Schlankheitswahn (Ein Fall für Lizzy Gardner) (German Edition)
an. »Nur gut, dass diese Frau dich beauftragt hat, nach ihrer verschollenen Schwester zu suchen. Sonst würdest du jetzt im Büro sitzen und Gebäck und Rice Krispies essen. Dass du bei deinen Essgewohnheiten nie zunimmst, ist wirklich ein Wunder.«
Lizzy wandte ihre Aufmerksamkeit Melbourne zu, der gerade darauf wartete, dass die beiden zum Rest der Gruppe aufschlossen. Er war heute ganz in seinem Element, dachte sie. »Ihr Körper ist ein Tempel«, sagte er, als sie sich ihm näherten. »Auf unserer heutigen Wanderung wird es sich zeigen, ob Sie den nötigen Antrieb haben, um im Leben erfolgreich zu sein.«
»Meint er das im Ernst?«, flüsterte Cathy.
Lizzy nickte.
Melbourne stand in kerzengerader Haltung vor ihnen. Er trug ein Paar leichte kurze Nylon-Cargohosen mit vielen Taschen und ein dunkles, eng anliegendes T-Shirt, das jeden Muskel an seinem Oberkörper betonte. So wie er aussah, enthielt sein Körper kein einziges Gramm Fett.
Um den Hals hatte er sich ein Baumwolltuch gewickelt und seinen Kopf bedeckte ein beiger Hut mit hochgeschlagener Krempe und Kinnriemen – eine Aufmachung, die eigentlich nicht zu jemandem passte, der eine Gruppe von Anfängern bei einer Wanderung führte.
»Hat jeder sein Wasser dabei?« Ohne auf eine Antwort zu warten, winkte er mit der Hand. »Dann mal los, Leute, Zeit zum Aufbruch. Ich gehe mit meinem gewohnten Tempo voran. Versuchen Sie mitzuhalten, so gut es geht.«
Eine Frau hob die Hand. »Das ist meine erste Wanderung. Falls ich Sie aus den Augen verliere, woher weiß ich dann, welche Richtung ich einschlagen soll?«
Gute Frage, dachte Lizzy.
»Folgen Sie einfach den Markierungen am Wegesrand«, sagte er, »und passen Sie auf Klapperschlangen auf.«
Cathy bekam große Augen.
Eine andere Frau legte mit flottem Tempo los, um mit ihrem furchtlosen Führer Schritt zu halten.
Es dauerte nicht lange, bis Lizzy und Cathy hinter der Gruppe zurückfielen. Mit jedem Schritt, den sie in ihren Oberschenkeln spürte, schmolz Lizzys Motivation dahin wie der Schnee auf den Berggipfeln am Horizont. Sie war völlig außer Atem. »Hat der Kerl noch alle Tassen im Schrank?«
Cathy schüttelte den Kopf. »Er hat viel zu hohe Erwartungen an andere Menschen. Die Hälfte der Gruppe hat er bereits weit abgehängt, aber ich glaube, das interessiert ihn nicht.«
»Ich bin nur froh, dass Andrea Kramer mir gutes Geld dafür bezahlt, dass ich was für meine Fitness tue«, sagte Lizzy. »Reden werde ich mit dem Mann heute wohl nicht mehr können. Es ist wirklich ein Witz.«
Cathy wartete, bis Lizzy zu ihr aufgeholt hatte. »Gab es denn bisher niemanden, der irgendeine Idee hat, wo ihre Schwester sein könnte?«
Lizzy machte eine kurze Verschnaufpause, bevor sie antwortete. »Nein. So wie es aussieht, hat Diane kaum Freunde. Niemand weiß, wohin sie gegangen sein könnte. Das ist doch traurig, oder?«
»Ja, das ist wirklich schlimm, und da muss ich an Hayley denken. Gut, dass das arme Mädchen Menschen wie dich und ihre Tante hat, die sich um sie kümmern.«
Lizzy trank etwas Wasser. »Wovon redest du?«
»Hayley hat mir erzählt, sie hätte mit dir darüber geredet, dass sie bei ihrer Tante einziehen will.«
Lizzy schüttelte den Kopf. »Ich hab keine Ahnung, was du meinst. Wohnt Hayley denn nicht mehr bei dir?«
»Sie ist am Mittwoch ausgezogen und hat mir gesagt, sie würde eine Zeit lang bei ihrer Tante wohnen. Das war einen Tag, nachdem ich ihr gesagt hatte, dass ich es nicht mag, wenn sie mitten in der Nacht verschwindet.«
»Sie hat doch gar keine Tante. Was hast du dir bloß dabei gedacht?«
Cathy zog eine Augenbraue hoch. »Jetzt gib bloß nicht mir die Schuld. Ich habe Hayley bei mir aufgenommen, weil sie Brittany gerettet hat. Ich hab ihr mein Auto geliehen und Kleider und Essen für sie gekauft, obwohl ich zurzeit jeden Cent zweimal umdrehen muss. Das Auto leihe ich ihr immer noch, wenn ich es nicht brauche. Ich bitte sie nur sehr selten darum, mir im Haushalt zu helfen, außer ab und zu die Geschirrspülmaschine ein- und auszuräumen. Das ist alles. Kaum sage ich was zu ihr wegen ihrer nächtlichen Spaziergänge, teilt sie mir einen Tag später mit, sie will ausziehen. Dann hab ich sie gefragt, ob sie mit dir geredet hat, und sie sagte Ja. Ich hab sie gebeten, mir den Namen, die Adresse und die Telefonnummer ihrer Tante zu geben.«
»Und, hat sie dir eine Adresse hinterlassen?«
Cathy nickte. »Ich hab sie in meinem Adressbuch in der Schublade in der
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