«, sagte sie verwirrt.
Er schnalzte mit den Fingern, und sie begriff, dass er sie von dem Wochenendseminar in San Francisco wiedererkannte.
»Ich erinnere mich«, sagte er lächelnd. »Das Seminar …« Er drohte ihr spielerisch mit dem Finger. »Sie waren doch diejenige, die mit dem Kopf auf ihrem Rucksack eingeschlafen ist.«
Lizzy reckte den Hals und sah ihm in die Augen. »Woher wissen Sie, ob ich geschlafen habe?«
»Sagen wir’s mal so … ich mach das schon eine ganze Weile und weiß, was um mich herum vorgeht.«
Seine blauen Augen funkelten. Sie sah ihm tief in die Augen, in der Hoffnung, hinter seine Fassade zu blicken und herauszufinden, was er wirklich dachte. Trug er die Schuld an Diane Kramers Verschwinden? Es hatte keinen Zweck. Er hatte diesen naiven, treuherzigen Blick und sah aus wie eine jüngere, größere und kahlköpfige Version von Jack LaLanne, dem Vater der Fitnessbewegung in Amerika – kurzum wie ein Mann, der für seine Arbeit brannte.
»Sie waren übrigens nicht die Einzige, die eingenickt ist«, fügte er hinzu. »Ich musste einfach irgendwie Aufmerksamkeit erlangen.«
»Und dafür haben
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