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Schmerzlos: Thriller (German Edition)

Schmerzlos: Thriller (German Edition)

Titel: Schmerzlos: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meg Gardiner
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spielen an, eine getragene Melodie in voller Lautstärke, und Kellys Sarg wurde den Mittelgang hinuntergetragen. Scotty folgte ihm, gestützt von seinen Eltern.
    Noch nie hatte ich mich bei einer Messe so einsam gefühlt.
    Als ich die Kirche verließ, musste ich die Hand über die Augen legen, so hell war es. Aufgereiht am Bordstein standen Übertragungswagen von Nachrichtensendern mit Satellitenschüsseln und Antennen auf dem Dach. Die Menschenmenge wirkte nervös, die Atmosphäre war angespannt. Ich schaute mich um.
    Wo war Jesse?
    Während ich mich durch die Leute schob, schaltete ich mein Handy ein und hörte meine Mailbox ab. Keine neuen Nachrichten, nur eine, die ich schon kannte.
    »Ev, ich schaff es nicht nach China Lake. Es ist was passiert, ich … ich …«
    Er klang unglaublich niedergeschlagen.
    »Heute Abend jedenfalls nicht. Morgen früh vielleicht … ich weiß nicht. Ich melde mich wieder.«
    Diese zögerliche Art war völlig untypisch für ihn. Ich lauschte der Nachricht erneut, während ich ein paarmal angerempelt wurde. Die Nervosität in seiner Stimme war nicht zu überhören.
    Abbie trat auf mich zu. »Evan, was bin ich froh, dich zu sehen.«
    Sie umarmte mich. Hinter ihr kämpfte sich Wally durch die Menge. Er hatte sich in einen braunen Anzug gezwängt und sah aus wie ein Hund, der lange gelaufen ist und die ganze Zeit kein Wasser bekommen hat. Unter seinen Augen lagen tiefe Schatten.
    »Als ich deinen Artikel gelesen habe, musste ich weinen«, sagte Abbie. »Und jetzt schon wieder.«
    Ich steckte mein Handy weg und küsste Wally auf die Wange. »Wie geht’s dir?«
    Er zuckte mit den Achseln. »Ging schon mal besser. Aber es ist schön, dich zu treffen.«
    Abbie rückte ihre Brille zurecht. »Gehst du mit zum Friedhof?«
    Ich nickte und suchte in der Menge nach Tommy. Er und seine Kollegen hatten sich unter die Trauergemeinde gemischt und wollten auch auf dem Friedhof in der Nähe bleiben. Mit Kellys Familie war vereinbart worden, dass ein paar Andenken aufs Grab gelegt wurden – Fotos und ein Teddybär. Die Polizei hoffte, dass Coyote sich noch ein paar Souvenirs holte.
    Abbie hakte mich unter und zog mich zum Gehsteig. Ich beugte mich zu ihr und fragte sie leiste: »Wann willst du fahren?«
    »Heute Nachmittag, wenn ich diese Schrottkiste aus der Werkstatt abgeholt habe.«
    Während sie sprach, blickte ich mich wieder um. Abbie runzelte die Stirn.
    »Suchst du jemanden?«
    Jesse. Dabei wusste ich, dass er nicht hier war. Ich setzte meine Sonnenbrille auf.
    »Tommy. Er will, dass ich ganz vorn im Rampenlicht stehe.«
    Wir entfernten uns ein paar Schritte von Wally. Abbies Stimme wurde noch leiser.
    »Wally steht kurz vor einem Herzinfarkt. Die Polizei hat die Praxis in einem fürchterlichen Zustand hinterlassen, und dass Ceci in der Praxis gestorben ist – damit wird er einfach nicht fertig. Er schafft es ja nicht mal, das Gebäude zu betreten.«
    Ich warf ihr einen scharfen Blick zu. »Das ist aber noch nicht alles, stimmt’s?«
    Sie hielt einen Moment die Luft an, dann rückte sie mit der Wahrheit heraus. »Stimmt. Er hat wahnsinnige Angst um mich und die Kinder. Ich hoffe, dass er sich ein bisschen beruhigt, wenn ich mit den Kindern bei seinem Vater bin.«
    »Gut.«
    »Du kannst echt froh sein, dass du keine Kinder hast, um die du dir Sorgen machen musst.«
    Der Wind blies mir ins Gesicht. Er war trocken und heiß, und mir war flau. Abbie erstarrte.
    »Evan, nein, damit habe ich doch nicht gemeint … es tut mir leid. Manchmal rede ich solchen Unsinn …«
    »Darum geht’s doch gar nicht.« Sollte ich es ihr sagen? Eine Schwangerschaft war eigentlich ein freudiges Ereignis, doch ich musste sie wie ein Geheimnis behandeln. Menschen zwängten sich an mir vorbei, ein unablässiger Strom von dunklen Anzügen und Sonntagskleidern.
    »Was ist denn«?, fragte Abbie.
    »Ich halt das nicht mehr aus. Ich …«
    Drei Meter vor uns entdeckte ich plötzlich eine Frau mit kurzen, silbern glänzenden Haaren, die mir sehr bekannt vorkam.
    »Mom?«
    Sie wirbelte herum, nahm ihre Sonnenbrille ab und stürmte dann mit ausgebreiteten Armen auf mich zu.
    »Da bist du ja.«
    »Du hättest mir sagen sollen, dass du kommst.«
    Ihre Umarmung fühlte sich sonderbar steif an. Sie strich mir eine Haarsträhne aus dem Gesicht, lehnte sich zurück und musterte mich prüfend. In ihrem schwarzen Kostüm und der türkisfarbenen Bluse wirkte sie sehr elegant, aber es war nicht zu übersehen, wie nervös sie

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