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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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Dienst quittiert?»
    «Das weiß ich nicht. Ich hatte zu diesem Zeitpunkt nichts mehr mit der Armee zu tun.» Haslinger wechselte das Thema. «Werden Sie morgen früh sofort in die Quästur gehen?»
    «Wenn wir pünktlich um neun Uhr anlegen, bin ich spätestens um zehn auf der Questura», sagte Tron. «Wir könnten gegen Mittag in Moosbruggers Wohnung sein. Wenn Signora Schmitz keine Schwierigkeiten macht, sind wir in zwei Stunden fertig. Fahren Sie heute Nacht zurück nach Venedig?»
    «Ich denke schon.» Haslinger zog die Champagnerflasche aus dem Kübel und sah Tron fragend an. «Noch einen Schluck?»
    Tron hatte festgestellt, dass ihm dieses teure französische Zeug hervorragend schmeckte. Schon das Geräusch, das entstand, wenn man die Flasche aus dem Kübel zog – dieses sonore Klick-Klick der Eiswürfel – war irgendwie   … berauschend.
    Er schob sein Glas über den Tisch.

35
    Elisabeth findet, Königsegg sieht aus wie ein Mann, der einen schweren Schicksalsschlag erlitten hat.
    Das Frühstück, das der Graf gegen zehn Uhr zusammen mit der Gräfin im Salon der Kaiserin einnimmt, besteht aus einem Hering und einer Salatgurke. Dazu trinkt er klares Wasser und beißt hin und wieder in eine Scheibe geröstetes Weißbrot. Das kräftige Rosa, das über seinem Gesicht lag, als man ihn gestern im
Paillo Gioccolante
abgeführt hat, ist einem ungesunden Graugrün gewichen. Anstelle seines üblichen Gehrocks trägt er heute seine Uniform als Generalleutnant, allerdings in einer Weise, die Elisabeth sofort an all die furchtbaren Niederlagen denken lässt, die die kaiserliche Armee in den letzten Jahren hinnehmen musste: Magenta, Solferino, San Martino. Dazu kommt jetzt, jedenfalls für Königsegg, die verlorene Schlacht vom Campo Santa Margherita hinzu.
    Der Graf und die Gräfin sind kurz nach Mitternacht in den Palazzo Reale zurückgekehrt. Offenbar hielten sich die Leiden, die sie erdulden mussten, in Grenzen, denn Königsegg ist gleich nach seiner kurzfristigen Internierung in der Scuola dei Varotari von einem Kameraden erkannt worden und mit einer Gondel der Linzer Gebirgsjäger (Elisabeth amüsiert die Vorstellung, dass sich die Linzer Gebirgsjäger eigene Gondeln halten) vom Rio San Barnaba in den Palazzo Reale gebracht worden. Trotzdem ist die Gräfin mit einem Gesichtsausdruck im Palazzo Reale eingetroffen, als hätte sie ihre Ehre verloren und als wäre Königsegg persönlich schuld daran.
    «Oberst Pergen hatte Montagabend Besuch von einem Mann, der im Besitz der verschwundenen Papiere ist», sagt Elisabeth. «Ennemoser hat auf dem Flur gelauscht, als Pergen sich mit dem Mann im Salon unterhalten hat.»
    Königsegg blinzelt Elisabeth an – mit Augen, die klein und gerötet sind. «War dieser Mann ein Passagier der
Erzherzog Sigmund

    Elisabeth nickt. «Es sieht ganz danach aus. Ennemoser sagt, Pergen habe dem Mann mit dem Galgen gedroht, wenn er die Papiere nicht herausrückt.»
    «Verständlich, wenn man bedenkt, dass es um ein Attentat auf ein Mitglied der kaiserlichen Familie geht», meint Königsegg.
    «Könnte man denken. Aber dazu passt die Antwort nicht, die der Mann gegeben hat.»
    «Was hat er geantwortet?», fragt Königsegg.
    «Dass er dafür sorgen wird, dass diese Unterlagen bei Toggenburg landen werden, bevor man ihn hängt. Und dann hat der Mann hämisch gelacht, sagte Ennemoser.»
    «Moment mal.» Königsegg reibt sich die Schläfe. «Pergen will nicht, dass Papiere, die ein Attentat auf Kaiserliche Hoheit betreffen, bei Toggenburg landen? Warum will er das nicht?»
    «Weil diese Papiere gar nichts mit einem Attentat auf mich zu tun haben. Es sieht so aus, als wäre das Attentat eine Erfindung Pergens.»
    «Was sind das dann für Papiere?»
    «Keine Ahnung. Papiere, die Pergen belasten würden, wenn sie auf den Schreibtisch Toggenburgs gelangten.»
    «Und warum konnte Pergen dem Mann mit dem Galgen drohen?»
    «Vermutlich weil er wusste, dass dieser Mann die Morde auf der
Erzherzog Sigmund
begangen hat.»
    «Gibt es Hinweise auf die Identität dieses Mannes?», fragt Königsegg.
    Elisabeth schüttelt den Kopf. «Nein. Ennemoser hat ihn nicht gesehen. Wir wissen über ihn nur, dass er Deutsch gesprochenund sich mit Oberst Pergen geduzt hat. Aber der Mann dürfte auf dieser Liste hier stehen.» Sie deutet auf ein Blatt Papier, das auf dem Tisch liegt. «Hier ist die Passagierliste der ersten Klasse. Ennemoser hat sie bei Pergen abgeschrieben, bevor er uns getroffen hat.» Elisabeth sieht

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