Schloss der Liebe
alle Männer hatten Lust auf Bier. Du und ich sind ein wenig herumgelaufen, und du wolltest einen Ausflug in den nahen Wald machen. Wir beide haben weder etwas gegessen noch getrunken. Nur die Männer.«
»Aber wer würde so etwas tun? Glaubst du, allen auf dem Jahrmarkt ist es genauso ergangen?«
»Ich weiß es nicht, aber ich habe Angst, dass es ein tödliches Gift sein könnte.« Er stand auf, nahm sein Pferd bei den Zügeln, führte es von dem holperigen Weg herunter und band es an einen Baum. »Wir müssen sie an einen geeigneten Platz schaffen. Wird es dem Kind schaden, wenn du mir hilfst, sie von hier fortzuschleifen?«
»Nein, überhaupt nicht. Wir müssen uns beeilen.«
Bei den Männern, die zu groß waren, um sie allein zu tragen zu können, bat er Hastings, sie an den Füßen zu nehmen. Die übrigen warf er sich kurzer Hand über die Schulter. Auf einer kleinen Lichtung gleich neben der Straße, die voller Gänseblümchen und Narzissen war, schlugen sie ein Lager auf.
Hastings kniete sich neben Gwent, um ihn zu untersuchen. Sie zog seine Augenlider hoch, roch an seinem Atem, prüfte seinen Herzschlag und drückte die Finger gegen die Ader an seinem Hals. »Ich habe keine Ahnung, was das sein könnte.«
»Ich bin sicher, dass meine liebe Marjorie Euch sagen könnte, was es ist, Hastings.«
Im Bruchteil einer Sekunde hatte Severin sein Schwert aus der Scheide gezogen und stand kampfbereit, jeden Muskel angespannt. Doch er hatte keine Chance. Sie waren umringt von einem Dutzend Männer mit Schwertern und Pfeil und Bogen. In ihrer Mitte stand Richard de Luci, die Arme vor der Brust verschränkt, und betrachtete sichtlich amüsiert die am Boden liegenden bewusstlosen Soldaten.
»Ihr seid tot«, sagte Severin und starrte den Mann ungläubig an. »Lord Graelam de Moreton hat mir gesagt, Ihr wäret tot. Ihr seid auf einem Kaninchenknochen ausgerutscht und mit dem Kopf auf einem Stein aufgeschlagen.«
»Aber Ihr konntet meine Leiche nicht finden, nicht wahr? Ich habe davon gehört und konnte gar nicht mehr aufhören zu lachen. Ich habe lange darüber nachgedacht, was ich mit Euch tun soll, Severin von Louges . . .«
Severin hob den Kopf. »Ich bin auch Graf von Oxborough.«
»Ja richtig, Ihr seid mir zuvorgekommen.« Richard de Luci richtete seine Aufmerksamkeit auf Hastings, die immer noch neben Gwent kniete.
»Ganz im Gegenteil«, widersprach Severin und packte den Griff seines Schwertes fester. »Ihr Vater hat mich ausgewählt. Wäre seine Wahl auf Euch gefallen, hätte er es Euch zweifellos wissen lassen. Ihr seid, wer Ihr seid, und werdet es immer bleiben.«
Plötzlich begann de Luci zu keuchen, das Gesicht wutverzerrt. »Ihr verdammter Hurensohn! Das ist eine Lüge. Der alte Mann war bereits dem Schwachsinn verfallen. Ich weiß genau, dass Graelam de Moreton es war, der ihn dazu gedrängt hat, Euch zu erwählen, o ja, das weiß ich genau. Ich bin es, Hastings, mit dem Ihr hättet vermählt werden sollen. Der Titel des Grafen von Oxborough steht allein mir zu. Genau wie der ganze Besitz, die Landgüter und Dörfer, die jetzt Euch gehören, Severin. War der miese alte Knabe tatsächlich so reich, wie man sagt?«
»Ja, und noch viel reicher«, erwiderte Severin vollkommen reglos, während er beobachtete, wie de Lucis Zorn langsam wieder verrauchte. Fieberhaft dachte er nach.
»Hurensohn«, sagte de Luci erneut, seine Hand an seinem Schwert. Dann hielt er inne und schüttelte den Kopf. Von einem Moment auf den anderen schien er wie ausgewechselt, war wieder ruhig und gelassen. Auch der hungrige, leblose Blick war aus seinen Augen verschwunden. Bedächtig sagte er: »Ich habe es mir wieder und wieder durch den Kopf gehen lassen. Am Anfang dachte ich, dass selbst Euer Tod mir nichts nützen würde, weil der König Oxborough mit all seinen Schätzen und Ländereien an sich ziehen könnte. Er würde einen anderen Gemahl für Hastings bestimmen, und selbst wenn ich Hastings heiratete, nachdem ich Euch erledigt habe, wäre es möglich, dass ich damit den König über alle Maße erzürne. Er könnte nach Vergeltung trachten. Aber dann habe ich eine Lösung für dieses Problem gefunden.«
»Es gibt keine Lösung. Hastings gehört mir. Alles gehört mir und so wird es auch bleiben. Aber Ihr habt meine Männer vergiftet. Werden sie überleben?«
»Ja, warum denn nicht? Marjorie meinte, es würde sie höchstens für einen Tag oder so außer Gefecht setzen. Woher sie so viel über Gift weiß? Sie hat mir
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