Schloss meiner Sehnsucht
auf ihn ein. „Zur Strafe holst du eine Pizza aus der Kühltruhe – ich kümmere mich um den Salat.“
„Du schickst mich also raus ins feindliche Leben.“
„Nein, nur bis zur Kühltruhe im Keller.“ Kerstin griff schnell nach einem Kimono, hüllte sich darin ein. Vorsicht war besser. Tim konnte unersättlich sein. Das hatte zwar was, aber … erst mal musste sie was essen, schließlich lag das Frühstück schon vierzehn Stunden zurück, seither hatte sie nichts mehr in den Magen bekommen.
Während die Pizza im Ofen aufgebacken wurde, machten sie sich frisch und zogen sich an. Und als dann der Duft von Hefeteig, Tomaten und Käse durch die Wohnung zog, gaben sie sich erst einmal mit Genuss dem Essen hin.
„So was Profanes wird es bei Gloria Ravenstein sicher nicht gaben“, lachte Kerstin.
„Sicher nicht. Sie steht auf Hummer, Jakobsmuscheln und frischen Austern.“
„Igitt, bitte nicht! Ich hasse Austern. Und Hummer... hab ich noch nie einen ganzen gegessen.“ Irritiert sah sie ihn an. „Das kann ich gar nicht, glaub ich.“
Tim lachte. „Musst du bestimmt auch nicht. Soweit ich Frau Ravenstein kenne, lebt sie ganz normal – und so wird auch das Essen sein, das sie serviert.“
„Du hast mich reingelegt, du Schuft.“
„Gnade!“ Lachend hob er beide Hände. „Ach, ich bin heute so gut drauf... ich könnt die ganze Welt umarmen.“
„Na, mir wär’s schon lieber, du beschränktest dich auf mich“, konterte Kerstin trocken.
„Tu ich doch immer.“ Er streckte die Hand aus, nahm ihre Finger und streichelte sie zärtlich. „Übrigens... es gibt Neuigkeiten von Volker“, sagte er. „Hatte ich fast ganz vergessen: Er darf wahrscheinlich schon Ende der Woche nach Hause!“
„Das ist ja herrlich! Ich wünsche ihm so sehr, dass er bald wieder ganz gesund wird.“
„Wird er. Ganz sicher. Er ist eine Kämpfernatur. Und die Liebe zu Melanie gibt ihm noch zusätzlich Kraft.“
Kerstin nickte nur. Sie war nicht ganz so optimistisch wie Tim, aber sie wünschte sich von Herzen, dass Melanie und Volker auch bald so schrankenlos glücklich sein konnten wie sie und Tim.
+ + +
Ein grausam schrilles Klingeln schreckte Oliver von Sternburg auf. Es dauerte eine Weile, ehe ihm bewusst wurde, dass er von der breiten Ledercouch gerutscht war und auf der Erde lag. Und das penetrante Geräusch – es kam vom Telefon und war nur das bekannte dezente Klingeln. In seinen Ohren aber klang es grausam laut. Mühsam rappelte er sich auf und tastete nach dem Hörer.
„Ja bitte.“ Seine Stimme klang belegt.
„Hey, Darling, wie geht’s dir!“
„Vera?“
„Klar doch. Ich bin gerade aus Paris zurück. Es war verdammt hart. Die jungen Dinger... sie sind nicht nur dürr wie Bohnenstangen, sondern auch billiger zu haben für die Modehäuser. Du, ich sag dir, dieser Druck ist ätzend. Ich steig bald aus.“ Die Worte sprudelten nur so über ihre Lippen, dann fragte sie übergangslos: „Wann hast du Zeit? Ich würd dich gern sehen.“
„Ich... also, es geht heute nicht“, wehrte er ab.
„Ach nein? Bin ich schon wieder abgeschrieben?“ Ein Lachen, das nicht ganz echt klang, begleitete ihre Worte.
„Unsinn. Es geht mir nur nicht gut zurzeit.“
„Das ist ja ganz was Neues. Aber gut, dann ruf ich eben Ewald an. Der ist nicht so fad wie du.“ Ewald Steinheuert war ein bekannter Fotograf und in der Münchner Szene kein Unbekannter.
„Tu das. Viel Spaß.“ Ohne ein weiteres Wort legte Graf Oliver auf. Dann schleppte er sich zurück zur Couch und goss sich erst mal einen Drink ein. Dieser Druck im Kopf... seit Tagen quälte er sich jetzt schon damit herum. Und ihm wurde auch immer häufiger schlecht. Vielleicht sollte er wirklich mal einen Arzt aufsuchen, wie Melanie es ihm geraten hatte.
Melanie... sie war ein süßes Ding. Schade, dass sie ihm entwischt war. Es wäre eine amüsante Abwechslung gewesen.
Entspannt lehnte er sich zurück und hoffte, dass der Alkohol die Schmerzen betäuben könnte. Doch auch nach dem dritten Drink verspürte er keine Erleichterung. Zu allem Überfluss klingelte es an der Tür. Und nur, weil er auch diesen Ton als überaus schmerzhaft empfand, rappelte er sich auf und öffnete.
„Ihr... was macht ihr denn hier?“ Überrascht sah er seine Schwägerin und seinen Bruder an. Ihre Gesichter waren ernst, wirkten undurchdringlich. Nora allerdings sah aus, als hätte sie vor kurzem noch geheult. Himmel, sie sollte sich wegen Volker nicht so anstellen, dem ging es doch
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