Schneeschwestern - Wittekindt, M: Schneeschwestern
kleinen, schnellen Bewegung.
Nachdem sie ihrem Gott gehuldigt hat, blickt sie Roland Colbert auf eine Weise an, die jedes Wort überflüssig macht. Der Kommissar verlässt den Raum.
Als Roland Colbert auf dem Kommissariat eintrifft, hat Resnais Neuigkeiten.
»Schon gelesen, Roland?«
»Was?«
»Sie haben einen großen Bericht draus gemacht, Heimannsganzen Namen genannt und auch sein Foto gebracht. Der ist am Arsch, würde ich sagen.«
Roland Colbert holt alle zusammen.
Conrey fragt, ob die Staatsanwältin da nicht was machen kann. Schließlich ist nach diesem Zeitungsartikel Heimanns Leben hier in Fleurville vernichtet. »Und wieder hat sich dieses Arschloch von Chefredakteur nicht mit uns abgesprochen! Ich finde, wir fahren hin und ziehen ihm mehr aus als nur seine Schuhe.«
Ohayon nickt.
»Er stellt ja auch alle bloß. Außerdem erschwert er uns damit die Arbeit.«
Ohayon und Resnais wären einverstanden mit einer Aktion gegen den Chefredakteur. Roland Colbert geht mit keinem Wort auf Conreys Vorschlag ein.
»Ihr habt alle Kaffee?« Sie haben alle Kaffee. »Zucker auch? Wie ist es, Resnais? Vielleicht möchte Ohayon noch ein Stück Kuchen.« Resnais und Ohayon. Professionelle Blicke. »Es gibt Neuigkeiten. Vorhin war Max hier und hat eine neue Aussage gemacht. Er hat behauptet, dass noch ein Mädchen im Auto war und …« Es wird unruhig. »Ich bin noch nicht fertig. Während ich Max verhört habe, kam ein Anruf aus dem Krankenhaus. Ich war dort und konnte mit Thomas Baffour sprechen.«
»Ist er wieder unter den Lebenden.«
»Ich habe das zweite Mädchen nicht erwähnt, er kam von selbst drauf, ist sich aber nicht ganz sicher. Trotzdem. Wir haben jetzt zwei Hinweise darauf, dass noch ein Mädchen im Auto war.«
»Und wo ist die? Auch tot?«
»Möglich ist das. Die Suchmannschaften haben nur den Wald abgesucht. Wenn sie in die andere Richtung gelaufen ist, Richtung Deutschland, dann kann sie da irgendwo unter dem Schnee liegen. Das bedeutet für dich, Grenier, dass du dich mit den Deutschen in Verbindung setzt und einen Suchtrupp zusammenstellst. Egal, wie das Wetter ist, das muss geklärt werden. Ich würde im Moment ausschließen,dass sie zurück zum See gelaufen ist. Erstens waren da die Jungs, und zweitens hätten wir sie dann im Wald gefunden. Dafür, dass sie Richtung Deutschland gelaufen ist, spricht auch, dass weder Max noch Thomas sie kannten. Auch das Mädchen aus dem
Chaise Longue
hat ausgesagt … Du hast doch mit ihr gesprochen, Ohayon!«
»Ja, die hat gesagt, dass da noch jemand war.«
»Aber deine Zeugin kannte dieses geheimnisvolle zweite Mädchen nicht.«
»Nein. Sie meinte sogar, das wäre ein Junge gewesen.«
»Thomas hielt sie auch für einen Jungen. Das deckt sich.«
»Und niemand kennt sie?«
»Die kommt vielleicht gar nicht aus Fleurville. Es gibt hinter dem Wald von Fleurville eine Siedlung, die zu Benningstedt gehört. Bis dahin könnte sie es geschafft haben. Max hat sie als graue Maus beschrieben und Thomas hat gesagt, dass sie falsch angezogen war für die Disco. Parka und lange Hose. Sie hatte also bessere Karten als die anderen. Das heißt jetzt: Conrey, Ohayon … ihr versucht irgendwie da hinzukommen. Fragt in der Siedlung nach. Wenn es in Benningstedt eine Schule gibt, nehmt ihr euch die auch vor. Was ist, Conrey?«
»Was, wenn das doch ein Junge war?«
»Unwahrscheinlich. Die Person, die wir suchen, gehörte ja offenbar zu Geneviève. Wenn es ein Junge gewesen wäre, hätte Philippe ihn gar nicht mitgenommen. Er wollte ja was von Geneviève.«
»Und wenn das doch ein Junge war? Und wenn er zu Philippe gehörte und nicht zu Geneviève? Die einzige neutrale Zeugin, die wir haben, ist das Mädchen aus der Discothek, und die meinte, das war ein Junge. Ein Junge ist doch viel logischer! Wenn er und Philippe unter einer Decke stecken, dann waren sie vielleicht beide hinter Geneviève her. Philippe hat’s nicht geschafft, aber der andere war besser angezogen, und der hat sie erwischt. Kann ja sein, dass er aus Deutschland kommt. Dann ist er dahin abgehauen. Das ist doch alles viel logischer, oder?«
Dagegen fällt Roland Colbert erst mal nichts ein. Conrey macht einen Vorschlag. »Ohayon und ich fragen morgen in Benningstedt nach, ob jemand seit Freitagabend vermisst wird. Aber wir beschränken uns nicht auf ein Mädchen.«
»Einverstanden. Eine Sache hab ich noch. Max hat ausgesagt, dass Philippe Handschuhe dabei hatte. Solche, wie man sie beim Autofahren
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