Schmetterball
vorsorglich. Dann fragte er sich, ob er vielleicht einen seiner Freunde anrufen sollte. Es war wirklich eigenartig,
wie schnell die anderen vier plötzlich aus der Halle verschwunden waren. Als ob sie irgendetwas ausheckten. Bis zu seinem
Geburtstag war es aber noch lange hin und so sah Lennart keinen Grund für Geheimnistuereien. Er beließ es bei einem Blick
aufs Handy. Seine Freunde konnten sich ja auch bei ihm melden. Er sah gar nicht ein, ihnen hinterherzutelefonieren. Wenn sie
nichts mit ihm zu tun haben wollten – bitte sehr! Auch wenn ihm dieser Gedanke einen schmerzhaften Stich ins Herz versetzte.
Um sich von seinen düsteren Gedanken abzulenken, schnappte Lennart sich ein neues Buch, das er sich aus der Bücherei geholt
hatte, und legte sich ganz bequem mit vielen Kissen auf sein Bett. Eine große Schüssel Fit-Cracker nach seinem ganz eigenen
Rezept hatte er neben sich gestellt. Daswar sein liebstes Erholungs- und Entspannungsprogramm während Wettkämpfen. So konnte er wunderbar abschalten! Der Abenteuerroman
begann auch gleich ganz gut, fand Lennart. Schnell war er in die Lektüre versunken. Als auf Seite 18 der Held das erste Mal
in ernsthafte Schwierigkeiten geriet, klingelte es an der Haustür.
Seine Mutter war ein paar Kleinigkeiten einkaufen und sein Vater war noch nicht von der Arbeit zurück. Also blieb ihm nichts
anderes übrig, als selbst nachzuschauen, wer es war. Vielleicht wieder ein Bote, der ein Päckchen für den Nachbarn hinterlegen
wollte. Leicht verärgert wegen der Unterbrechung legte Lennart sein Buch zur Seite und schlurfte auf Strümpfen über den glatten
Parkettboden im Flur zur Tür.
Es klingelte wieder.
»Bin ja schon da. Sekunde!«, rief er und öffnete die Tür.
Vor ihm stand Michael und verdeckte sein Gesicht mit einem Tischtennisschläger. Lennart erkannte das Fabrikat sofort.
»Ein Speedball? Wo hast du den denn aufgetrieben?«
»Nicht fragen, annehmen!«, antwortete Michaelund ließ sein grinsendes Gesicht zum Vorschein kommen.
»Für mich?« Lennart konnte es gar nicht glauben.
»Was dachtest du denn?«, fragte Michael. »Ich kann damit nichts anfangen.«
»Das . . . also deshalb . . .«, stotterte Lennart.
Langsam begriff er, weshalb seine Freunde so plötzlich aus der Halle verschwunden waren. Das also war Michaels Zahnarzttermin
gewesen!
»Mann!«, hauchte er bloß.
»Wie wär’s, wenn ich mal reinkomme?«, fragte Michael.
Lennart lachte. »Klar!«
Die beiden gingen in Lennarts Zimmer, wo Lennart endlich den Schläger entgegennahm.
»Wie der nur schon in der Hand liegt!«, schwärmte er. »Das ist doch gleich etwas ganz anderes!«
Einige Male schlug er mit dem Schläger unsichtbare Bälle in die Luft, während Michael mit geschultem Adlerblick sofort die
Fit-Cracker entdeckte und sich eine große Handvoll davon in den Mund schob.
»Wo hast du den her?«, wollte Lennart wissen.
»Be-btriebbs-göheimmniss«, versuchte Michael mit vollgestopftem Mund zu antworten, wobei ereine ganze Ladung von Cracker-Krümeln durch die Gegend spuckte.
»Okay«, sagte Lennart nur. Es war ja auch egal. Hauptsache, der Schläger war da. Damit würde er am nächsten Tag garantiert
gewinnen!
Michael hatte endlich heruntergeschluckt. »Ich muss gleich wieder weg«, sagte er und nun konnte man ihn auch wieder verstehen.
»Du bist nur deshalb hergekommen?«, wunderte sich Lennart.
»Wieso nur? Ist doch wohl Ehrensache«, gab Michael zurück.
Lennart hielt die flache Hand hoch. Michael schlug ein.
»Danke!«
Michael lächelte schüchtern. »Gern!«
»Den werde ich beim Warmspielen austesten, aber der fühlt sich schon jetzt super an!«, schwärmte Lennart. Er schaute Michael
noch nach, bis er um die Ecke verschwunden war. Dann erst schloss er die Tür hinter sich und nahm den Schläger genauer unter
die Lupe.
Michaels Überraschung war gelungen! Nie und nimmer hätte Lennart damit gerechnet, in diesemTurnier noch an einen Speedball-Schläger zu kommen. Einfach unglaublich! Fantastisch! Jetzt hatte Kevin wirklich keine Chance
mehr!
Plötzlich klingelte es noch mal.
Nanu?, wunderte sich Lennart. Hatte Michael etwas vergessen? Oder wollte er sich für den Weg noch schnell eine weitere Handvoll
Fit-Cracker mitnehmen? Lennart schmunzelte. Das sähe ihm ähnlich. Er öffnete die Tür und – niemand war da!
Er ging einen Schritt raus und schaute um die Ecke.
»Michael?«, rief er.
Keine Antwort.
Auch Kinder, die sich manchmal
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