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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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könntest.«
    Mary Ann errötete: »Ich hoffe, du hast recht«, sagte sie und griff nach ihrem Retikül.
    » Que hora es? Wie spät ist es?« erkundigte sich Kitty und legte ihren Umhang vorsichtig über die Schultern. »Bereits nach acht? Wir müssen uns beeilen. Die Kutsche wird sicher schon am vereinbarten Ort warten.«
    Mary Ann seufzte und rieb sich nervös die Hände: »Bist du sicher, daß wir es wagen sollen, Kitty? Noch ist es nicht zu spät, den verrückten Plan abzublasen und brav und vernünftig zu Bett zu gehen.«
    »Unsinn!« fuhr Kitty auf. »Wir sind lang genug brav und vernünftig gewesen. Heute werden wir uns einmal ordentlich amüsieren. Denke an deine Zukunft. Heute kannst du die Weichen dafür stellen. He, Annie, was machst du denn da?«
    Mary Ann hatte begonnen, die Überdecke ihres Bettes zurückzuschlagen, und war eben dabei, ihre Daunendecke zu einer dickenRolle zu drehen. Daraufhin zog sie die Rolle nach oben, so daß sie das halbe Kopfkissen bedeckte, und legte die Überdecke darüber. »Wenn Mrs. Clifford nach uns schaut, wird sie meinen, wir liegen im Bett«, erklärte sie flüsternd und begab sich zu Kittys Bett, um dort den Vorgang zu wiederholen. »Hoffentlich bleibt sie mit der Kerze in der Tür stehen und tritt nicht näher. Dann wird sie dieser Anblick bestimmt täuschen.«
    Kitty lächelte anerkennend: »Was hast du doch für einen klugen Kopf, Mary Ann. Ich bin richtig stolz, so eine schlaue Freundin zu haben. Man könnte meinen, du hättest dich schon öfter nachts heimlich aus dem Internat geschlichen.«
    »Bis jetzt noch nicht«, lächelte Mary Ann zurück. »Aber wenn heute alles gutgeht, dann kann ich mir vorstellen, daß ich das künftig öfter machen werde.« Sie griff nach ihrem Mantel. Kitty war mit wenigen Schritten bei der Tür und spähte vorsichtig hinaus. Der Gang war beinahe dunkel, nur eine Kerze brannte im Wandleuchter neben der Treppe. Kein Laut war zu hören. Sie wandte sich um: »Wir können gehen. Die Mädchen scheinen alle in ihren Zimmern zu sein. Vermutlich sitzen die Lehrerinnen unten im Musikraum, denn ich kann leises Klaviergeklimper hören. Nimm die Kerze mit.«
    Mary Ann beeilte sich, ihr zu folgen. Ihr Herz klopfte bis zum Hals, als sie mit ängstlichem Blick auf den Gang hinaustrat. Wenn nur wirklich alles klappte! Sie wollte gar nicht daran denken, was passieren würde, wenn Mrs. Clifford von ihrer ungeheuerlichen Tat erfuhr. Vorsichtig schloß sie die Tür zu ihrem Schlafzimmer. Kitty war schon bei der Tapetentür angelangt, hinter der sich die Treppe zum Garten verbarg. »Du mußt mit der Kerze vorangehen. Ich kann im Dunklen nichts sehen«, erklärte sie und winkte Mary Ann mit energischer Handbewegung zu sich. Vorsichtig schlichen sie die schmale Treppe hinunter. Die Tür zum Garten quietschte ein wenig, als sie sie öffneten. Mary Ann blies die Kerze aus und stellte den Leuchter ans untere Ende der Treppe. Kittys Plan klappte wie am Schnürchen. Niemand erschien, um sie aufzuhalten. Keine Stimme aus dem Dunklen forderte sie auf, stehenzubleiben. Geschwind huschten sie über den Kiesweg, um sich im Schatten der Bäume zu verbergen. Der zunehmende Mond stand groß und hell am Himmel und beleuchteteden Weg. Ganz in der Nähe rief ein Käuzchen. Sonst war es still ringsherum. Geradezu beunruhigend still. Auf Zehenspitzen schlichen sie an der breiten Hecke entlang und überquerten den Rasen, der sie schneller zur hinteren Gartenpforte brachte als die verschlungenen Wege.
    »Wenn das nur gutgeht«, flüsterte Mary Ann mit bangem Herzen.
    »Was soll denn jetzt noch schiefgehen?« flüsterte Kitty leicht ungeduldig zurück. »Komm schon, Annie, beeil dich. Mir ist so kalt, daß meine Zähne klappern. Ich hätte nie gedacht, daß dieser Garten im Dunklen so gespenstisch wirkt. Was war das?« Sie hielt erschrocken im Schritt inne und hob ihre Rechte an die Brust.
    »Hast du das gehört, Annie?«
    Mary Ann schüttelte den Kopf. »Was soll ich gehört haben?« erkundigte sie sich atemlos.
    »Es klang wie Schritte«, flüsterte Kitty ihr zu. »Da! Da ist dieses Geräusch wieder.«
    »Das klingt wie Knacken von Zweigen.« Mary Ann versuchte ihre Freundin zu beruhigen. »Ich kann nicht erkennen, daß es sich um Schritte handeln könnte. Wer sollte auch zu so später Stunde…«
    »Guten Abend, Ladys.« Eine tiefe männliche Stimme knapp hinter ihren Köpfen ließ sie herumfahren. »Sie machen wohl einen Spaziergang oder so etwas Ähnliches, nicht

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