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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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seinen Kopf so weit unter den Altar zu stecken, dass er Pergens Hals erkennen konnte. Er wusste, was er sehen würde. Pergens Kehle würde aufgeschlitzt sein – mit demselben scharfen Messer, das auch den Steward im Lagerhaus der Witwe Pasqua ins Jenseits befördert hatte. Vielleicht wäre der Schnitt nicht so tief und breit wie bei Moosbrugger, aber er war dennoch wirksam genug gewesen, um Pergen am Schreien zu hindern und ihn auf der Stelle zu töten.
    Aus dem grünen Salon kamen immer noch Geräusche und Stimmen, aber sie waren leiser als noch vor einigen Minuten; offenbar waren die Männer jetzt damit beschäftigt, die Körbe, die sie mit Geschirr gefüllt hatten, in die Küche zu tragen. Tron drehte sich langsam um. Einen Augenblick lang hatte er die Hoffnung, er hätte sich die Leiche Pergens nur eingebildet, und alles, was er jetzt, wenn er sich wieder zum Altar wandte, sehen würde, wäre ein Altar mit grundlos hochgeschlagener Decke. Aber als er sich umwandte, stellte er ohne Überraschung fest, dass Pergens Leiche tatsächlich unter dem Altartisch lag und dass das Bild noch klarer und intensiver war als zuvor. Tron sah, dass durch Pergens rechte Hand (die immer noch so lag, wie er sie zuerst gesehen hatte) ein langer, blutiger Schnitt ging, und er sah auch, dass sich auf dem Marmorboden der Altarplattform ein Muster gebildet hatte, das er noch nie bemerkthatte. Und dann stellte er entsetzt fest, dass jedes Mal, wenn er einen Fuß vom Boden der Kapelle hob, sein Schuh für einen Sekundenbruchteil am Boden kleben blieb – was darauf zurückzuführen war, dass er in einer Pfütze aus halb getrocknetem Blut stand.

51
    «Und jetzt, Alvise?»
    Die Contessa stand vor dem Altar und sah auf Pergens Hand hinab, die unter dem Altar hervorragte. Sie war bemerkenswert gelassen. «Soll der Oberst unter dem Altar liegen bleiben?»
    Es war kurz nach vier, und sie standen dort, wo die Kaiserin ein paar Stunden zuvor den Tod Pergens vorhergesagt hatte.
    Tron sagte: «Wir können die Kommandantur entweder sofort benachrichtigen oder Pergen von den Leuten finden lassen, die morgen früh fegen und wischen.»
    «Und dann?»
    «Sie werden hier auftauchen. Ein Dutzend Soldaten, ein Stabsarzt und vermutlich Oberleutnant Bruck. Das ist Pergens Stellvertreter. Vielleicht kommt auch Toggenburg selber. Sie werden den Tatort untersuchen und die Spuren sichern. Sie werden die Namen der Gäste, der Lohndiener und der Musiker wissen wollen.»
    Die Contessa fragte: «Um alle zu vernehmen? Jeden Einzelnen?»
    Tron nickte. «Das ist das übliche Verfahren.»
    «Aber es stehen hundertfünfzig Personen auf der Gästeliste», sagte die Contessa. «Zusammen mit den Musikernund den Lohndienern kommt man auf ungefähr zweihundert Personen. Die kann man unmöglich alle verhören.»
    «Kann man schon», sagte Tron. «Wenn das Personal nicht ausreicht, wird Toggenburg Verstärkung aus Verona holen. Für Toggenburg ist das kein normaler Mord. Er glaubt, dass Oberst Pergen dabei war, ein Attentat auf die Kaiserin aufzudecken.»
    «Großer Gott! Ist das wahr?», fragte Alessandro.
    «Toggenburg glaubt, dass es wahr ist. Und Spaur hat durchblicken lassen, dass Toggenburg mich für politisch unzuverlässig hält.»
    «Soll das bedeuten, er könnte auf den Gedanken kommen, dass du in diese Geschichte verwickelt bist, Alvise?», fragte Alessandro.
    «Ich war eine gute Stunde vom Ball verschwunden, und man wird mich fragen, wo ich in dieser Stunde war. Soll ich ihnen erklären, dass ich mit einer Gräfin Hohenembs gesprochen habe? Einer Person, die es gar nicht gibt? Die weder auf der Gästeliste steht noch in der Lage ist, meine Aussage zu bestätigen?»
    «Wenn man die Leiche Pergens unten im Hof finden würde – macht dich das dann weniger verdächtig?», fragte die Contessa.
    «Es macht keinen großen Unterschied. Sie würden trotzdem darauf bestehen, die Gäste und das Personal zu verhören.»
    Die Contessa sah Tron nachdenklich an. «Wie ist Oberst Pergen gekommen?»
    «Wahrscheinlich zu Fuß. Er wohnt hinter dem Palazzo Pesaro. Für die paar Schritte braucht er keine Gondel.»
    «Nehmen wir an», sagte die Contessa, «der Mörder hätte den Oberst auf dem Heimweg ermordet, irgendwo zwischen uns und dem Palazzo Pesaro. Meinst du, manwürde auch dann darauf bestehen, sämtliche Gäste zu verhören?»
    «Worauf willst du hinaus?»
    Die Contessa trat an eines der ovalen Fenster der Kapelle und schob den Vorhang zur Seite. Dann sagte sie: «Es ist

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