Schlossblick: Kollers fünfter Fall (German Edition)
keinen Mist!«, fuhr ihn Kurt an. »Wenn der Max diese verdammte
Nummer braucht, dann braucht er sie eben. Also laber nicht rum, sondern gib sie
ihm.«
»Du«, sagte Fred, fuhr seinen Finger aus und fixierte Kurt, so scharf
es mit seinen wasserblauen Glupschaugen ging. »Du bist in dieser Hinsicht der Allerschlimmste.
Dass du es nur weißt.«
Dem Allerschlimmsten entglitten die Gesichtszüge. Sogar seine Dackel
begannen zu knurren.
»Bist du auf Droge, oder was?«, brüllte Tischfußball-Kurt und testete
per Faustschlag die Stabilität des Imbisswagens. »Wir sind doch hier nicht bei der
Heilsarmee! Deinen Fingerspitzenscheiß kannst du dir sonst wo hinstecken!«
»Nun mach mal halblang«, zischte ich. Wie sie uns ringsum angafften!
Die beiden jungen Bockwurstesser hatten das Kauen eingestellt; am Kinn des einen
glänzte ein großer Senffleck. Fred blieb ungerührt, da mochte sein Kumpel toben,
so viel er wollte.
»Ist doch wahr!«, erregte sich Kurt. »Der steht schon viel zu lange
hier unten in der Pampa mit seiner Bruchbude auf Rädern. So was verdirbt den Charakter!
Vorsichtig rantasten, wenn ich das schon höre! Machst du jetzt einen auf Frauenversteher,
Fred? Schieb mir lieber einen Saft rüber, bevor ich mich richtig aufrege!«
»Den kannst du dir wo hinstecken, deinen Saft«, gab Fred zurück,
zog eine Zigarettenschachtel aus seiner Hemdtasche und verließ den Wagen durch den
rückwärtigen Eingang.
»Hast du das gesehen?« Tischfußball-Kurt war fassungslos. »Aufstand
der Kriechtiere, was? Den hänge ich an seinem eigenen Zopf auf, diesen Lurch! Wenn
mir einer meinen O-Saft verweigert, hört der Spaß auf.« Bevor ich ihn daran hindern
konnte, hechtete er kopfüber ins Innere des Imbisswagens, streckte einen Arm aus
und langte nach einer Orangensaftflasche. Die Ablage, auf der sein Gewicht ruhte,
knarrte bedenklich, hielt aber stand. Auch Kurti beendete seine sportliche Showeinlage
ohne erkennbare Verletzungen.
»Keinen O-Saft«, knurrte er. »Wirklich, da hört’s auf, Freunde.«
Die Bockwurstjungs kauten weiter. Auch die anderen Gäste vertieften
sich wieder in ihre Gespräche, die unter Garantie von Kurts waghalsigem Hechtsprung
beherrscht wurden. Coppick und Hansen, da sie sahen, dass ihr Herrchen wieder an
die lebenserhaltende Saftzufuhr angeschlossen war, rollten sich erleichtert zusammen.
Ich zog Kurt ein Stückchen beiseite.
»Wir sollten allzu großes Aufsehen vermeiden«, sagte ich. »Gestern
waren die Bullen bei mir und fragten mir Löcher in den Bauch.«
»Na und? Sollen sie nur!«
»Nee, sollen sie nicht. Wenn die merken, dass ich ermittle, treten
sie mir auf die Füße. Und zwar so, dass ich drei Wochen nicht mehr gehen kann. Ich
habe mir schließlich Schallmos Handy gekrallt. Das finden die gar nicht lustig.«
Missmutig drehte Kurt die Saftflasche in seinen Händen. Dabei brummte
und knurrte er, dass es eine Pracht war. Hundebesitzer sollen mit zunehmendem Alter
ja ihren Lieblingen immer ähnlicher werden. Oder die Hunde ihnen. Grauenhaft.
»Komm, ich erzähle dir lieber, was ich bislang herausgefunden habe.«
In knappen Worten brachte ich ihn auf den aktuellen Stand meiner Ermittlungen. Seinem
Blick nach zu urteilen, war sein Zorn noch nicht verraucht, doch er gab sich alle
Mühe, mir konzentriert zu lauschen. Vergaß sogar, seinen Durst zu stillen. Als er
von Gizem hörte, verzog er sein Gesicht zu einem spöttischen Lachen.
»Anatolien, Spanien – der Schallmo stand wohl auf Exotik, was?«
»So kann man es nennen.«
»Und du? Dir gefällt das doch auch, oder? Komm, gib’s zu, Alter!«
»Dummes Zeug.« Wahrscheinlich erwartete er, dass ich ihm auf Knien
für die Vermittlung eines derart attraktiven Falles dankte. Prickelnde Erotik, Weiber
en masse! Stattdessen erinnerte ich ihn an sein und Freds Versteckspiel mit der
Leiche. Seitdem gab es Polizisten en masse, und sie alle hatten sich auf mich eingeschossen.
»Eine saudämliche Idee war das, Kurt. Rekordverdächtig dämlich. Nur deshalb sind
die Bullen jetzt so misstrauisch.«
»Lass sie doch. Das erhöht ihre Aufmerksamkeit. Konkurrenz belebt das
Geschäft, richtig?«
»Mann, Kurti!«, stöhnte ich. »Kannst du wenigstens einmal ein bisschen
mitdenken? Da oben, Gehirn einschalten!«
»Apropos da oben«, gab er mit zusammengekniffenen Augen zurück. »Irgendwas
ist anders an dir. Du siehst nicht gut aus, Max. Mitgenommen.«
»Ich war beim Frisör.«
»Genau, das ist es.« Er musterte mich kritisch von allen Seiten.
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