Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
heranmachte.
Eigentlich hatte sie gehofft, dass Randy sich auf den Weg in Richtung Osten machen würde, zu der leeren Lagerhalle. Doch nachdem er durch das unkrautüberwucherte Grundstück gestapft war, schlug er die entgegengesetzte Richtung ein.
Scheiße. Jetzt musste sie auf Plan B zurückgreifen.
Hayley lief zum Auto zurück, griff nach dem Rucksack auf dem Rücksitz und warf sich den dicken Trageriemen über die Schulter. Sie schloss den Wagen ab und schaute in den Außenspiegel, um sich zu vergewissern, dass die Perücke nicht schief auf ihrem Kopf saß. Dann rannte sie Randy nach.
Völlig außer Atem sah sie ihn nach rechts in die Second Street abbiegen. Sobald er um die Ecke verschwunden war, lief sie soschnell, wie es die Stöckelschuhe mit den acht Zentimeter hohen Absätzen zuließen. Sie war sich nicht sicher, was schlimmer war, die Schuhe oder die Perücke.
Den Blick auf den Boden gesenkt, damit sie ja nicht mit ihren Absätzen irgendwo hängen blieb und sich die Knöchel verstauchte, folgte Hayley ihrer Zielperson in die Second Street. Als plötzlich Stimmen ertönten, schnellte ihr Kopf nach oben.
Sie blieb stehen und lauschte. Mit einem Mal war es so still, dass sie die sprichwörtliche Stecknadel fallen hören konnte – oder in Randys Fall die Nadel einer Spritze.
Sie war ausgesprochen dumm gewesen.
»Hey, Zuckerpuppe.«
Drei Kerle gegen ein Mädchen – nicht gerade das ideale Kräfteverhältnis.
Ohne den Blick von den Männern abzuwenden, ließ Hayley langsam den Rucksack von ihrer Schulter gleiten und griff hinein. Mit jedem Atemzug dachte sie über ihre Optionen nach. Die Ringe an ihren Fingern waren mindestens so gut wie ein Schlagring, wenn nicht sogar besser. Aber gegen den mittleren der drei, einen Schrank von einem Kerl, hätte sie damit keine Chance.
Natürlich konnte sie sich einfach umdrehen und weglaufen. Aber wenn sie ihnen den Rücken zuwandte, konnte sie nicht sehen, wie viele von ihnen sich an ihre Fersen hefteten. Sie musste die Initiative ergreifen und den Größten und Stärksten zuerst ausschalten – den Typen mit dem schmierigen Grinsen, den vier Silberzähnen und den rot-weiß-blauen Sternen, die er sich um beide Augen hatte tätowieren lassen. Die Sterne fand Hayley cool und unter anderen Umständen hätte sie es ihm auch gesagt.
»Suchst du jemand?«, fragte Randy.
»Eigentlich schon. Aber« – sie blickte auf das Straßenschild – »ich hab mich wohl verlaufen.« Sie schloss die vier Finger ihrer rechten Hand um den Griff des Teleskopschlagstocks in ihrem Rucksack. Das Ding maß dreißig Zentimeter und ließ sich per Knopfdruck auf etwas über fünfzig Zentimeter ausfahren. Außerdem hatte sie an jedem Oberschenkel ein Messer befestigt – einsmit Birkenholzgriff und kurzer, etwa acht Zentimeter langer Klinge, das andere ein Armeemesser, ebenfalls klein, aber tödlich. Damit würde sie mit Randy fertig werden – aber nicht mit allen dreien.
Sie trat einen Schritt zurück und überlegte, ob es wirklich sinnvoll war, zum Angriff überzugehen.
Sei vernünftig, dachte sie und wandte sich zum Gehen.
»Was hast du da in deinem Rucksack?«
Hayley bog mit klappernden Absätzen um die Ecke, der Hüne dicht hinter ihr. Scheiße.
Sie ging an der Bushaltestelle vorbei, ließ ihren Rucksack fallen und fuhr mit erhobenem Schlagstock herum.
Der Kerl blieb stehen und grinste noch breiter.
»Dreh um, geh zurück zu deinen Kumpels und lass mich in Ruhe«, sagte sie. »Ich will keinen Ärger.«
»Was du nicht sagst. Ein Mädchen, das so rumläuft wie du« – sein Blick wanderte gierig an ihrem Körper auf und ab – »und noch dazu mitten in der Nacht, so ein Mädchen sucht nicht nur Ärger, sie bittet geradezu darum.« Er schüttelte seinen wuchtigen Schädel. »Nein«, fügte er mit einem glucksenden Lachen hinzu, »lass mich das anders ausdrücken, Süße. Sie bittet nicht nur um Ärger, sie
bettelt
förmlich darum.« Er lachte.
»Falsch. Warum benutzt du zum Hören nicht deine Ohren statt deines Spatzenhirns? Wenn ich wirklich auf einen Trottel wie dich scharf wäre, würde ich mich dann umdrehen und weggehen?«
Der Kerl zeigte mit dem Finger auf Hayley. »Ich wollte nett zu dir sein, aber jetzt hast du meine Gefühle verletzt. Ich lasse es nicht zu, dass eine dahergelaufene Schlampe so mit mir redet.«
Er machte ein paar Schritte nach vorn und ging um die Bushaltestelle herum. Sobald er nah genug herangekommen war, drückte Hayley auf den
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