Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern
auch nicht zufrieden. Die Walze war bei ihren sechs Versuchen nie bis zu der Stelle gerollt, wo sie sie gefunden hatte.
Die Tage vergingen ab jetzt, ohne dass noch jemand zählte.
Die Sache wurde zäh. Ein endloses Aneinander von Tätigkeiten. Die Einzige, die sich in diesem Zustand wohlfühlte, war Grenier. Die verfluchten Details. Ja. Die verfluchten Details. Diese Kleinigkeiten, die ins Kleinste führen.
Ja, sicher! Es ist nur ein Detail, für das es viele Erklärungen geben kann. Trotzdem lässt es Grenier keine Ruhe.
Das Detail. Die Frau. Kinder vielleicht. Oder auch nicht.
Albert Munier wäre genau der, der ihr jetzt helfen könnte. Leider gibt es da ein Problem. Marie Grenier hat sich nämlich von ihm getrennt. Die Beziehung hatte zwar gut angefangen, war aber dann doch nicht das, was sie brauchte. Was braucht eine Frau? Ernsthaft. Was braucht eine Frau? Aber darum geht es jetzt nicht, es geht um die Abklärung dieses letzten Details.
Die Rollweite einer Walze? Weiß Grenier nicht, dass man auch mal aufhören muss, dass es irgendwann reicht?
Es geht hier nicht um deinen Privatscheiß! Grenier kann das sehr gut, sich einen Ruck geben, wenn die Sachlage es erfordert. Sie überwindet sich also und ruft Albert Munier an. Den Gerichtsmediziner bittet sie ebenfalls zur Besprechung. Und der versteht überhaupt nicht, wozu Grenier diesen Aufwand betreibt.
»Nach Aktenlage habt ihr eine Zeugin, und von der gibt es eine genaue Schilderung des Vorgangs. Außerdem habt ihr die Angaben des Mädchens ja wohl auch nachvollzogen, also …«
Grenier unterbricht ihn. »Wir sind inzwischen weiter als damals. Wir kennen den Gegenstand, der Geneviève die tödliche Verletzung beigebracht hat. Ich will, dass mit größtmöglicher Genauigkeit festgestellt wird, ob die Verletzung tatsächlich durch einfaches Fallen verursacht werden konnte.«
Albert Munier ist nicht an Gründen interessiert, sondern an Fakten. Er überfliegt Greniers Bericht.
»Hast dir ziemlich viel Arbeit gemacht.«
»Aber ich bin kein Spezialist auf diesem Gebiet. Wir haben auch nicht die Ausrüstung, um wirklich festzustellen, ob das alles zur Verletzung des Opfers passt.«
Albert nickt knapp, was bedeutet, dass er Greniers Ersuchen akzeptiert.
Was ist los mit Grenier? Warum hört sie nicht auf?
Nachdem Albert und der Gerichtsmediziner gegangen sind, versammelt sie ihr Team. »An dem Morgen, als die Leiche gefunden wurde, was habt ihr da am Schuppen gemacht, mit euren Schneeschaufeln?«
Es wird eine heftige Debatte, bei der sich herausstellt, dass die Männer richtig Mist gebaut haben. Dinge getragen. Verschoben. Aber selbst das reicht Grenier noch nicht als Erklärung, warum die Walze weiter weg vom Schuppen gelegen hat.
Sie ruft also den Kommissar an und fragt ihn, was Thomasausgesagt hat. Die Vernehmung im Krankenhaus war nicht aufgezeichnet worden. »Da ist nur diese eine Sache, Roland, nur damit ich meine Untersuchung abschließen kann. Es geht noch mal um Philippe. Als du Thomas im Krankenhaus befragt hast. Gab es da irgendeinen Hinweis darauf, dass Philippe und Kristina sich kennen?«
Der Kommissar erinnert sich an keinen Hinweis in die Richtung, erklärt Grenier aber, dass er diese Möglichkeit auch eine Weile im Kopf hatte, und sagt dann noch etwas: »Danke, Grenier, dass du weitermachst, ich … Ich war davon ausgegangen, dass ihr euch mit Kristinas Aussage zufrieden gebt. Ich … Ich werte dein Bemühen, meinen Vermutungen nachzugehen, als eine Form von … Solidarität und …«
Sie unterbricht ihn barsch. »Das hat überhaupt nichts mit dir zu tun. Was ich hier mache, ist ein ganz normaler kriminaltechnischer Vorgang.«
Sie legt auf, bleibt vor dem Telefon sitzen. Jetzt kann sie nichts anderes tun, als auf Alberts Bericht zu warten. Das ist ihr vollkommen klar. Trotzdem greift Marie Grenier zum Telefon und ruft Thomas Baffour an.
»Hallo, Thomas. Ich heiße Marie Grenier, Spurensicherung Kommissariat Fleurville. Ich hab noch eine Frage. Als ihr am Feensee angekommen seid, auf dem Parkplatz, da gab es doch Streit. Alle haben ausgesagt, dass Philippe Geneviève angegriffen hat.«
»Das hat er auch.«
»Und das andere Mädchen? Kristina. Wie hat die sich verhalten?«
»Die hat nichts gemacht.«
»Hattest du zu irgendeinem Zeitpunkt das Gefühl, dass sie vielleicht zu Philippe oder Max gehören könnte?«
»Nein. Obwohl … am Anfang dachte ich ja, das wäre ein Junge, und er würde zu Philippe gehören.«
»Und warum hat
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