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Schneegestöber (German Edition)

Schneegestöber (German Edition)

Titel: Schneegestöber (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sophia Farago
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am Ende ernst? Liebte er sie tatsächlich? Er wußte doch, wer sie in Wirklichkeit war. Sie war die Tochter eines Herzogs. Erwar ihr Pferdeknecht. Würde er denn im Ernst annehmen, seine Liebe habe Aussicht auf eine Zukunft? Kitty lächelte: Al war imstande, das anzunehmen. Was war er doch für ein außergewöhnlicher und seltsamer Kerl.
    »Laß mich raten.« Mary Anns Stimme ließ sie aus ihren Gedanken auffahren. Sie hatte gar nicht gehört, daß ihre Freundin nähergekommen war. »Du hast eben so verträumt gelächelt«, stellte Mary Ann fest. »Ich kenne den Blick an dir. Du bist verliebt. Hast du an St. James gedacht?«
    »An St. James?« wiederholte Kitty, und es klang, als hätte sie diesen Namen vorher noch nie gehört »Ach, an St. James. Nein, nein. Ich meine, ich habe überhaupt an nichts gedacht. Ich habe nur aus dem Fenster geschaut. Sieh nur, der Garten ist vom Schnee fast völlig zugedeckt. Und auch auf den Ästen der Bäume liegt der Schnee zentimeterhoch. Der Himmel ist noch immer grau und wolkenverhangen. Denkst du, es fängt abermals an zu schneien?«
    »Soll das heißen, du bist nicht mehr in St. James verliebt?« ließ ihre Freundin nicht locker.
    »St. James, St. James«, wiederholte Kitty unwillig. »Wer spricht denn von St. James. Entschuldige mich bitte, Annie. Aber ich hatte eben eine Idee. Ich werde mir ein Staubtuch nehmen und den westlichen Flügel erkunden. Es wäre doch gelacht, wenn es mir nicht endlich gelänge, auf irgendeine Spur zu stoßen.« Sie machte auf dem Absatz kehrt und verschwand durch eine schmale Tür, hinter der sich die Treppe zum Küchentrakt befand.
    Mary Ann sah ihr nachdenklich nach. Es war offensichtlich, daß ihre Freundin etwas vor ihr verbarg. Etwas, das sie nicht einmal mit ihr besprechen wollte. Das war äußerst seltsam. Und Mary Ann konnte sich nicht vorstellen, was es war, das Kitty in eine so verträumte Stimmung versetzt haben konnte, in der sie sicher war, als sie sie angetroffen hatte. Da nützte auch das Leugnen ihrer Freundin nichts. Doch das Wichtigste war, Kitty war nicht mehr in St. James verliebt. Nachdenklich starrte Mary Ann auf die Tapetentür, hinter der ihre Freundin verschwunden war. Es schien, als habe Kitty die Wahrheit gesprochen. Beschwingt kehrte Mary Ann in den Salon zurück.
    Es war am späten Nachmittag, der Hausherr und der Kaplan hatten sich nach dem Lunch zurückgezogen und waren bis jetzt nicht wieder erschienen. Der Tee war eben serviert worden. Mary Ann hatte es selbst übernommen, die heiße Flüssigkeit aus der schweren silbernen Kanne in die Tassen einzuschenken. »Milch?« fragte sie.
    St. James ging unruhig im Salon auf und ab. »Ja, bitte. Wenn ich nur wüßte, wo ich Silvie finde. Sie ist irgendwo im Haus, da bin ich mir sicher. Sie hat mitbekommen, daß ich hier bin, und jetzt hält sie sich versteckt. Aber das kann nicht ewig so bleiben. Einmal muß sie aus ihrem Versteck herauskommen. Und dann…«
    »Zucker?«
    St. James blieb abrupt stehen: »Wie bitte?« Er blickte Mary Ann verständnislos an: »Ach so: ein Stück.« Er nahm die Tasse entgegen. »Vielen Dank. Du bist wirklich eine seltsame Frau, Mary Ann.« Er setzte sich in den breiten ledernen Fauteuil ihr gegenüber. »Ich spreche von Liebe und Leidenschaft, von meinen Gefühlen. Und du fragst mich seelenruhig, ob ich Zucker wünsche.« Er wußte nicht, ob er darüber empört oder belustigt sein sollte. Mary Ann nahm ein Stück Shortbread und begann nachdenklich daran zu knabbern: »Mir kam es nicht so vor, als würdest du von Liebe sprechen«, sagte sie schließlich. »Du warst eben dabei, mir zu erklären, du würdest Silvie Westbourne den Kragen umdrehen, wenn du sie findest.«
    »Keine schlechte Idee, oder?« fragte St. James düster.
    Mary Ann lächelte. »Nein, ich muß zugeben: Noch ein paar Tage an diesem langweiligen Ort, und ich helfe dir dabei.« Er blinzelte ihr über den Rand der Teetasse hinweg zu. »Du wärst dazu imstande«, sagte er. Graue Augen, dachte sie. Was für schöne Augen. Und wie er mich ansieht. Seine Lordschaft bemerkte ihr Erröten und zog überrascht eine Augenbraue in die Höhe: »Was denkst du jetzt schon wieder?« wollte er wissen.
    »Ich… ich dachte, daß all deine Worte nicht nach der großen Liebe klingen«, antwortete sie schnell.
    »Wonach klingt es denn?«
    »Nun, mich erinnert dein Verhalten an das meines Neffen John. Er ist fünf, mußt du wissen, und wird von seiner Mutter sträflich verwöhnt. Einmal wollte er ein

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