Schlussakt
wird sie auch gefallen, Max …‹ Und wenn nicht? Was dann, Herr
Sawatzki? Ich spürte schlechte Laune in mir aufziehen.
»Wie Zoologen sehen die nicht aus«, murmelte mein dicker
Freund, unverhofft das Thema wechselnd.
Nein, sahen sie nicht, da hatte er ausnahmsweise recht. Wie
verzogene Wohlstandsjünglinge sahen die fünf aus, Söhne von Honorarprofessoren
und Wirtschaftsgutachtern. Und dass sie dauernd zu uns herüberschielten, machte
sie nicht sympathischer. Auch wenn es nachvollziehbar war: Ich hatte ihnen das
letzte Wiener Schnitzel weggefuttert, und Fatty ließ die halbe Ölmühle an den Neuigkeiten von der Liebesfront teilhaben.
»Kennst du die Typen?«, fragte ich ihn.
»Nie gesehen. Du?«
»Gesehen, ja. Vor Kurzem erst. Aber frag mich nicht, wo.«
»Dann frage ich dich was anderes«, sagte er und leerte sein
Glas mit einem langen, innigen Zug. Sollte sich von seinem Durst irgendwie auf
seine Leidenschaft für Eva rückschließen lassen, dann konnte sich die Frau warm
anziehen. »Was gibt es bei dir Neues? Hast du mal wieder einen Auftrag?«
»Habe ich. Und deshalb musst du mich für ein paar Minuten
entbehren.«
Fatty sah mir verblüfft nach, wie ich aufstand und einer
Person ins Freie folgte. Diese Person war der Koch der Ölmühle . Im Gehen
entnahm er seiner Brusttasche eine Zigarette, zündete sie an und inhalierte
kräftig. Draußen blies er den Rauch in die kalte Abendluft.
»Warum rauchen Sie nicht drinnen?«, fragte ich ihn, als ich
neben ihm auf den Treppenstufen vor dem Eingang stand.
»Hab ich noch nie gemacht«, antwortete er. »Gewohnheit.
Brauche den Sauerstoff. Erst ’n Schluck Luft, dann ’n Schluck Rauch, immer
abwechselnd. Und am Ende zurück in die Küche.«
Ich grinste. »Hört sich gesund an. Haben Sie gestern Abend
auch hier gestanden?«
Er sah mich prüfend an. Seine Haare hingen ihm ein wenig
zottelig in die Stirn, er war groß und breitschultrig, aber hager. »Jo«,
brummte er. »Warum?«
»Ich bin auf der Suche nach Leuten, die diesen Mann hier
gestern Abend durch die Plöck spazieren sahen.« Damit hielt ich ihm ein
Passfoto unter die Nase. Bernd Nagel hatte es mir in der Hinterbühne gegeben. Er würdigte es bloß eines kurzen Blickes. »Erinnern Sie sich?«
»Klar tu ich das. Sie sind ja nicht der Erste, der mich
fragt.«
Das hatte ich mir fast gedacht. »Dann wissen Sie
wahrscheinlich, dass es um den Mord im Theater geht. Und um ein Alibi. Können
Sie sich noch an Einzelheiten erinnern?«
»Was für Einzelheiten?«
»An die Uhrzeit zum Beispiel.«
»Das hat der Typ mich auch gefragt. Als wenn ich beim Rauchen
auf die Uhr schauen würde!« Er sog verächtlich Luft ein. Anschließend war
wieder die Zigarette dran.
»Ungefähr vielleicht?«
»Gegen halb zehn. Aber genauer weiß ich es nicht.«
»Woher kam er?«
»Von dort.« Er zeigte in Richtung Unibibliothek.
»Haben Sie ihn auch zurückkommen sehen?«
Er schüttelte den Kopf.
»Ist er vielleicht abgebogen? Hat er sich irgendwie auffällig
verhalten?«
Ärgerlich warf der Koch den Zigarettenstummel in die
Dunkelheit. »Ihr Jungs stellt vielleicht Fragen!«, rief er. »Wieso auffällig?
Was soll der Typ denn angestellt haben? Heute Nachmittag hat er sich auffällig
verhalten, als er mir Löcher in den Bauch gefragt hat, aber gestern doch nicht.
Das kapiert kein Mensch, was ihr euch da zurechtredet.«
»Moment mal. Wer hat Ihnen heute Löcher in den Bauch
gefragt?«
»Na, der Typ da.« Er zeigte auf das Foto.
»Der?«, lachte ich. »Sind Sie sicher?«
»Du hältst mich wohl für bescheuert, was?«, knurrte er und
ging zurück ins Haus. »Ist doch erst ’n paar Stunden her.«
»Und die Polizei war nicht hier?«, rief ich ihm nach. Ich sah
ihn noch die grauen Locken schütteln, dann schloss sich die Tür hinter ihm.
Eine Weile betrachtete ich draußen in der Kälte das Foto,
bevor ich ebenfalls in den Gastraum zurückkehrte. Bernd Nagel hatte also, so
blöd der Wortwitz auch ist, Nägel mit Köpfen gemacht und mir meine Arbeit
abgenommen. Einfach so, weil er mich für einen Versager hielt. Im Prinzip
durfte mich der Schönling halten, für wen er wollte. Trotzdem ärgerte mich sein
Verhalten.
Ich war so in Gedanken, dass ich nicht auf meine Schritte
achtete. Und hast du nicht gesehen, stolperte ich auf Höhe der fünf Freunde
über einen Fuß.
»Sorry«, murmelte ich und ärgerte mich im nächsten Moment
über mich selbst. Was hatte der Fuß des
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