Schmeckts noch
werden gern kalorienreduzierter Ware zugesetzt. Wenn Füllstoffe im Spiel sind, hat der Kunde einfach mehr im Mund. Verdickungsmittel werden Light-Produkten ebenfalls häufig zugesetzt, denn sie binden Wasser, und Wasser macht ja bekanntlich nicht dick. Auch Phosphate binden Wasser: Sie werden bei der Wurstherstellung geschätzt, denn als sogenanntes Kutterhilfsmittel sorgen sie für Schnittfestigkeit (Kutter zerkleinern und vermengen Fleisch, so dass eine feine Masse wie zum Beispiel Brät entsteht). Modifizierte Stärke dickt und bindet ebenfalls. Dabei verhindert sie, dass sich auf Fertigpudding Wasser absetzt.
Pektine hingegen verbessern die Fließeigenschaften von Dips, Chutneys und Barbecuesoßen. In Crème fraîche und Mayonnaise wird durch Pektine die Textur verbessert. Fettreduzierte Margarine erhält durch den Zusatz von Pektin eine bessere Streichfähigkeit. In alkoholfreien Erfrischungsgetränken und kalorienreduzierten Softdrinks sorgen Pektine für ein besseres »Mundgefühl«, denn durch Süßstoffe geht die Vollmundigkeit der Getränke leicht verloren. Pektine gleichen das aus. Sie werden aus pflanzlichen Rohstoffen wie Apfel- oder Rübentrester und Zitrusfrüchten gewonnen. Als Gelier- und Stabilisierungsmittel sind Pektine überall in der Lebensmittelindustrie einsetzbar.
Damit dann alles auch schmeckt, müssen Geschmacksverstärker ins Fertiggericht. Die bekanntesten sind die Glutamate (E 620– 625). Die Industrie setzt auch Salze der Ribonucleinsäuren wie Inosinat (E 631) und Guanylat (E 627) ein. Sie werden entweder aus Zuckerrübenmelasse oder aus Meerespflanzen gewonnen und können auch gentechnisch hergestellt sein. Glutamate sind in Zusammenhang mit dem »China-Restaurant-Syndrom« ins Gerede gekommen, einer bestimmten Form von Übelkeit, die bei empfindlichen Essern immer nach dem Besuch von China-Restaurants auftritt: Sie leiden unter Herzklopfen, Kopfschmerzen, Schwächegefühl und Durchfall. Bei der Zubereitung von Wan-Tan-Suppe wird bekanntlich an Geschmacksverstärkern nicht gespart, und auch in Sojasoße sind hohe Konzentrationen enthalten.
Alle 311 Zusatzstoffe gelten als gesundheitlich unbedenklich. »Doch wie sie in Kombination miteinander über Jahrzehnte im Körper wirken, hat bis heute kein Wissenschaftler untersucht«, sagt Silke Schwartau. Die Ernährungsexpertin der Verbraucherzentrale Hamburg ist skeptisch. »Alle E wurden bisher nur einzeln im Tierversuch getestet, bei einigen liegen nur wenige Untersuchungsergebnisse vor.«
Die Zusatzstoffe machen Massenproduktion erst möglich, dennsie konservieren, trennen, färben, stabilisieren, säuern oder süßen, ohne sie ist industrielle Lebensmittelproduktion nicht denkbar. »Im Zusammenspiel sind Zusatzstoffe perfekt«, sagt Silke Schwartau. »Aromen verstärken den Geschmack – und Geschmacksverstärker verstärken die Aromen!«
Das Spargelsüppchen schmeckt nach Dimethylsulfid
Ohne Aromen wäre unser Industrieessen nicht einmal halb so lecker, denn bei der Fertigung in der Fabrik bleibt der gute Geschmack auf der Strecke. Doch der Gaumen lässt sich leicht täuschen. Ob Chili con Carne, Nasi Goreng oder Paella aus der Tüte: Die Spur von Knoblauch, der Hauch von Zwiebel, selbst der Bratengeschmack der Rösti kommen aus dem Labor der Geschmacksdesigner. Was der Verbraucher für den Geschmack von Butterkeksen hält, ist Diacetyl, das Spargelsüppchen schmeckt nach Dimethylsulfid und der Erdbeerpudding nach Ethylbutyrat. Mag der Kunde von morgen vielleicht Bratwurstdessert mit Erdbeer-Senf-Aroma? Kein Problem, die Firma Symrise in Holzminden könnte auch so absurde Sachen wie Rinderrouladenmixgetränke oder Zitronenpuddingsauerbraten kreieren. Alles eine Frage der Aromastoffe. Weltweit gesehen sind die Geschmäcker ohnehin völlig unterschiedlich: Die Engländer lieben Kartoffelchips mit Minzaroma, die Australier bevorzugen einen Hauch von Barbecue. Mit gutem Geschmack (oder was der Kunde dafür hält) macht man in Holzminden Milliarden, natürliche Grenzen gibt es nicht.
Sensoriker teilen das Geschmacksempfinden des Menschen in süß und salzig, sauer, bitter und seit neuestem auch noch in »umami« ein. Umami entspricht etwa dem Geschmack von Hühnersuppeund wird in Japan mit viel Glutamat befriedigt, aber auch Tomaten und Käse sollen sehr viele Umami-Substanzen enthalten, was angeblich den Erfolg von Pizza erklärt.
Guter Geschmack fängt bei gutem Geruch an, denn der Mensch »schmeckt« durch die Nase. Wenn
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