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Schlussakt

Schlussakt

Titel: Schlussakt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcus Imbsweiler
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ein philosophisches Argument in eine
Hochsprung-Qualifikation.
    Als klar war, dass das Grüppchen nicht wieder gehen würde,
machte sich Unruhe breit. Fünf Gäste und kein freier Tisch. Dafür zwei Tische,
an denen nur eine Person saß. Die eine Person war ich, die andere ein älterer
Mann mit Hosenträgern. Der Mann sah zu mir hinüber, und als ich mich nicht
rührte, begann er zu schwitzen, stand hastig auf und stellte sich an die Theke.
    »Wollte sowieso zahlen«, murmelte er.
    Die fünf Jungs setzten sich. Der eine roch interessiert an
dem Teller, der auf dem Tisch zurückgeblieben war, der nächste wischte wie
beiläufig mit einem Taschentuch über den verlassenen Stuhl. Sie tippten auf
ihren Handys herum, blätterten in einer Illustrierten. Dann verfielen sie in
Schweigen. Sie sahen sich in der Kneipe um, ab und zu wies einer seine Kumpel
auf ein bizarres Detail hin, aber das geschah ohne Worte, kommentarlos. Man war
sich einig, was man von der Welt außerhalb der Gruppe zu halten hatte.
    Die Bedienung focht das nicht an. Sie war in ihrem
Berufsleben wahrscheinlich schon mit ganz anderen Kalibern fertig geworden.
Außerdem war sie älter als zwei der Jungs zusammen.
    »Bitte?«, schnarrte sie.
    Man orderte. Möglichst ohne Aufwand. Hier ein Nicken, da zwei
erhobene Finger. Dasselbe wie mein Nebenmann. Bringen Sie, was Sie wollen. Aber
dann schien einer von ihnen Schnitzel bestellt zu haben.
    Ich hörte, wie die Bedienung »das letzte« sagte, und sah, wie
sie auf mich zeigte. Fünf Gesichter wandten sich mir zu. Eine prächtige
Gelegenheit, sie alle zu mustern. Jeder der fünf Konfektionsschädel hatte
etwas, was ihn aus der Clique heraushob. Bei dem mit der tiefen Stimme war es
der akkurate Seitenscheitel im Blondhaar, bei seinem Nebenmann eine Hornbrille,
die in den 60er Jahren gezimmert worden sein musste. Auch der jüngste der fünf,
den man sich eher mit einem Hoffenheim-Schal um die schmächtigen Schultern
vorstellen konnte, hatte sich tapfer in einen Markenanzug gequält und den Kopf
rasiert, um so auszusehen wie Nummer vier, aber der Bursche hatte ihm den
spöttischen Blick und die langen Koteletten des Dandys voraus. Der fünfte
widersetzte sich jeder Beschreibung; mit seinem Allerweltsgesicht und seiner
Allerweltsmiene war er derart unauffällig, dass die Geheimdienste dieser Welt
ihre Freude an ihm gehabt hätten.
    Mit vollen Backen kauend grinste ich den Jungs zu. Ich konnte
mir nicht helfen, aber irgendwie kamen mir ihre Gesichter bekannt vor.
    Was sie statt des Schnitzels bestellten, ging in Fattys
Auftritt unter. Freudestrahlend erschien mein dicker Freund in der Gaststube,
winkte mir zu, warf Jacke und Mütze über den Kleiderhaken und stiefelte mir
entgegen. Ringsum Heiterkeit. Sein Antlitz glänzte vor lauter Lebensglück und
Höhensonne speckschwartenbraun, und bloß in zwei großen Kreisen um seine Augen
herum war die Haut weich, rosig und stumpf wie immer. Friedhelm Sawatzki, ein
Waschbär nach der Fütterung.
    »Na, schon mal angefangen?«, rief er und versetzte mir einen
Hieb auf die Schulter. »So ist es recht. Heute wird gefeiert.«
    Beeindruckend, diese gute Laune. Wie ein paar Tage auf
Schweizer Skipisten einen Menschen doch verändern können! Vor der Fahrt hatte
er noch über Gott und die Welt, über seine Arbeitszeiten und den
Turbokapitalismus gejammert. Vielleicht sollte ich mir auch einmal so einen
Urlaub gönnen. Leider kann ich nicht Skifahren.
    »Mensch, wie das hier aussieht«, sagte er. »Das ist ja der
reinste Weltuntergang. Die letzten Tage der Menschheit.«
    »Wenn du das Bier meinst, gebe ich dir recht. Was da hinten
verscherbelt wird, ist allerdings spätestens in zehn Jahren wieder hip.«
    »Und die Jungs dort?«
    »Zoologen.«
    »Zoologen? Ehrlich?«
    »Die besichtigen die aussterbende Spezies der Heidelberger
Traditionstrinker in ihrer natürlichen Umgebung. Aber sie scheinen es sich
spektakulärer vorgestellt zu haben.«
    »Und du?«, rief er, seinen Schulterklaps von vorhin
wiederholend. »Alles paletti? Was macht das Leben, die Liebe, die
Leidenschaft?«
    Gott sei Dank musste ich darauf nicht antworten; die kantige
Bedienung stand an unserem Tisch.
    »Ein Weizenbier«, sagte Fatty. »Und für die Hungerharke neben
mir auch noch eins. Geht alles auf mich.«
    »Zu essen?«
    »Danke, nichts. Ich bin auf Diät.«
    »Gute Wahl«, brummte ich, während die Frau ging. »Nichts
haben sie noch.«
    »Wie schmeckt dein

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