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Schloss der Liebe

Titel: Schloss der Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Catherine Coulter
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würde wie beim ersten Mal. Vor ein paar Stunden, als sie an einem der langen Tische gesessen und gefrühstückt hatte, war sie Severins bedeutungsvollem Blick begegnet. »Ich habe es nicht vergessen, Hastings«, hatte er gesagt, »und Ihr auch nicht -das sehe ich in Euren Augen.«
    »Findet Ihr meine Augen so gewöhnlich wie alles Übrige an mir?«
    »Versucht nicht, mich zu reizen. Ich habe Euch bereits gesagt, dass Ihr im Vergleich zu anderen Frauen gar nicht so gewöhnlich seid, vor allem für eine reiche Erbin. Im Gegenteil, Eure grünen Augen sind recht hübsch, zumindest wenn Ihr lächelt. Wenn Ihr über mich spottet, werden sie allerdings dunkel und stechend.«
    Wie war das möglich?
    »Eure Augen dagegen, Severin, sind so dunkel wie das Innere von MacDears Kochtöpfen, finsterer als eine mondlose Nacht - ganz gleich, welcher Stimmung Ihr gerade seid.«
    »Das reicht, Hastings. Meine Augen sind einfach blau, keinesfalls schwarz wie die der Mauren. Und nun wünsche ich ein ordentliches Mahl, um mich zu stärken. Danach werde ich meinen Pflichten nachkommen.«
    Eine Pflicht. Sie war nichts als eine lästige Pflicht. Wie überaus ermutigend. Sie hatte ihm zugesehen, wie er gemessenen Schrittes den Großen Saal verließ und sich im Gehen die Handschuhe überstreifte. Trist war nirgendwo zu entdecken.
    Nun, er sollte sein Festmahl haben. Hastings erhob sich und wischte sich die Hände ab. Sie ging in die Küche, um mit MacDear zu sprechen. Die Küche war ein riesiger Raum, der sich an den Wohnturm anschloss. Der Kamin und drei Öfen sorgten mit ihrer rastlosen Glut dafür, dass es hier immer heiß war. Allen, einer von MacDears Küchenjungen, holte gerade Obstkuchen aus dem Ofen. Nan hackte Gartenkräuter für die Soßen, die später zu Rind und Fasan gereicht wurden. Hugh drehte mit steter Gleichmäßigkeit einen Spieß, auf dem ein Rinderbraten steckte. MacDear bellte Befehle und schwitzte - er schwitzte immer, sommers wie winters.
    Plötzlich hörte sie MacDears dröhnendes, markerschütterndes Lachen und sah, dass Eloise lächelte. Großartig.
    »Ist das Safran, was ich da herausschmecke, MacDear?«
    Sie führte noch einmal den Löffel zum Mund, um die Brühe um den gebratenen Kapaun zu kosten. Sie wurde bereits schön sämig.
    »Glaubst du, Hastings?«
    »Ja. Gleich werdet Ihr mir antworten, dass ich möglicherweise Recht habe. Ihr martert mich, MacDear. Oh,
    Eloise, du lernst, wie man Eier trennt. Das machst du schon sehr gut.«
    »Allen, du nichtsnutziger Lausebengel, jetzt hättest du beinahe den Pfirsichkuchen fallen lassen. Bei der Nase des Heiligen Thomas, ich gebe dir gleich ordentlich was hinter die Ohren, Junge!«
    Eloise wurde so kreidebleich, dass ihre Gesichtsfarbe von dem Eiweiß, das sie eben in eine hölzerne Schüssel hatte gleiten lassen, kaum zu unterscheiden war. Allen reagierte nur mit einem übermütigen Grinsen, aber passte nun besser auf und holte die Asche aus dem Ofen, um noch mehr Kuchen hineinzuschieben.
    »Aber mein Kleines«, beschwichtigte MacDear das Mädchen, ehe Hastings etwas sagen konnte. »Du brauchst keine Angst zu haben, dass ich dir eine Backpfeife geben. Nur bei diesen jungen Rotzlöffeln muss man von Zeit zu Zeit brüllen und drohen, aber doch nicht bei so einem süßen kleinen Küken wie dir.«
    »Das stimmt«, bestätigte Hastings, die nun neben Eloise stand. »Er hat nie die Stimme erhoben, als ich klein war. Damit hat er gewartet, bis ich alt genug war. Du brauchst wirklich keine Angst vor ihm zu haben. Ah, ich sehe, ihr backt Gerstenbrot. Den Teig habe ich stundenlang geknetet. In diesem Punkt ist MacDear streng und unerbittlich. Ich verlasse euch jetzt lieber. Hier riecht es so gut, dass ich vor lauter Hunger mein Abendessen gleich herunterschlingen würde.«
    Im Großen Saal traf sie Severin. Es wimmelte nur so von Soldaten, Knappen, Dienern und Kindern, ergänzt von vier Wolfshunden. Edgar, der Rudelführer, jagte gerade einem Stöckchen nach, das ein kleiner Junge für ihn geworfen hatte. Der Lärm war ohrenbetäubend. Alles war wie immer. Sie lächelte. Es war schwer vorstellbar, dass ihr Vater erst vor einer Woche gestorben war.
    Sie versuchte ehrlich um ihn zu trauern und betete auch für ihn, aber er hatte keine große Lücke in ihrem
    Herzen hinterlassen. Zu wenig hatte er sich zu Lebzeiten um sie gekümmert. Er hatte ihr kaum Zärtlichkeit geschenkt, sondern ihr allenfalls eine Maulschelle gegeben, wenn es ihn überkam oder, was wahrscheinlicher war, das

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