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Schnee in Venedig

Schnee in Venedig

Titel: Schnee in Venedig Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas Remin
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schwarzen Gesellschaftsanzüge fragwürdig sein, aber Tron fand es trotzdem hübsch, wie sich in die sanften Pastellfarben des 18.   Jahrhunderts das harte Schwarzweiß der Fräcke mischte. Auf den Einladungskarten hatte
Ballo in Maschera
gestanden, doch wer die Gepflogenheiten kannte, der wusste, dass es ausreichte, eine Gesichtsmaske zu tragen. Ob man in Kostümen des
Settecento
erschien oder, wie viele es offenbar vorzogen, in moderner Gesellschaftskleidung, blieb jedem selbst überlassen.
    Die Gäste kamen jetzt in so schneller Reihenfolge, dass im Vestibül ein Stau entstanden war. Tron wusste, dass alles getan würde, um die Einladungen zügig zu prüfen, aber sobald der Stau zu groß war, würden die Gäste einfach am Empfang vorbeimaschieren. Das war immer so, und auch jetzt spürte Tron wieder, dass der Ball gleich den Punkt erreichen würde, an dem sich die Ordnung der Dinge auflöste. Er sah es am Gesichtsausdruck der Contessa, der Art, wiesie nervös zum Vestibül sah, während sie den Handkuss eines neuen Gastes entgegennahm.
    Inzwischen waren die Musiker an ihre Plätze zurückgekehrt. Um zehn Uhr begann ihr zweiter Zyklus, das traditionelle Signal für Tron und die Contessa, ihre Stellung im Zentrum des Ballsaals zu verlassen und sich in das Gobelinzimmer zu begeben, um sich ein wenig an der
table à thé
zu stärken. Wer jetzt noch kam, musste die Contessa in der Menge suchen, um sie zu begrüßen.
    Die Contessa ging voraus, wobei sie alle paar Schritte einer Maske zunickte, stehen blieb, ein paar Sätze sprach und sich dann mit feinen, präzisen Bewegungen weiter durch die Gäste schlängelte. Ein Sog entstand, der die Maskierten auf die Tanzfläche trieb, und da Tron nicht gegen den Strom laufen wollte, blieb er stehen und wartete.
     
    Er entdeckte sie auf der anderen Seite des Ballsaales: eine hoch gewachsene, schwarz gekleidete junge Frau, deren Stirn und Nase von einer – ebenfalls schwarzen – Halbmaske verdeckt waren. Sie trug über die Ellenbogen reichende schwarze Handschuhe, und da die Ärmel ihres Kleides eine Handbreit unter der Schulter endeten, ergab sich eine schwarz gesäumte Partie unbekleideter Oberarme. Tron bezweifelte, dass sie wusste, wie attraktiv sie war.
    Die Frau stand regungslos neben einem Konsoltisch und schien auf etwas zu warten. Und dann, plötzlich, blickte sie Tron über die Tanzfläche hinweg an – jedenfalls hatte Tron das Gefühl, dass sie hinter ihrer Maske den Blick auf ihn richtete – und bewegte ihren geöffneten Fächer zu sich hin, was in der Fächersprache nur bedeuten konnte: Ich möchte mit Ihnen tanzen.
    Trons Füße setzten sich in Bewegung, ein reiner Reflex. Er umrundete einen maskierten Schäfer und eine maskierteSchäferin, wich geschickt einem Pierrot mit einer Vogelmaske aus, aber in der Mitte der Tanzfläche, die sich nach den ersten Walzertakten rapide gefüllt hatte, verlor er die Unbekannte aus den Augen. Als er die andere Seite erreicht hatte, war sie verschwunden. Sie war weder im Gobelinsaal noch im Salon der Contessa, und als sich Tron zwei Minuten später im Vestibül über das Treppengeländer beugte, stellte er fest, dass sie auch nicht auf der Treppe stand.
    «Alvise?»
    Tron drehte sich um und erblickte Alessandro, der ihn mit gerunzelter Stirn ansah. «Suchst du jemanden?», fragte der alte Diener.
    «Äh, nein. Ich   …» Tron brach ab. Er hatte keine Lust, Alessandro von der schwarzen Dame zu erzählen. Er kam sich albern vor.
    «Eine Gräfin Hohenembs will dich sprechen», sagte Alessandro.
    «Warum kommt sie nicht einfach zu mir?» «Sie will dich unter vier Augen sprechen.»
    «Hat sie gesagt, worum es geht?»
    «Um den Lloydfall.»
    Tron hatte im Verlauf des Abends zweimal an den Lloydfall denken müssen. Einmal, als er Pergen begrüßt hatte, der im Frack eine erstaunlich gute Figur machte und glänzender Laune zu sein schien. Zum zweiten Mal, als er Haslinger die Hand gab, der kurz nach Oberst Pergen gekommen war. Beide Male hatte Tron die Gedanken an den Lloydfall weggescheucht wie lästigen Zigarettenrauch. Er hob die Schultern. «Die Gräfin könnte mich morgen in der Questura aufsuchen.»
    Alessandro nickte. «Das habe ich ihr auch vorgeschlagen, aber sie meinte, es sei dringend. Die Gräfin ist mit den Königseggs gekommen.»
    «Die Königseggs sind da?»
    Alessandro nickte. «Die Contessa spricht gerade mit ihnen.»
    «Wo ist diese Gräfin Hohenembs jetzt?»
    «Ich habe sie in die Kapelle geführt. Da seid ihr

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